Entscheidung des Landesgerichtshofs

Gericht untersagt AfD Volksbegehren gegen „Impfpflicht“ in Thüringen

Die AfD wollte in Thüringen per Volksbegehren ein Impfpflichtverbot in die Landesverfassung aufnehmen. Dem hat der Verfassungsgerichtshof nun einen Riegel vorgeschoben: Die Begründung sei unzureichend und irreführend.

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Thüringens Gesundheitsministerin Heike Werner bezeichnet den AfD-Vorstoß als „mutwillige Täuschung der Bürgerinnen und Bürger“.

Thüringens Gesundheitsministerin Heike Werner bezeichnet den AfD-Vorstoß als „mutwillige Täuschung der Bürgerinnen und Bürger“.

© Martin Schutt / dpa / picture alliance

Weimar. Ungenügend und irreführend: Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat ein von der AfD angestrebtes Volksbegehren zu einer Impfpflicht für unzulässig erklärt. Die AfD wollte mit dem Volksbegehren eine Änderung der Landesverfassung erreichen und dort das Verbot einer Impfpflicht festschreiben.

In der Urteilsbegründung hieß es am Mittwoch in Weimar, die Begründung für das Volksbegehren genüge den rechtlichen Anforderungen nicht. Das Volksbegehren habe einen „irreführenden Charakter“, da es eine Reichweite suggeriere, die nicht gegeben sei, sagte der Vorsitzende Richter Klaus von der Weiden in der Begründung.

Bundesrecht steht über Landesrecht

Beim Thema Impfen stehe Bundesrecht über dem Landesrecht. Genau über diesen Punkt sei in dem angestrebten Volksbegehren aber nicht deutlich genug informiert worden. Stattdessen werde darin der falsche Eindruck erweckt, dass mit dem Ziel des Volksbegehrens mögliche bundesrechtliche Impfpflichten verhindert werden könnten. Die Entscheidung der Richter sei einstimmig ergangen.

Aus Sicht von Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) bestätigte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung der Landesregierung. Die Ministerin sprach nach der Urteilsverkündung, bei der sie anwesend war, mit Blick auf das Volksbegehren von einer „mutwilligen Täuschung der Bürgerinnen und Bürger“. Werner betonte zudem, dass es keinen Impfzwang in Deutschland gebe. Es gebe lediglich eine Nachweispflicht über die Masernimmunität etwa für Kindergärten.

Klare Argumente sind notwendig

Unabhängig von der Entscheidung wolle sie herausstellen, dass die Corona-Schutzimpfung freiwillig sei, teilte Werner anschließend mit. „Die Impfung hat vielen Menschen das Leben gerettet. Wir haben gesehen, dass in Regionen mit niedrigerer Impfquote der Anteil schwerer und schwerster Krankheitsverläufe deutlich höher war.“ Künftig werde es noch stärker darauf ankommen, mit klaren Argumenten vom Nutzen einer Impfung zu überzeugen, um Vorbehalte abzubauen.

Das Volksbegehren wurde in der Corona-Pandemie auf den Weg gebracht, als viele unter anderem über die inzwischen ausgelaufene einrichtungsbezogene Impfpflicht gegen Corona für Mitarbeitende in Krankenhäusern und Pflegeheimen diskutierten hatten.

Der AfD-Co-Vorsitzende Stefan Möller nannte die Gerichtsentscheidung im Gespräch mit der dpa eine „schwere Enttäuschung“. „Der Verfassungsgerichtshof stellt - und folgt dabei offenbar der Landesregierung - an Volksgesetzgebung, Volksbegehren, deutlich höhere Anforderungen als an ein Parlamentsgesetz“, sagte der Jurist, der auch Vorsitzender des Justizausschusses im Thüringer Landtag ist. Bei der AfD lasse dies „eigentlich nur den Schluss zu, dass Volksbegehren, also direkte Demokratie, theoretisch zwar erlaubt ist, aber praktisch nicht erwünscht ist.“ Zur Urteilsverkündung war kein Vertreter der AfD anwesend.

AfD will am Thema festhalten

Möller kündigte an, dass die AfD an dem Thema festhalten wolle. Das Scheitern des Volksbegehrens bedeute nicht, dass man das Thema aus dem Landtag heraus nicht noch einmal aufgreifen könne. Seiner Meinung nach sei dafür nicht unbedingt eine Verfassungsänderung - und damit eine Zweidrittel-Mehrheit - nötig.

Björn Höcke, der Landesvorsitzende der AfD, schrieb bei der Online-Plattform X (früher Twitter), dass die Landesregierung die „Volksgesetzgebung“ sabotiere. Die Thüringer AfD wird vom Landesverfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistisch eingestuft und beobachtet. (dpa)

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