Forschung
Der Weg bis zu einem Corona-Impfstoff ist noch lang
Frühestens Anfang 2021 wären große klinische Studien mit Impfstoffen gegen das neue Coronavirus möglich, betonen Experten. Solche Studien sind vor allem wichtig, um die Sicherheit solcher Vakzinen gewährleisten zu können.
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Coronaviren auf der Schleimhaut: Ein Impfstoff soll die Erreger neutralisieren, bevor sie in die Zellen des Menschen eindringen können.
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Neu-Isenburg. Unter optimalen Bedingungen könnte es in zwei bis drei Jahren einen zugelassenen Impfstoff gegen das neue Coronavirus (SARS-CoV-2) geben. Das hat der Präsident des zuständigen Paul-Ehrlich-Instituts, Professor Klaus Cichutek, bei einem Webinar des Science Media Centers (SMC) im Internet berichtet. Die größten Zeitfresser bei der Entwicklung sind dabei die Tests auf Wirksamkeit und Sicherheit einer solchen Vakzine.
Auch wenn ein Impfstoff gegen SARS-CoV-2 für die sich jetzt anbahnende Pandemie zu spät käme, würde er auch langfristig gebraucht. Experten gehen davon aus, dass sich das Virus nicht ausmerzen lässt und auch in Zukunft weiter zirkulieren wird.
Spike-Protein im Fokus
Bei der Impfstoffentwicklung gegen SARS-CoV-2 ganz vorne dabei ist das Institut für Virologie an der Philipps-Universität Marburg. Dort hat man schon bei Arbeiten für eine Vakzine gegen das Mers-Coronavirus Erfahrungen sammeln können, wie der Direktor des Instituts, Professor Stephan Becker, bei dem Webinar berichtet hat.
Als vielversprechendes Antigen für eine solche Vakzine wurde das Spike-Protein von der Oberfläche des SARS-CoV-2 ausgemacht. Man hofft, die genetische Information dieses Proteins mittels mRNA direkt oder mittels Vektoren in die Zellen der Impflinge einschleusen zu können. Die Zellen würden dann das Spike-Protein als Antigen bilden und die Produktion schützender Antikörper sowie weitere Abwehrreaktionen anstoßen, berichtete Becker.
mRNA-Impfstoffe sind Neuland
Einige Hürden sind bis dahin zu nehmen: mRNA-Impfstoffe sind Neuland. Es gibt bisher keine zugelassene Impfstoff-Plattform mit diesem Prinzip. Auch fehlt bisher ein geeignetes Tiermodell, um solche Impfstoffe testen zu können.
Einfache Labormäuse scheiden hierzu aus, wie die Experten berichtet haben. Und schließlich ist das sogenannte „up scaling“ schwierig, das heißt, wie eine im Labor entwickelte Vakzine dann in großen Mengen industriell für Impfprogramme hergestellt werden kann.
Trotz dieser Probleme hofft Cichutek, dass im Sommer klinische Studien der Phase I starten können, um die Sicherheit und die prinzipielle Eignung solcher Konzepte bei Menschen überprüfen zu können.
Der PEI-Präsident freut sich, dass es mittlerweile viele Arbeitsgruppen gibt, die verschiedene SARS-CoV-2-Impfstoffkandidaten erforschen. Auch sind inzwischen große Impfstoffhersteller in die Entwicklung mit eingestiegen, die vor allem auch geeignete Produktionskapazitäten haben.
Keine Abstriche bei Tests zur Sicherheit!
Bei positiven Ergebnissen und unter optimalen Bedingungen wären dann ab Anfang 2021 große Phase-II/III-Studien möglich, sagte der PEI-Präsident. Dafür könnten vielleicht schon mehrere Zehntausend Probanden in Endemieregionen geimpft werden.
Für die Tests seien besonders gesunde Kontaktpersonen von Patienten gefragt, aber eventuell auch Risikogruppen wie Patienten mit Grunderkrankungen oder alte Menschen. Die Experten betonten, dass es besonders bei den Tests zur Sicherheit keine Abstriche geben dürfe.
Als schwere Nebenwirkung denkbar sei zum Beispiel das sogenannte „antibody dependent enhancement“ (ADE). Dabei neutralisieren die durch den Impfstoff generierten Antikörper die Viren nicht, sondern erleichtern vielmehr deren Eintritt in die Zellen. Hierdurch würden die Symptome verschlimmert. „Wir wollen nicht Hundertausende Menschen impfen und dann feststellen, dass der Impfstoff mehr schadet als nutzt“, sagte Cichutek dazu.