Blaupause für Kommunalisierungen?

Landkreis übernimmt privates Krankenhaus Crivitz

Der Landkreis Ludwigslust-Parchim übernimmt die Klinik Crivitz von einem privaten Betreiber. Das Land Mecklenburg-Vorpommern beteiligt sich mit einmaliger Finanzspritze von sechs Millionen Euro.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Wechselt in kommunale Trägerschaft. Das bisher von Mediclin betriebene Krankenhaus am Crivitzer See.

Wechselt in kommunale Trägerschaft. Das bisher von Mediclin betriebene Krankenhaus am Crivitzer See.

© Jens Büttner / dpa

Schwerin. Das bislang privat geführte Krankenhaus Crivitz wird künftig einen kommunalen Träger haben: Nach einer Einigung zwischen dem Landkreis Ludwigslust-Parchim und dem zu Asklepios zählenden Betreiber Mediclin haben Landtag und Gesundheitsministerium in Schwerin grünes Licht für eine Finanzspritze gegeben.

„Das Krankenhaus soll in die kommunale Hand des Landkreises Ludwigslust-Parchim übergehen“, bekräftigte Gesundheitsminister Harry Glawe (CDU). Damit der Kreis den Betrieb schultern kann, erhält er aus Landesmitteln eine einmalige Förderung in Höhe von sechs Millionen Euro. Über die Übernahmebedingungen hatten sich der alte und der neue Eigentümer vorher schon verständigt.

Der Kreis wird zum ersten Januar 2021 die Geschäftsanteile an der Krankenhaus am See GmbH erwerben. Der Geschäftsbetrieb wird durch diese Gesellschaft fortgeführt, nur in wirtschaftlicher Verantwortung des Gesellschafters Landkreis. Für Patienten und Mitarbeiter soll sich nach Angaben des Kreises nichts ändern.

Symbolischer Preis gezahlt

Für die Übernahme wurde nach Angaben des Kreises ein symbolischer Preis vereinbart, außerdem muss eine vollständige Entschuldung vorliegen. Über weitere Details wurde Stillschweigen vereinbart.

Das Krankenhaus steht mit 80 Planbetten und zwölf tagesklinischen Plätzen im Krankenhausplan und bleibt für Glawe „fester Bestandteil der hiesigen Krankenhauslandschaft“.

Zuvor war der Standort mehrfach in den Schlagzeilen, weil das Krankenhaus die Geburtsstation nicht wirtschaftlich führen und auch nicht mit dem benötigten Fachpersonal besetzen konnte. Ähnliche Probleme gibt es wie berichtet auch an anderen kleineren Klinikstandorten in Mecklenburg-Vorpommern.

Eine Lösung erhofft sich die Politik von einem sektorenübergreifend geplanten Modellprojekt, das vom Landesgesundheitsministerium und der Kassenärztlichen Vereinigung gemeinsam initiiert werden soll. Es soll eine geburtshilfliche Grundversorgung in Crivitz durch eine Verzahnung mit anderen stationären Geburtseinrichtungen im Kreis und mit der Landeshauptstadt Schwerin beinhalten.

Landtag schließt Finanznachschlag aus

Alle weiteren Schritte muss nun der Kreis gehen. Landrat Stefan Sternberg (SPD) ist optimistisch, dass diese zum Erfolg führen. Nach der Einigung mit Mediclin sagte er: „Damit ist ein Stück des Weges beschritten, damit dieses Haus als wichtiger Standort in der stationären Versorgung vor Ort insbesondere auch in der Notfallversorgung gesichert ist.“

Im weiteren Verlauf wird der Kreis aufmerksam beobachtet und auf sich allein gestellt sein. Der Finanzausschuss des Landtages hat zwar die sechs Millionen Euro Starthilfe bewilligt, aber zugleich klargemacht, dass ein Nachschlag ausgeschlossen ist.

Auch ein jährlicher Verlustausgleich über den Landeshaushalt wurde abgelehnt. Stattdessen will sich der Landtag über das Crivitzer Konzept und die Verwendung der Landesmittel unterrichten lassen.

Steuerzahlerbund ist skeptisch

Der Steuerzahlerbund verfolgt die Kommunalisierung schon seit den Verhandlungen zwischen Kreis und Mediclin kritisch. Landesgeschäftsführerin Diana Behr sieht in der Kommunalisierung ein „Experiment mit ungewissem Ausgang“. Für sie ist ohnehin klar, dass Stationen wie die Geburtshilfe in Crivitz wegen ihrer geringen Größe nicht wirtschaftlich zu betreiben sind.

Weil Mediclin noch weitere kleine Standorte im Nordosten betreibt, befürchtet Behr, dass Crivitz zu einer Blaupause für weitere Kommunalisierungen werden könnte, mit denen sich private Betreiber von unrentablen Häusern entledigen. Sie sagte deshalb: „Kommunalisierung ist kein Allheilmittel für eine verfehlte Gesundheitspolitik.“

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