Corona-Splitter der KW 08/21
Schüler keine „treibende Kraft“ im Pandemie-Geschehen
Forscher des Robert Koch-Instituts haben die Daten von 1020 Ausbrüchen von COVID-19-Erkrankungen an Schulen analysiert. Sie wollten wissen: Welche Rolle haben 6- bis 20-Jährige im Pandemie-Geschehen?
Veröffentlicht:Update vom 26. Februar
Im aktuellen pandemischen Geschehen scheint von den 6- bis 20-Jährigen keine substanzielle treibende Kraft auszugehen, folgern Forscher des Robert Koch-Instituts (RKI) auf Basis von Daten zu COVID-19 bei Schülern und Schülerinnen (SuS). Ihre Beobachtung: Die Inzidenzen steigen in jüngeren Altersgruppen – bis etwa 15 Jahre – erst dann, wenn sie schon mehrere Wochen bei den jüngeren Erwachsenen erhöht waren. Lehrpersonal hatte im Vergleich zu SuS ein fast sechsfach höheres Risiko, Teil eines COVID-19-Ausbruchs an Schulen zu sein. Analysiert wurden 1020 Schulausbrüche und 5404 COVID-19-Fälle mit Hauptfokus auf dem Zeitraum zwischen Kalenderwoche (KW) 32 (Schulstart nach Sommerferien) und KW 50 (danach bundesweiter Lockdown) (Epid Bull 13/2021; online 25. Februar). (mal)
Verdächtiger Mammografie-Befund oder Folge der COVID-19-Impfung? Eine axilläre Lymphadenopathie kann auf Malignität hinweisen, jedoch auch vorübergehende Folge einer Impfung sein – gerade bei Vakzinen mit hoher Immunogenität wie die COVID-Vakzinen. Darauf weisen Ärzte um Dr. Nishi Metha vom Weill Cornell Klinikum in New York aufgrund eigener Beobachtungen bei vier Frauen mit auffälligen Mammogrammen und ipsilateral vergrößerten axillären Lymphknoten nach COVID-19-Impfung hin. Einseitig axilläre Lymphadenopathien könnten bis zu einige Wochen nach der Impfung auftreten, so die Kollegen. Ihr Vorschlag: Mammografien – wenn möglich – vor der Impfung oder vier bis sechs Wochen nach dem zweiten Impftermin planen. Kommt es nach Impfung zur axillären Lymphadenopathie, raten sie zur Sonografie-Kontrolle vier bis zwölf Wochen nach der zweiten Impfung. Bei dann noch vergrößerten Lymphknoten könne eine Stanzbiopsie empfohlen werden (Clinical Imaging 2021; 75; 12-15). (sj)
Tübinger Forscher bestätigen die Komplexität der Immunreaktion auf SARS-CoV-2-Infektion. Eine Analyse von Blutproben von 49 Patienten mit asymptomatischen oder milden COVID-19-Verläufen hat ergeben: Die meisten von ihnen hatten eine SARS-CoV-2-spezifische Antikörperreaktion, vier aber auch überhaupt keine spezifischen Antikörper gegen SARS-CoV-2 gebildet. Ein weiteres Fazit, das die Forscher um Professor Michael Schindler ziehen: „Antikörper, die im Kontext einer Infektion mit dem Erkältungscoronavirus 229E gebildet werden, sind wahrscheinlich nicht ausreichend, um eine Person vor COVID-19 zu schützen, aber sie könnten zu einem milden Krankheitsverlauf beitragen.“ (mSphere; online 24. Februar). (mal)
Update vom 25. Februar
Der Impfstoff Comirnaty erweist sich im klinischen Alltag als ähnlich hochwirksam wie in der Zulassungsstudie. Das hat eine riesige Beobachtungsstudie in Israel ergeben. Erstmals sind damit wissenschaftlich begutachtete Daten aus dem israelischen Impfprogramm in einem Fachjournal publiziert worden (NEJM 2021; online 24. Februar). In der Fallkontrollstudie wurden zwei je etwa 597.000 Probanden starke Gruppen miteinander verglichen, berichtet ein internationales Team unter Beteiligung des israelischen Krankenversicherers Clalit. Die Probanden der ersten Gruppe waren zwischen dem 20. Dezember und 1. Februar mit der BioNTech/Pfizer-Vakzine geimpft worden. Die andere Gruppe bestand aus „gematchten“ Kontrollpersonen ohne Impfung. Die Wirksamkeit des Impfstoffs wurde 14-20 Tage nach der ersten Dosis sowie ab dem 7. Tag nach der zweiten Dosis begutachtet. Zwischen den beiden Zeiträumen nahm die Schutzwirkung deutlich zu: von 46 auf 92 Prozent (gegen dokumentierte SARS-CoV-2-Infektion), von 57 auf 94 Prozent (symptomatische COVID-19), von 74 auf 87 Prozent (Hospitalisierungen) und von 62 auf 92 Prozent (schwere COVID-19). Bereits 14-20 Tage nach der ersten Dosis war die Sterberate um 72 Prozent reduziert worden.
Update vom 24. Februar
Ein positiver Antikörpertest deutet offenbar relativ verlässlich auf einen Schutz vor COVID-19 hin. Das berichten US-Forscher mit Beteiligung der National Institutes of Health (NIH). Antikörper gegen SARS-CoV-2 werden (etwa in Studien) häufiger nachgewiesen, ohne dass der Getestete eine (symptomlose) Infektion bemerkt hat. Sie können dann auch Zeichen einer noch aktiven Infektion sein. Doch schützen solche Antikörper langfristig auch vor einer Reinfektion? Um das zu klären, haben Forscher Registerdaten von etwa 3,2 Millionen Antikörper-Getesteten analysiert. Das Augenmerk lag dabei auf anschließenden PCR-Tests oder anderen „nucleic acid amplification tests“ (NAAT), die eine aktive SARS-CoV-2-Infektion anzeigen. Ergebnis: 90 Tage und später nach positiven Antikörpertest fanden sich bei den Getesteten nur ein Zehntel so viele aktive Infektionen wie nach negativem Antikörpertest. Dies deute auf Schutz durch Antikörper hin, so die Forscher. Wie lange dieser andauert, ist aber unbekannt. Wahrscheinlich nehme der Schutzeffekt mit der Zeit nach (JAMA Intern Med. 2021, online 24. Februar).
Update vom 23. Februar
Schon eine einzige Impfdosis reduziert bei über 80-Jährigen das Risiko für schwere bis tödliche COVID-19-Verläufe um 81 Prozent. Das hat eine vorläufige Analyse von Daten des schottischen Impfprogramms ergeben, berichten Forscher von Public Health Scotland (PHS). Die bisher noch nicht begutachtete Auswertung beruht auf der „Early Pandemic Evaluation and Enhanced Surveillance of COVID-19“ (EAVE II). Das Register mit Daten von 5,4 Millionen Menschen in Schottland zu Impfung, primärer und stationärer Versorgung, PCR-Tests und Mortalität deckt fast die gesamte Bevölkerung des Landes ab. Die erste Impfdosis von Comirnaty® war nach 28 bis 34 Tagen mit einer Reduktion der Erkrankungen um 85 Prozent assoziiert, die erste Dosis des AstraZeneca-Impfstoffs mit 94 Prozent Reduktion. Der kombinierte Effekt des Programms mit beiden Vakzinen ergab bei den über 80-Jährigen einen Schutz von 81 Prozent gegen schwere bis tödliche Verläufe (SSRN-Preprint 2021; online 19. Februar).
Bestimmte Genvarianten von Menschen begünstigen offenbar schwere COVID-Verläufe. Den Betroffenen fehlen spezielle Rezeptoren von Immunzellen ganz oder teilweise, berichten Virologen der Medizinischen Universität Wien. Dadurch werde die antivirale Immunantwort durch natürliche Killerzellen (NK-Zellen) herabgesetzt. NK-Zellen sind wichtig, um in der Initialphase einer Infektion die Virusvermehrung einzudämmen, so die Uni in einer Mitteilung. Killerzellen haben auf ihrer Oberfläche aktivierende Rezeptoren wie den NKG2C-Rezeptor. Dieser kann mit infizierten Zellen über deren spezifische Oberflächenstrukturen (HLA-E) kommunizieren. Die Interaktion führt zur Zerstörung virusinfizierter Zellen. Etwa vier Prozent der Bevölkerung fehlt allerdings aufgrund einer Gen-Variation der aktivierende NKG2C-Rezeptor, bei etwa 30 Prozent ist dieser Rezeptor nur teilweise vorhanden. Betroffene entwickelten in einer Studie besonders schwere COVID-19-Verläufe, so die Forscher (Genetics in Medicine 2021; online 26. Januar).
Update vom 22. Februar
Die britische Corona-App soll von Oktober bis Dezember 2020 etwa 200.000 bis 900.000 SARS-CoV-2-Infektionen verhindert haben. Die große Spannweite der Zahl ist bedingt durch unterschiedliche Berechnungsmethoden und eingepreiste Unsicherheiten in den Modellierungen. Das berichten Forscher von der Universität Oxford und anderen Institutionen aus dem Vereinigten Königreich (UK) in einer noch nicht wissenschaftlich begutachteten Preprint-Studie im Internet. Ermittelt wurde, wie viele durch die App gewarnte Nutzer später tatsächlich positiv auf das Virus getestet wurden. Diese „secondary attack rate“ schätzen die Forscher auf fast sechs Prozent. Ein solcher Anteil an Infektionen bei den anhand der App ermittelten Kontaktpersonen ist dabei ähnlich hoch wie der der Anteil Infizierter, die durch manuelle Kontaktverfolgung zu bestimmten Zeitpunkten in UK ermittelt worden waren. Die britische App unterscheidet sich deutlich von der deutschen, berichtet das „Science Media Center“: Sie verfügt über eine Cluster-Erkennung. Man kann damit etwa in ein Restaurant bei einem Besuch einchecken und wird gewarnt, falls sich im Nachhinein herausstellt, dass dort gleichzeitig ein Infizierter anwesend war. Nutzer der britischen App müssen zudem den ersten Teil ihrer Postleitzahl angeben, was detaillierte Analysen zulässt (PrePrint-Server GitHub 2021; online 9. Februar).
Liebe Leser, wir fassen die Corona-Studienlage nun wöchentlich zusammen. Eine Übersicht mit allen bereits veröffentlichten COVID-19-Splittern der vergangenen Wochen und Monate finden Sie hier: