Vom Bleisatz ins Netz
Der Computer revolutioniert die Redaktion
Atex - dieser Name ist für die Redakteure der ersten Jahre bei der "Ärzte Zeitung" der Beginn einer neuen Zeitrechnung: Erstmals wird mit einem Computersystem gearbeitet. Die Geräte revolutionieren die Arbeitsabläufe.
Veröffentlicht:Schreibmaschinen raus, Computersysteme rein: Die technischen Möglichkeiten der 1980er Jahre veränderten die Arbeit in Zeitungsredaktionen von Grund auf. 1984 wurde bei der "Ärzte Zeitung" das Computer-Zeitalter eingeläutet.
Das Redaktionssystem Atex des gleichnamigen Herstellers wurde angeschafft. Auf den Schreibtischen der Redakteure hielten daraufhin Bildschirmterminals Einzug, die den Zugriff auf den zentralen Rechner im neuen Computerraum erlaubten.
Das Unternehmen Atex, das 1973 im US-Bundesstaat Massachusetts gegründet worden war, wurde schnell weltweit für seine Programme für die Druck- und Medienindustrie bekannt.
Die Firmengründer nutzten eine damals neuartige Idee: Auf den Schreibtischen sollten nur noch einzelne Bildschirme mit einer Tatstatur - die Terminals - stehen.
Daran angeschlossen waren die Server in einem anderen Raum; die Bildschirme empfingen Videosignale von dort. Im Hintergrund speicherte der Server jede Änderung gleich zweifach - eine Idee, die bis heute erhalten geblieben ist.
Auch bei der "Ärzte Zeitung" revolutionierte Atex den Redaktionsalltag. Von einem "beachtlichen Gewinn an Geschwindigkeit, Komfort und Qualität" im Vergleich zur Schreibmaschine berichteten Mitarbeiter der ersten Stunde.
Da die Manuskripte nun nicht mehr von einem Setzer in der Druckerei bearbeitet werden mussten, konnte der Redaktionsschluss auf einen späteren Zeitpunkt geschoben werden - eine aktuellere Zeitung war möglich.
Gewinn an Geschwindigkeit und Komfort
Ein großer Vorteil ergab sich auch dadurch, dass das System Meldungen von Nachrichtenagenturen aufnahm, die direkt weiterverarbeitet werden konnten.
Nicht zuletzt erleichterte das System die Kooperation in der Redaktion und schaffte mehr Transparenz: Jeder Redakteur konnte die Texte seiner Kollegen lesen, sie korrigieren, kürzen oder längen.
Manuskripte von externen Mitarbeitern mussten nach und nach immer seltener in der Redaktion erneut erfasst werden. Sie kamen per Diskette und konnten ohne großen Aufwand ins System übertragen werden.
Die Revolution in der Kommunikationstechnik, die mit der Erfindung des Computers startete, nennen Kommunikationswissenschaftler heute eine "Kommunikationsexplosion".
Denn die neuen Formen der Individual- und Massenkommunikation - über den Computer bis hin zum Fernsehen mit einer immer noch wachsenden Programmvielfalt - haben zu einem sozialen Wandel geführt, dessen Auswirkungen auch 2012 noch nicht endgültig absehbar sind.
Derweil blieb auch in der Zeitungsherstellung und in der Arbeit der Redaktionen die Zeit nicht stehen.
Mit Einführung der Computer wurden die Entwicklungszyklen immer schneller, und so ging die Zeit der Großrechnersysteme in den Redaktionen bald wieder zu Ende. Die Ära der dezentralen Systeme begann.
Personal Computer an jedem Redakteurs-Arbeitsplatz
Schon Mitte der 1980er Jahre löste ein Unternehmen aus dem fernen Kalifornien die nächste technische Revolution aus: 1984 stellte der Gründer des bis dahin wenig bekannten Unternehmens Apple, Steve Jobs, den ersten Macintosh vor.
Mit Macintosh-Computern konnte in den Redaktionen das sogenannte Desktop-Publishing beginnen. Auf den Bildschirmen war die Schrift in einem neuen Modus zu sehen, der "wie gesetzt" aussah.
Damit konnten Seiten direkt am Monitor bearbeitet werden ("Ganzseitenumbruch"). In Grafikprogrammen konnten Fotos "importiert" und an den richtigen Plätzen auf einer Seite positioniert werden.
Die neuen Produkte aus Amerika brauchten einige Zeit, bis sie sich in Europa durchsetzten. Die "Ärzte Zeitung" entschied sich 1997 für den Umstieg auf ein solches System mit Personal Computern (PC) an jedem Arbeitsplatz.
Die Windows-Welt von Microsoft schien sich gegen Apple im Massenmarkt durchzusetzen - in den Zeitungsredaktionen wie auch bei Arzt-EDV.
Doch war die Einführung des Apple Macintosh im Jahr 1984 nicht die letzte revolutionäre Idee von Steve Jobs: Produkte des Unternehmens Apple mit dem "i" im Namen wälzten ein Vierteljahrhundert später noch einmal die Kommunikationswelt um. Und diese Revolution ist noch nicht zu Ende.