Weltdiabetes-Tag

Laumann will konkreten Zeitplan für nationale Diabetesstrategie

Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann fordert ein bundeseinheitliches Vorgehen im Kampf gegen die Volkskrankheit Diabetes – und mehr Tempo.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Nationale Diabetesstrategie braucht dringend mehr Schwung: NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU)

Nationale Diabetesstrategie braucht dringend mehr Schwung: NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU)

© Jonas Güttler/dpa

Düsseldorf. Der Stillstand beim nationalen Diabetes-Plan darf kein Dauerzustand werden, findet der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU).

„Ich werde mich in der Gesundheitsminister-Konferenz darum kümmern, ob wir nicht einen verbindlichen Zeitplan festlegen, wie wir die Diabetesstrategie umsetzen“, kündigte Laumann bei einer Pressekonferenz anlässlich des 30. Welt-Diabetestags (14. November) und der Entdeckung des Insulins vor 100 Jahren an.

Auf der Bundesebene sei bei dem Thema in den vergangenen Jahren nicht viel passiert. Teilweise sei das darauf zurückzuführen, dass die Kräfte durch die Bekämpfung der Corona-Pandemie gebunden waren, räumte er ein. „Aber wir können das nicht so weiterlaufen lassen.“ Initiativen der Länder allein seien nicht ausreichend. „Wir brauchen ein bundeseinheitliches weiteres Vorgehen.“

In Nordrhein-Westfalen gibt es rund 1,6 Millionen Patienten mit Diabetes, 380.000 von ihnen sind insulinpflichtig. Laumann hofft, dass die Erkrankung mit dem Weltdiabetestag wieder stärker in den Fokus gelangt.

Deutlich mehr Tote durch Diabetes als durch Corona

„Diabetes ist nach wie vor eine epidemische und tödliche Krankheit“, betonte Professor Michael Roden, wissenschaftlicher Geschäftsführer und Vorstand des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ) sowie Direktorder Klinik für Endokrinologie und Diabetologe am Universitätsklinikum Düsseldorf. Das dürfe auch angesichts der Bedrohung durch COVID-19 nicht vergessen werden. „In den letzten Monaten sind dreimal so viele Menschen an Diabetes wie an COVID-19 gestorben.“

Roden sieht noch viel Potenzial in der Diabetes-Forschung, um die Versorgung der Betroffenen zu verbessern, etwa durch Präzisions-Diabetologie. Für wichtig hält er eine Verzahnung von Forschung und Versorgung sowie eine verstärkte fachübergreifende Zusammenarbeit. So entsteht am Uniklinikum Düsseldorf eine neue Einrichtung, in der die kardiologische und die diabetologische Forschung zusammengeführt werden.

Nur noch sieben diabetologische Lehrstühle

Um die Versorgung sicherzustellen und den Nachwuchs bei der Stange zu halten, müsse es auch weiterhin bettenführende Abteilungen an den Kliniken geben, sagte er. Sorgen macht Roden die geringe Zahl an diabetologischen Lehrstühlen. „Im Jahr 2000 gab es noch 17 Lehrstühle für Diabetologie und Endokrinologie, heute sind es gerade noch sieben.“

Die Aufklärung für Diabetiker und Risikopatienten sei wichtiger denn je, sagte Dr. Olaf Spörkel, Leiter des Nationalen Diabetes-Informationszentrums am DDZ. Deshalb sei Anfang 2020 das nationale Informationsportal diabinfo.de ins Leben gerufen worden. „Bisher hatten wir über eine Million Besucher“, berichtete er. Rund zehn Prozent von ihnen haben Seiten in türkischer Sprache heruntergeladen. Inzwischen gibt es auch Angebote auf Polnisch.

Dr. Jolanda Schottenfeld-Naor, Allgemeinmedizinerin aus der Diabetes-Schwerpunktpraxis MedPlus Nordrhein in Düsseldorf, plädierte für eine Stärkung der ambulanten und der sektorübergreifenden Versorgung. „Wir brauchen mehr Disease Management Programme sowie einen Abbau der Bürokratie und der intersektoralen Grenzen, um die Diabetes-Patienten besser versorgen zu können“, sagte sie.

Diabetologie in der Klinik wichtig

Schottenfeld-Naor hält es für sinnvoll, wenn Diabetiker im Krankenhaus weiter von ihrem Diabetologen betreut werden können. „Oft werden Insulin-Pumpen abgesetzt, weil sich die Kliniken damit nicht auskennen“, zeigte sie den Handlungsbedarf auf. „Es braucht die Kooperation zwischen den beiden Bereichen.“

Die Ärztin warb dafür, digitale Diabetes-Schulungen und Videosprechstunden auch nach der Pandemie beizubehalten. „Damit können wir Menschen in entlegenen Gebieten und Pflegebedürftige erreichen.“

Austausch zwischen Ärzten muss stimmen

Die Probleme bei der mangelnden sektorübergreifenden Zusammenarbeit seien für die Diabetiker ein Kernthema, sagte Norbert Kuster, Landesvorsitzender und Geschäftsführer der Deutschen Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes in NRW. Er selbst nimmt an den DMP für Diabetes und KHK teil und will sich auch in das DMP Adipositas einschreiben.

Der Austausch zwischen den beteiligten Ärzten müsse stimmen, der Hausarzt müsse wissen, was seine Kollegen machen, so Kuster. „Wir brauchen eine zentrale Stelle, an der die Informationen zusammengeführt werden.“

Aus Anlass des Weltdiabetestages lassen Deutsche Diabetes Hilfe und das DDZ am 14. November drei Düsseldorfer Wahrzeichen blau leuchten: Tonhalle, Riesenrad und den Rheinturm.

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