Nach Kritik

Corona-Sonderimpfaktion: Saarländische Ärzte sehen sich zu Unrecht diffamiert

Am Montag verbreitete die saarländische Gesundheitsministerin, bei einer Sonderimpfaktion für die Gesundheitsberufe seien 54 Prozent vermutlich aus Vorbehalten gegen den AstraZeneca-Impfstoff nicht erschienen. Der Fehler lag offenbar aber eher im Einladungssystem.

Michael Kuderna Veröffentlicht:
Steht wegen ihrer Kommunikationspolitik erheblich unter Druck: die saarländische Gesundheitsministerin Monika Bachmann.

Steht wegen ihrer Kommunikationspolitik erheblich unter Druck: die saarländische Gesundheitsministerin Monika Bachmann.

© BeckerBredel / picture alliance

Saarbrücken. Die saarländische Gesundheitsministerin Monika Bachmann hat anscheinend zu Unrecht angeblich impfunwillige Ärzte an den Pranger gestellt. Aussagen von Betroffenen sprechen vielmehr für eine Panne im Einladungssystem. Bachmann hatte am Montag im Landtag berichtet, zwei Tage zuvor seien 54 Prozent des eingeladenen medizinischen Personals zu einer Sonderimpfaktion nicht erschienen und hätten auch nicht abgesagt. Sie führte das im Wesentlichen auf Bedenken gegen den AstraZeneca-Impfstoff zurück und betonte, die Impfangebote seien „kein Wunschkonzert“.

Einladungen sind bei Ärzten nicht angekommen

Wie KV-Chef Dr. Gunter Hauptmann der „Ärzte Zeitung“ bestätigte, waren der überwiegende Teil der 200 per SMS oder E-Mail zur Sonderaktion eingeladenen Personen tatsächlich Ärzte mit Impfpriorität 1. Durch die Lieferung von AstraZeneca-Dosen hätten sie innerhalb der Prio-1-Impfliste, die ansonsten nach Zufallsprinzip abgearbeitet wird, vorgezogen werden können.

Weiter teilte Hauptmann mit, die ärztlichen Leiter der Impfzentren hätten diejenigen, die nicht gekommen waren, im Nachgang abtelefoniert. Die meisten hätten erklärt, dass sie gar keine Einladung erhalten hätten. Andererseits habe es mindestens einen Arzt gegeben, der geimpft wurde, aber mehrere verschiedene Einladungen erhalten habe – eine davon sogar zwei Tage nach der erfolgten Impfung.

Ich sehe meine Kollegen in aller Öffentlichkeit diffamiert, als würden wir uns der Impfung verweigern.

Ein saarländischer Kinderarzt über die Vorwürfe der Ministerin, Ärzte seien wohl nicht zum Impftermin erschienen, weil sie Vorbehalte gegen den Impfstoff von AstraZeneca hätten.

Auch den Vorsitzenden des saarländischen Hausärzteverbandes, Dr. Michael Kulas, erreichten Beschwerden über nicht angekommene Benachrichtigungen. Der Präsident der Ärztekammer des Saarlandes, Dr. Josef Mischo, sprach ebenfalls von organisatorischen Problemen. Damit deutet alles auf einen Fehler in dem Einladungssystem hin. Kritiker räumten im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“ ein, dass es beim ersten Versuch, jüngere Jahrgänge aus der eigentlichen Impfliste herauszufiltern und gesondert einzuladen, auch einmal zu Problemen kommen könne.

Ärzte fühlen sich persönlich angegriffen

Viele Ärzte fühlten sich jedoch – wie auch Hauptmann bestätigte – durch die Ausführungen der Ministerin persönlich angegriffen. Ein Kinderarzt sagte der „Ärzte Zeitung“, er sehe seine Kollegen „in aller Öffentlichkeit so diffamiert, als würden wir uns der Impfung verweigern“.

Die Ärztekammer des Saarlandes hat auf ihrer Homepage noch einmal klar gestellt, dass ihrer Auffassung nach „alle Impfstoffe sehr gut“ seien. Mischo betonte, er sei über die gelegentliche Negativbewertung von AstraZeneca nicht glücklich, da auch dieser Impfstoff nach allen Erkenntnissen vor schweren Krankheitsverläufen schütze. Auf der Homepage zitiert er einen Epidemiologen, der die gegenwärtige Diskussion als „ein Jammern auf sehr hohem Niveau“ charakterisiert.

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