Gesetzespläne der Ampel
Lauterbach: Zielen bei Cannabis-Freigabe auf „Korridor der Vernunft“
Gesundheitsminister Karl Lauterbach verteidigt die geplante Cannabis-Legalisierung gegen anhaltende Vorbehalte – auch aus der Ärzteschaft. Ziel sei es, den Konsum sicherer zu machen, „aber nicht mehr“.
Veröffentlicht:Berlin. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat die geplante Legalisierung von Cannabis gegen Kritik verteidigt. Die Ampel ziele damit im Prinzip auf einen „Korridor der Vernunft“. „Der Korridor der Vernunft ist, so weiter machen wie jetzt können wir nicht“, sagte der SPD-Politiker bei einem Expertengespräch mit Bürgerinnen und Bürgern am Dienstagabend in Berlin.
Das Problem, dass immer mehr junge Menschen Hasch konsumierten und die Drogenkriminalität wachse, bekämen Politik und Gesellschaft nicht in den Griff, wenn sie bei dem Thema den „Kopf in den Sand“ steckten, so Lauterbach. „Ich kann so tun, als wenn das Thema mich nichts anginge als Gesundheitsminister. Ein Tabuthema, es passiert nichts, dann wird es einfach so weitergehen wie jetzt.“
Gesundheitliche Gefahren bewusster machen
Lauterbach betonte, das Gesetz der Koalition verfolge im Kern drei Ziele. Ein Ziel liege darin, den Cannabis-Konsum für diejenigen „sicherer“ zu machen, die davon bereits Gebrauch machten. Gleichzeitig gehe es darum, den Konsum bei Kindern und Jugendlichen zurückzudrängen. Für unter 18-Jährige bleibe der Konsum „komplett illegal“. Hier wolle die Ampel darauf achten, „dass sich da keine Freiräume auftun“.
Drittens solle die Freigabe von Cannabis um eine Aufklärungskampagne flankiert sein, im Rahmen derer auf die gesundheitlichen Gefahren von Cannabis hingewiesen werde, sagte Lauterbach. „Das ist ja vielen nicht bekannt, welche Gefahren damit verbunden sind. Das ist so ein bisschen ein Kavaliersdelikt.“ Die Botschaft solle daher sein: Cannabis werde zwar „legal, aber es gibt Probleme“.
Selbst bei jungen Erwachsenen im Alter zwischen 18 bis 25 seien die Folgen des Cannabis-Konsums „nicht zu unterschätzen“, erklärte Lauterbach. Das Gehirn gehöre zu den Organen, die am spätestens ausreiften. Cannabis-Konsum schädige diesen Prozess und könne einen Menschen anfälliger machen für psychische Erkrankungen, „die er gar nicht mehr los wird“.
Scharfe Kritik aus der Lehrerschaft
Kritik an dem Vorhaben übte der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Stefan Düll. Die Zahl der jungen Cannabis-Konsumenten habe zuletzt stark zugenommen. „Wenn wir jetzt glauben, dass wir durch eine Freigabe die Situation dadurch verbessern, dass wir sagen, jetzt machen wir eine viel bessere Präventionsarbeit als wir vorher gemacht haben, da habe ich meine ganz großen Zweifel.“
Auch sei unklar, wie angedachte Bannmeilen beim Konsum von Cannabis um Kitas und Schulen kontrolliert werden sollten, so Düll. „Sollen die Erzieherinnen draußen stehen, sollen die Lehrer draußen stehen, wie wollen wir das umsetzen?“, fragte der Lehrervertreter. Gleichlautende Vorbehalte hatten zuletzt auch mehrere Ärztekammern und Pädiaterverbände geäußert.
Laut Plänen der Ampel soll Cannabis künftig unter bestimmten Bedingungen für den privaten Konsum erlaubt sein. Vorgesehen sind der legale Besitz und der Konsum von Cannabis nur für Erwachsene. Ermöglicht werden sollen der private Eigenanbau, der gemeinschaftliche nicht-gewerbliche Eigenanbau sowie die kontrollierte Weitergabe von Cannabis über Anbauvereinigungen.
Privater Eigenanbau von bis zu 25 Gramm
Erwachsenen soll der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis für den Eigenkonsum gestattet sein. Möglich werden soll zudem der private Eigenanbau von bis zu drei Cannabispflanzen zum Eigenkonsum. Privat angebautes Cannabis muss jedoch vor dem Zugriff durch Kinder und Jugendliche geschützt sein. Außerdem dürfen nicht-gewerbliche Anbauvereinigungen Cannabis anbauen und an ihre Mitglieder zum Eigenkonsum weitergeben können.
Für die Anbauvereinigungen soll die Mitgliederzahl bei maximal 500 liegen, Mitglieder müssen ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Zulässig ist nur die Mitgliedschaft in einer Anbauvereinigung. In den denen darf Cannabis in begrenztem Umfang an Mitglieder weitergegeben werden, Mitgliedschaft und das Alter sind zu überprüfen.
In einer Schutzzone von 200 Metern um Anbauvereinigungen sowie Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Kinderspielplätzen und öffentlich zugängliche Sportstätten soll der Konsum von Cannabis verboten sein.
In der kommenden Woche soll der Gesetzentwurf zur Cannabis-Freigabe erstmals im Bundestag beraten werden. Lauterbach erklärte, danach werde es schnell gehen, sodass der Cannabis-Konsum ab 2024 erlaubt sein werde. Das Gesetz sei so gestaltet, dass der Bund es auch gegen mögliche Widerstände der Länder durchsetzen könne. „Daher wird das stattfinden. Das wird nicht jedem gefallen, das ist ganz klar.“ (hom)