Gesetzespläne der Ampel

Lauterbach: Zielen bei Cannabis-Freigabe auf „Korridor der Vernunft“

Gesundheitsminister Karl Lauterbach verteidigt die geplante Cannabis-Legalisierung gegen anhaltende Vorbehalte – auch aus der Ärzteschaft. Ziel sei es, den Konsum sicherer zu machen, „aber nicht mehr“.

Veröffentlicht:
Ein Mann zündet sich einen Joint an.

Wem‘s schmeckt ...

© Hannes P. Albert / dpa

Berlin. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat die geplante Legalisierung von Cannabis gegen Kritik verteidigt. Die Ampel ziele damit im Prinzip auf einen „Korridor der Vernunft“. „Der Korridor der Vernunft ist, so weiter machen wie jetzt können wir nicht“, sagte der SPD-Politiker bei einem Expertengespräch mit Bürgerinnen und Bürgern am Dienstagabend in Berlin.

Das Problem, dass immer mehr junge Menschen Hasch konsumierten und die Drogenkriminalität wachse, bekämen Politik und Gesellschaft nicht in den Griff, wenn sie bei dem Thema den „Kopf in den Sand“ steckten, so Lauterbach. „Ich kann so tun, als wenn das Thema mich nichts anginge als Gesundheitsminister. Ein Tabuthema, es passiert nichts, dann wird es einfach so weitergehen wie jetzt.“

Gesundheitliche Gefahren bewusster machen

Lauterbach betonte, das Gesetz der Koalition verfolge im Kern drei Ziele. Ein Ziel liege darin, den Cannabis-Konsum für diejenigen „sicherer“ zu machen, die davon bereits Gebrauch machten. Gleichzeitig gehe es darum, den Konsum bei Kindern und Jugendlichen zurückzudrängen. Für unter 18-Jährige bleibe der Konsum „komplett illegal“. Hier wolle die Ampel darauf achten, „dass sich da keine Freiräume auftun“.

Drittens solle die Freigabe von Cannabis um eine Aufklärungskampagne flankiert sein, im Rahmen derer auf die gesundheitlichen Gefahren von Cannabis hingewiesen werde, sagte Lauterbach. „Das ist ja vielen nicht bekannt, welche Gefahren damit verbunden sind. Das ist so ein bisschen ein Kavaliersdelikt.“ Die Botschaft solle daher sein: Cannabis werde zwar „legal, aber es gibt Probleme“.

Selbst bei jungen Erwachsenen im Alter zwischen 18 bis 25 seien die Folgen des Cannabis-Konsums „nicht zu unterschätzen“, erklärte Lauterbach. Das Gehirn gehöre zu den Organen, die am spätestens ausreiften. Cannabis-Konsum schädige diesen Prozess und könne einen Menschen anfälliger machen für psychische Erkrankungen, „die er gar nicht mehr los wird“.

Scharfe Kritik aus der Lehrerschaft

Kritik an dem Vorhaben übte der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Stefan Düll. Die Zahl der jungen Cannabis-Konsumenten habe zuletzt stark zugenommen. „Wenn wir jetzt glauben, dass wir durch eine Freigabe die Situation dadurch verbessern, dass wir sagen, jetzt machen wir eine viel bessere Präventionsarbeit als wir vorher gemacht haben, da habe ich meine ganz großen Zweifel.“

Auch sei unklar, wie angedachte Bannmeilen beim Konsum von Cannabis um Kitas und Schulen kontrolliert werden sollten, so Düll. „Sollen die Erzieherinnen draußen stehen, sollen die Lehrer draußen stehen, wie wollen wir das umsetzen?“, fragte der Lehrervertreter. Gleichlautende Vorbehalte hatten zuletzt auch mehrere Ärztekammern und Pädiaterverbände geäußert.

Laut Plänen der Ampel soll Cannabis künftig unter bestimmten Bedingungen für den privaten Konsum erlaubt sein. Vorgesehen sind der legale Besitz und der Konsum von Cannabis nur für Erwachsene. Ermöglicht werden sollen der private Eigenanbau, der gemeinschaftliche nicht-gewerbliche Eigenanbau sowie die kontrollierte Weitergabe von Cannabis über Anbauvereinigungen.

Privater Eigenanbau von bis zu 25 Gramm

Erwachsenen soll der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis für den Eigenkonsum gestattet sein. Möglich werden soll zudem der private Eigenanbau von bis zu drei Cannabispflanzen zum Eigenkonsum. Privat angebautes Cannabis muss jedoch vor dem Zugriff durch Kinder und Jugendliche geschützt sein. Außerdem dürfen nicht-gewerbliche Anbauvereinigungen Cannabis anbauen und an ihre Mitglieder zum Eigenkonsum weitergeben können.

Für die Anbauvereinigungen soll die Mitgliederzahl bei maximal 500 liegen, Mitglieder müssen ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Zulässig ist nur die Mitgliedschaft in einer Anbauvereinigung. In den denen darf Cannabis in begrenztem Umfang an Mitglieder weitergegeben werden, Mitgliedschaft und das Alter sind zu überprüfen.

In einer Schutzzone von 200 Metern um Anbauvereinigungen sowie Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Kinderspielplätzen und öffentlich zugängliche Sportstätten soll der Konsum von Cannabis verboten sein.

In der kommenden Woche soll der Gesetzentwurf zur Cannabis-Freigabe erstmals im Bundestag beraten werden. Lauterbach erklärte, danach werde es schnell gehen, sodass der Cannabis-Konsum ab 2024 erlaubt sein werde. Das Gesetz sei so gestaltet, dass der Bund es auch gegen mögliche Widerstände der Länder durchsetzen könne. „Daher wird das stattfinden. Das wird nicht jedem gefallen, das ist ganz klar.“ (hom)

Lesen sie auch
Mehr zum Thema

Nach Bundesrats-Votum

Unterschiedliche Reaktionen auf beschlossene Klinikreform

Das könnte Sie auch interessieren
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Expertenkonsensus zum B12-Mangel

© MP Studio / stock.adobe.com

Aktuelle Empfehlungen:

Expertenkonsensus zum B12-Mangel

Anzeige | Wörwag Pharma GmbH & Co. KG
Kommentare
Abb. 1: Prozentualer Anteil der Patientinnen und Patienten pro Gruppe mit den genannten Symptomen zum Zeitpunkt der Visite 1 (Erstvorstellung) und Visite 2 (24–72h nach Erstvorstellung).

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [13]

Akute Otitis media – Behandlungsoptionen in der Praxis

Leitlinienbasierte Therapie für schnelle Symptomverbesserung

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Homöopathisches Laboratorium Alexander Pflüger GmbH & Co. KG, Rheda-Wiedenbrück
Dr. Antigone Fritz und Hubertus Müller sitzen trocken am PC. Dort zu sehen: ein Bild vom Hochwasser in Erftstadt vor drei Jahren.

© MLP

Gut abgesichert bei Naturkatastrophen

Hochwasser in der Praxis? Ein Fall für die Versicherung!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MLP

ADHS und Schlafstörungen bei Kindern und Jugendlichen

Guter Schlaf durch schnell freisetzendes Melatonin

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Medice Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Kommentar zur Entscheidung des Bundesrats

Klinikreform – ein Fall fürs Lehrbuch

Nach Bundesrats-Votum

Unterschiedliche Reaktionen auf beschlossene Klinikreform

Lesetipps