Badeunfälle
Auch geübte Schwimmer sind gefährdet
Immer weniger Kinder und Jugendliche können schwimmen. Ihnen drohen in Schwimmbecken und Badesee viele Gefahren.
Veröffentlicht:HANNOVER. Zehntausende Helfer der DLRG sind im Sommer an Badeseen, in Schwimmbädern und an der Küste im Einsatz, um bei Badeunfällen zu helfen und das Schlimmste zu verhindern. Die Zahl ihrer Einsätze steigt stetig – denn nur wenige Menschen können noch gut schwimmen.
Warum können vor allem immer weniger Kinder sicher schwimmen?
Generell sollte jedes Kind in der Schule schwimmen lernen. "Die Grundschulen haben den Auftrag, Schüler im Schwimmen auszubilden", sagt der Generalsekretär der DLRG, Ludger Schulte-Hülsmann. Aber das umzusetzen, ist schwieriger geworden, weil viele Städte und Gemeinden in den vergangenen Jahren öffentliche Bäder geschlossen haben. Auf dem Land müssten Schüler zudem oft weit fahren, bis sie am Bad ankämen.
Was unterscheidet einen geübten von einem unsicheren Schwimmer?
In Notlagen lassen bei ungeübten Schwimmern schneller die Kräfte nach. Manche geraten leicht in Panik, was es auch Helfern schwer machen kann. "Es reicht nicht, sich über Wasser zu halten. Kinder sollten eine längere Strecke schwimmen können", mahnt der DLRG-Generalsekretär.
Was können Eltern tun?
Die DLRG empfiehlt, dass Kinder nach dem Frühschwimmerabzeichen – dem Seepferdchen – noch ein Bronze-Abzeichen erwerben. Dabei müssen sie innerhalb von 15 Minuten mindestens 200 Meter schwimmen. Auch viele Schwimmbäder bieten Kurse an. Später gilt: Wer regelmäßig schwimmt, bewegt sich im Wasser sicherer als jemand, der nur einmal im Jahr badet.
Wie viele Menschen in Deutschland können überhaupt nicht schwimmen? Die DLRG schätzt, dass bundesweit ein Drittel der Kinder und Jugendlichen sowie ein Viertel der Erwachsenen Nichtschwimmer oder schlechte Schwimmer sind. Dabei berufen sich die Lebensretter auf Studien mit Selbsteinschätzungen der Befragten. Die Dunkelziffer dürfte höher sein.
Erst vor einer Woche ist eine 15-jährige Nichtschwimmerin im Eisbach in München ertrunken. Sie badete dort mit ihren Freundinnen, die nicht wussten, dass eine von ihnen nicht schwimmen konnte. Nach einem gemeinsamen Sprung ins Wasser tauchte sie nicht mehr auf.
Außerdem haben viele Zuwanderer nicht gelernt zu schwimmen. "Das liegt auch daran, dass Baden in vielen Kulturkreisen nicht zur Freizeitgestaltung gehört", sagt Schulte-Hülsmann.
Jedes Jahr sterben bundesweit Hunderte Menschen beim Baden. Wie groß sind die Unterschiede je nach Region? Die Unterschiede sind groß: Während 2016 in Bayern 91 Menschen und in Nordrhein-Westfalen 76 ertranken, waren es im Saarland nur zwei und in Bremen neun. Bundesweit zählten die Lebensretter im vergangenen Jahr 537 Badetote, davon waren 64 Flüchtlinge. Das ist etwa jeder Achte.
Wie steht Deutschland im internationalen Vergleich da?
Eher gut. Internationalen Ranglisten zufolge haben Deutschland und Großbritannien meist die geringste Zahl an Badetoten je 100.000 Einwohner. 2015 ertranken laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) weltweit 360 000 Menschen – mehr als die Hälfte davon waren jünger als 25 Jahre. Generell schnitten Russland und die Länder der ehemaligen Sowjetunion im internationalen Vergleich eher schlecht ab, die skandinavischen Staaten eher gut, so Schulte-Hülsmann. Auch in Australien und in Südamerika sterben viele Menschen im Wasser.
Wodurch können sich Menschen beim Baden konkret in Gefahr bringen?
Im Wasser lauern zahlreiche Tücken: In Seen, Flüssen und im Meer können plötzlich Kaltzonen auftauchen. Schwimmer sind dann schneller erschöpft als im warmen Wasser, warnt die DLRG. Strömungen können Schwimmer erfassen und weit abtreiben oder sogar unter Wasser ziehen. Badende sollten sich das Ufer anschauen: Wenn das Wasser schnell tief wird, können unsichere Schwimmer schnell in Gefahr geraten. Bei Gewitter sollten Badende das Wasser in jedem Fall verlassen. Und auch Algen und Grünpflanzen können Schwimmern gefährlich werden.
Gibt es da konkrete Fälle?
Ja. Vor vier Jahren ist ein 26-Jähriger im See eines Hotels in Perleberg in Brandenburg ertrunken. Er war einem ins Wasser gefallenen Ball nachgeschwommen und hatte sich in Schlingpflanzen verfangen. Taucher fanden die Leiche des Mannes am folgenden Tag. (dpa)