Leichtathletik

Doping-Studie schlägt hohe Wellen

Das Thema Doping in der Leichtathletik dominiert kurz vor der WM in Peking weiterhin die Berichterstattung. Grund sind Enthüllungen von ARD und "Sunday Times" zu einer Doping-Studie mit wohl dramatischem Ergebnis.

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Auf die Plätze, fertig, los!

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© Stefan Schurr / fotolia.com

FRANKFURT/MAIN. Knapp eine Woche vor Beginn der Weltmeisterschaften in Peking haben die ARD und die britische Zeitung "Sunday Times" weitere Erkenntnisse zum großen Doping-Problem in der Leichtathletik veröffentlicht.

Nach einem Bericht der "Sunday Times" blockiert der Weltverband IAAF auch weiter die Veröffentlichung einer brisanten Doping-Studie zur WM 2011.

Wissenschaftler der Uni Tübingen hatten vor vier Jahren im südkoreanischen Daegu mehrere hundert Athleten befragt. Auf dieser Grundlage kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass "29 bis 34 Prozent" der 1800 WM-Teilnehmer in den zwölf Monaten vor den Wettkämpfen gegen Anti-Doping-Regeln verstoßen haben.

Erste Erkenntnisse dieser Untersuchung wurden 2013 bereits von der "New York Times" publiziert. Zwei Jahre später würde sich die IAAF noch immer gegen eine Veröffentlichung der kompletten Version stemmen, behaupten die Autoren. Das sei ein "ernsthafter Eingriff in die Publikationsfreiheit", heißt es in einer Stellungnahme der Universität.

Am Montagmorgen bezeichnete Studienautor und Sportmediziner Professor Perikles Simon von der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz im ZDF-Morgenmagazin das Verhalten der IAAF als "befremdlich".

Drei Jahre hätten die Autoren darum gekämpft, die Ergebnisse der Studie publizieren zu dürfen, berichtete Simon im ZDF - die IAAF zeige keine Regung und antworte nicht auf Nachfragen.

Bemerkenswert weit verbreitet

Die Studie zur WM 2011 zeige ausdrücklich, "wie bemerkenswert weit verbreitet Doping bei den Spitzenathleten ist und wie es trotz aller biologischen Testprogramme noch immer weitgehend ungehindert vorgenommen werden kann", heißt es in der Erklärung der Uni Tübingen.

Diese Studie sei zwar unabhängig von der IAAF erstellt und von der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA finanziert worden. Aber nach dem Bericht der "Sunday Times" habe sich der Weltverband eine Art Vetorecht zusichern lassen - und den Wissenschaftlern als Gegenleistung den Zugang zu ihren Athleten gewährt.

Die IAAF dementierte diese Darstellung vehement. Weder habe es ein solches Vetorecht gegeben, noch habe man jemals die Veröffentlichung der Studie verhindert. Die IAAF habe vielmehr "seriöse Zweifel" an der Auslegung der Ergebnisse durch die Tübinger Wissenschaftler und wolle sie von "hochrangigen Experten" prüfen lassen.

Als Reaktion auf die immer neuen Doping-Enthüllungen in ihrem Sport haben deutsche Spitzenathleten wie Diskus-Olympiasieger Robert Harting jetzt ihre Blutwerte zur Veröffentlichung freigegeben. Die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) kritisierte die Veröffentlichung von Blutwerten allerdings.

"Die NADA weist darauf hin, dass diese Werte nicht nur falsch interpretiert werden können, sondern auch der Anschein entstehen kann, dass Athleten, die ihre Daten nicht veröffentlichen wollen, etwas verstecken möchten", heißt es in einer Erklärung vom Montag.

Deutsche Sportler empört

"Die deutschen Athleten sind - zu Recht -  empört über die Missachtung und Nichtanwendung der Regeln, basierend auf Grundlage des WADA-Codes", schrieb die NADA weiter.

Die Organisation sehe aber vielmehr "die WADA und die IAAF in der Pflicht, die im ARD-Bericht genannten Vorgänge schnell und lückenlos aufzuklären und sichert ihre volle Unterstützung bei der Aufklärung zu".

Zu diesem Zweck haben die deutschen Anti-Doping-Kämpfer nach eigenen Angaben auch den Leichtathletik-Weltverband kontaktiert. "Leider ist das Auskunftsersuchen von der IAAF nicht ausreichend beantwortet worden."

Vor voreiligen Schlüssen warnte Doping-Experte Fritz Sörgel. Er sagte, seiner Meinung nach werde im Leistungssport aktuell nicht weniger, "aber sehr viel geschickter gedopt" als früher, zum Beispiel mit Mikrodosierungen.

"Aber wie so oft im Dopingbereich werden wir das alles so richtig erst später erfahren, wenn Nachtests gemacht worden sind", sagte der Leiter des Instituts für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung auf SWR-Info. "Das gilt auch für deutsche Sportler." (dpa/aze)

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