Kommentar zur Corona-Impfung
Welch ein Chaos
Der vermeintliche Skandal um angeblich Impfungen verweigernde Ärzte entpuppt sich eher als Kommunikationschaos einer Ministerin.
Veröffentlicht:Das war schon starker Tobak, was sich die saarländischen Ärzte im Landtag von ihrer Gesundheitsministerin Monika Bachmann anhören mussten. Über 100 Angehörige von Medizinberufen seien an einem Tag der Corona-Impfung unentschuldigt ferngeblieben. Schnell sprach sich herum, dass es sich vorwiegend um Ärzte gehandelt habe. Und sogar nach Berlin wurde dieses „unsolidarische“ Verhalten ganz schnell durchgestochen, ohne vorher den Sachverhalt zu klären.
Nun stellt sich aber heraus, dass die meisten Gescholtenen gar nichts von ihrem Glück eines frühen Impftermins wussten. Bösewicht war anscheinend ein simpler Kommunikationsfehler bei den externen Dienstleistern.
So etwas kann passieren. Aber leider wirft die kommunikative Behandlung des Ganzen ein Schlaglicht auf ein unprofessionelles Krisenmanagement mancher Politiker. Eine vorschnelle öffentliche Beschuldigung ist nun einmal kein Kavaliersdelikt. Wenn doch wenigstens eine genauso schnelle Entschuldigung folgen würde, wäre aber auch das zu verschmerzen.
Ganz nebenbei: Antworten auf Nachfragen in der Pressestelle dauern meist noch länger, und Pressesprecher sollten sich nicht nur in diesem Ministerium allmählich überlegen, ob ihre Berufsbezeichnung in Presseschreiber umbenannt werden sollte – mündliche Auskünfte erhält man in der Regel heute nicht mehr. Das Schlimmste an der ganzen Geschichte liegt aber auf einer anderen Ebene. Zurecht – wenn auch mit den falschen Adressaten – beklagte Bachmann ein generelles Akzeptanzproblem mit dem AstraZeneca-Impfstoff.
Nur wen sollte das wundern, wenn doch das Bundesgesundheitsministerium, das Robert Koch-Institut und andere in ganzseitigen Zeitungs-Anzeigen die drei verfügbaren Impfstoffe vorstellen und dabei ohne jede zusätzliche Erläuterung eine Wirksamkeit bei AstraZeneca von „bis zu 70 Prozent“ aufführen. Wer die Laien so undifferenziert informiert, braucht sich über die Folgen nicht zu wundern.
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