Schleswig-Holstein
Wie die Kammer auf Corona-kritische Ärzte reagieren will
Die Ärztekammer Schleswig-Holstein will Kollegen nicht ausgrenzen, die Kritik an der Corona-Pandemiebekämpfung üben – allerdings will sie sie auch nicht ohne weiteres gewähren lassen.
Veröffentlicht:Bad Segeberg. Schwieriger Spagat: Die Ärztekammer Schleswig-Holstein (ÄKSH) will zugleich kritisch und wertschätzend auf Kolleginnen und Kollegen zugehen, die die Corona-Maßnahmen mit Misstrauen sehen oder gar die Pandemie leugnen. „Fest steht: andersdenkende Ärzte sollten nicht ausgegrenzt, gefährliches ärztliches Handeln aber nicht toleriert werden“, teilte die ÄKSH am Dienstag mit.
Im Krankenhaus und in der Praxis habe die persönliche Meinung nichts zu suchen, sagte Professor Henrik Herrmann, Präsident der ÄKSH anlässlich eines runden Tisches, zu dem die Kammer Vertreter anderer ärztlicher Institutionen und der Wissenschaft eingeladen hatte. „Hier muss das ärztliche Handeln auf wissenschaftlicher Erfahrung gestützt sein.“ Falschaussagen setzten die Gesundheit von Patienten aufs Spiel und fielen zugleich den Kolleginnen und Kollegen in den Rücken, die „täglich im direkten Patientenkontakt versuchen, Überzeugungsarbeit zu leisten“, so Herrmann.
Sollten aber konkrete Anhaltspunkte von Berufsrechtsverstößen angezeigt werden, würden sie von der Kammer geahndet, heißt es. Man werde jeder Beschwerde nachgehen.
Neben Herrmann nahmen auch Schleswig-Holsteins KV-Vorsitzende Dr. Monika Schliffke und Hausärztechef Dr. Thomas Maurer sowie der Virologe Professor Helmut Fickenscher von der Universität Kiel und der Infektiologe Professor Jan Rupp von der Uni Lübeck an dem Treffen teil. „Nur gemeinsam können wir diesen Kraftakt leisten und den Pandemieverlauf positiv beeinflussen“, so Herrmann. „Als Ärzteschaft und als Bürgerinnen und Bürger.“
„Niedrige zweistellige Zahl“
Einzelne Ärzte trügen nach Angaben der Kammer derzeit dazu bei, die Bevölkerung zu verunsichern. In einer Kammermitteilung heißt es zudem, Ärzte könnten „mit Falschaussagen auch die Gesundheit von Menschen aufs Spiel setzen“. „Es liegen mehrere Beschwerden von Patienten vor“, berichtet Kammer-Sprecher Stephan Göhrmann. Dabei handelt es sich laut Göhrmann um eine „niedrige zweistellige Zahl“. Beispielhaft nennt Göhrmann einen Arzt, der Gefälligkeitsatteste ausgestellt haben soll, um die Maskenpflicht zu umgehen. Weitere mutmaßliche Vergehen konkretisierte Göhrmann nicht.
Die beschuldigten Kolleginnen und Kollegen durchlaufen ein mehrstufiges Prüfverfahren. Sollte nach Rücksprache mit ihnen eine Berufspflichtverletzung nicht ausgeschlossen werden können, befasst sich der Kammer-Vorstand mit der Angelegenheit. Er kann dann einen Untersuchungsführer mit einer Ermittlung beauftragen oder dem Betroffenen Arzt anbieten, die Ermittlungen gegen Zahlung eines Geldbetrages einzustellen. Das können bis zu 2000 Euro sein. (cben)