Ursprung des Coronavirus

Bericht: BND sah Indizien für Corona-Laborthese

Immer wieder gab es Gerüchte, dass das Coronavirus aus einem chinesischen Labor entwichen sein könnte. Bewiesen ist bislang weder diese Theorie noch die eines natürlichen Ursprungs.

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Das Coronavirus hat die Welt zwei Jahre lang in Atem gehalten.

Das Coronavirus hat die Welt zwei Jahre lang in Atem gehalten.

© Michele Ursi/stock.adobe.com

Berlin. Stammt das Coronavirus aus einem Labor im chinesischen Wuhan? Das Kanzleramt hat laut Medienberichten Wissenschaftler gebeten, Indizien des Bundesnachrichtendienstes (BND) zu dieser Behauptung zu prüfen.

Wie die „Neue Zürcher Zeitung“ berichtet, lagen dem BND plausible Hinweise für die sogenannte Laborthese vor, die bei Treffen in den vergangenen Monaten von einer Expertenrunde bewertet werden sollten.

Informationen zur Einschätzung dieser Experten lagen zunächst nicht vor. Auch die „Süddeutsche Zeitung“ und die „Zeit“ berichten über entsprechende Rechercheergebnisse.

Zwei Theorien - kein Beweis

Der Laborthese zufolge stammt das SARS-CoV-2-Virus aus einem chinesischen Biolabor, dem Wuhan Institute of Virology, an dem unter anderem an Coronaviren geforscht wird. Die zweite Theorie ist, dass das Virus wie auch schon das der SARS-Epidemie von 2002/2003 einen natürlichen Ursprung hatte.

Nicht alle an der BND-Runde beteiligten Forscher seien gleichermaßen überzeugt, dass das Virus eindeutig aus dem Labor kommt, hieß es bei der „NZZ“. Einige sähen die Wahrscheinlichkeit einer menschengemachten Pandemie aus dem Institut stetig wachsen, wollten sich aber bislang noch nicht festlegen. Eine Reaktion der Bundesregierung auf die Medienberichte gab es zunächst nicht.

Einschätzungen auch politisch motiviert

Der neue Direktor des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, John Ratcliffe, hatte im Januar als eine seiner ersten Amtshandlungen die Einschätzung seiner Behörde zum Ursprung des Coronavirus geändert. Ein forschungsbedingter Ursprung der COVID-19-Pandemie sei auf der Grundlage der verfügbaren Berichte wahrscheinlicher als ein natürlicher Ursprung, hieß es.

Die Unsicherheiten bei dieser Einschätzung seien aber groß, an der Untersuchung des Ursprungs werde weiter gearbeitet.

Zuvor hatte die CIA die Position vertreten, dass es keine ausreichenden Informationen für eine Beurteilung dazu gibt, ob das Virus von einem Tier auf den Menschen übergesprungen ist oder auf eine Panne in einem chinesischen Labor zurückgeht. Ratcliffe hatte bereits in der Vergangenheit die Labortheorie vertreten und Peking vorgeworfen, den Ursprung des Virus zu verschleiern.

Viele Virologen halten den natürlichen Ursprung für wahrscheinlicher

Ein Argument von Befürwortern der Laborthese ist, dass China andernfalls längst wissenschaftliche Belege für den natürlichen Ursprung des Virus hätte liefern können und müssen. „Chinesische Wissenschaftler haben dafür alle technischen Möglichkeiten“, hatte der Virologe Christian Drosten im Januar der Zeitung „taz“ gesagt.

Er habe solche Studien auch erwartet - gekommen seien sie aber nicht. Je mehr Zeit vergehe, desto skeptischer werde er. „Verbietet die Staatsräson, dass daran gearbeitet wird? Mag sein. Die andere Erklärung wäre aber, dass da gar kein natürliches Virus war.“

Derzeit hält Drosten aber einen natürlichen Ursprung von SARS-CoV-2 immer noch für wahrscheinlich - „und das nehmen auch fast alle Wissenschaftler an, die mit dem Thema befasst sind“. Aufgrund der aktuell zur Verfügung stehenden - wenn auch schwachen - Datenlage sei anzunehmen, dass die Übertragung auf den Menschen über Zwischenwirte zum Beispiel auf Tierfarmen stattgefunden habe, sagte Fabian Leendertz, Direktor des Helmholtz Institute for One Health in Greifswald, der Nachrichtenagentur dpa.

Letztlich fehle aber weiterhin ein Beweis, so Drosten, für den natürlichen Ursprung genauso wie für den Laborursprung.

Grünen-Politiker von Notz fordert weitere Aufklärung

Es sei ausdrücklich zu begrüßen, dass sich auch der Bundesnachrichtendienst intensiv mit der Frage nach dem Ursprung des Corona-Virus beschäftige, kommentiert der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag Konstantin von Notz, die Medienberichte. Von Notz ist auch Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums zur Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes.

„Sollte sich bestätigen, dass diese Pandemie menschengemacht ist, muss sich an unserer Wahrnehmung dieser Katastrophe, die unzählige Menschenleben forderte, an deren Folgen viele Menschen heute noch leiden und deren Bekämpfung weltweit enorme volkswirtschaftliche Schäden verursacht hat, grundlegend etwas ändern“, so von Notz.

Auch mit Blick auf die teils drastischen Einschränkungen von Grundrechten während der Corona-Pandemie sei weitere Aufklärung und Aufarbeitung dringend nötig. Bundesregierung und Nachrichtendienste müssten in den kommenden Tagen in den dafür vorgesehenen Gremien umfassend berichten, auch über die Zeitabläufe und zur Frage, wer was wann wusste. Das Parlamentarische Kontrollgremium unterliegt aus gutem Grund nicht dem Diskontinuitätsprinzip. (dpa/eb)

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Kommentare
Dr. Joseph Kuhn 12.03.202517:53 Uhr

Die Gerüchteküche kocht. Aber sollte man nicht erst einmal abwarten, was die Bewertung des 5 Jahre alten BND-Dossiers im Lichte des heutigen Wissens ergibt?

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