Pflegekammer Schleswig-Holstein
Verdi verschärft Gegenkurs
Schon vor ihrer Gründung stand die Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein bei Verdi in der Kritik. Angesichts von Unmut über die Kammerbeiträge schlägt die Gewerkschaft nun ein Moratorium vor.
Veröffentlicht:Kiel. Erneut Gegenwind für die Pflegeberufekammer in Schleswig-Holstein: Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi will Unmut, abnehmende Akzeptanz und Verärgerung über die Beiträge unter den Mitgliedern wahrgenommen haben.
Verdi fordert deshalb ein zweijähriges Moratorium für die Beiträge und eine erneute Befragung der Pflegekräfte zur Zukunft der Pflegeberufekammer.
„Die Kritik in Schleswig-Holstein wächst und der Unmut steigt damit deutlich. Die Stimmen – insbesondere bei den Fragen der Finanzierung und der Ausrichtung – werden lauter und eine Akzeptanz immer geringer“, behauptet die Gewerkschaft.
Sie stützt sich auf „täglich mehr Anfragen“ von Pflegekräften, ob ihre Beitragsbescheide rechtskräftig sind. Verdi kritisiert auch, dass viele Pflegebeschäftigte bis heute nicht wüssten, „welcher Pflichtbeitrag und welche finanzielle Belastung in diesem Jahr auf sie zu kommt“.
Moratorium von zwei Jahren?
Steffen Kühhirt, Fachbereichsleiter Gesundheit und Soziales bei Verdi-Nord, schlägt deshalb ein Moratorium von zwei Jahren vor, in denen keine Beiträge erhoben werden sollen. Kühhirt will in dieser Zeit geprüft wissen, „wie sinn- und wirkungsvoll es ist, wenn Schleswig-Holstein eine Pflegekammer hat und beispielsweise Hamburg oder Mecklenburg-Vorpommern nicht.“
Dies will er durch eine erneute Befragung der Pflegebeschäftigten erreichen. „Wir wissen, dass die Pflegekammer auf der politischen Seite demokratisch beschlossen wurde, es muss aber möglich sein, den wachsenden Protest ernst zu nehmen und Korrekturen und Veränderungen vorzunehmen“, sagte Kühhirt.
Er hält eine Pflegekammer im Norden auch deshalb nicht für sinnvoll, weil es solche Körperschaften noch nicht in allen Bundesländern gibt. Schleswig-Holstein war im Frühjahr 2018 das zweite Bundesland, in dem eine Pflegeberufekammer gegründet wurde.
Mehr als 26 000 Pflegekräfte sind im Norden inzwischen als Mitglieder registriert. Entscheidungen für eine Pflegekammer sind auch in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz gefallen. Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen folgen. Damit wird dann rund die Hälfte alle Pflegefachkräfte in Deutschland in einer Heilberufekammer vertreten sein.
„Rückwärtsgewandte Aktivität“
Vor der Landtagsentscheidung in Schleswig-Holstein zur Kammergründung hatte es eine Befragung der Pflegekräfte gegeben, die eine knappe Mehrheit pro Kammer zum Ergebnis hatte. Verdi hatte die Kammergründung von Beginn an massiv kritisiert.
Die Pflegeberufekammer nannte die Verdi-Forderung auf Anfrage der „Ärzte Zeitung“ eine „rückwärtsgewandte Aktivität“. „Alle Akteure sollten die Pflegeberufekammer in ihrer Arbeit unterstützen“, fordert die Kammer von Verdi, die auch durch Gewerkschaftsmitglieder in der Kammerversammlung vertreten ist.
Aus Sicht der Kammer muss der Verdi-Vorschlag für die Kieler Landtagsabgeordneten befremdlich klingen.
Sie verwies darauf, dass nur der Landtag ein Moratorium bestimmen könnte und dann auch die fortlaufende Finanzierung der Kammeraufgaben sicherstellen müsste. Im Pflegeberufekammergesetz ist die Kostendeckung ausschließlich durch Beiträge vorgesehen. „Insofern schließt sich ein über die Kammer vertraglich vereinbarter Aufschub oder eine entsprechende Änderung der Beitragssatzung aus“, so die Pflegeberufekammer.
Zur angeblichen Unsicherheit über die Höhe des Kammerbeitrags verwies die Kammer darauf, dass sie im März alle registrieren Mitglieder schriftlich über die von der Kammerversammlung verabschiedete und im Februar auf der Website der Kammer veröffentlichte Beitragssatzung informiert habe.
Damit habe jedes Mitglied anhand des eigenen Einkommens frühzeitig den zu erwartenden Beitrag ermitteln können. Zur Klärung offener Fragen sei schriftliche, telefonische und elektronische Unterstützung angeboten worden.
Beiträge für die Pflegekammer
- Der Kammerbeitrag ist abhängig von den Bruttojahreseinkünften aus pflegerischer Tätigkeit. Als Bemessungszeitraum wird immer das vorletzte Jahr herangezogen – für 2019 also 2017).
- Die Beitragshöhe wird auf Basis von 14 Beitragsklassen ermittelt. Beispiel: Bei einem Bruttogehalt von 2500 Euro pro Monat beläuft sich der Kammerbeitrag auf 102 Euro pro Jahr.
- Pflegekräfte sind gehalten, einen Fragebogen zur Selbstauskunft bei der Kammer einzureichen. Auf dieser Basis wird dann der Beitragsbescheid erstellt. (eb)