Sommer-Hit
Dr. Ramadanis Therapie gegen den Corona-Blues
Ein Arzt aus Neu-Ulm landet mit einem Remake eines alten Songs der Rodgau Monotones einen Sommerhit. Ihm geht es um gute Laune, denn er fürchtet in Corona-Zeiten um die Gesundheit der Gesellschaft insgesamt.
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Dr. Marco Ramadani und seine Bandkollegin Alexia Rueß an ihrem persönlichen St.Tropez am Baggersee.
© privat
Neu-Ulm. Mit einer umgetexteten Fassung eines Hits der Rodgau Monotones aus den Achtzigern tritt die Band „Kennt kein Schwein“ um den Arzt und Sänger Dr. Marco Ramadani sehr erfolgreich gegen den Corona-Blues an.
Es geht darum, dass man für Sommerspaß und gute Laune keine weite Reise antreten muss. Mit der richtigen Einstellung – und dem passenden Equipment (Grillgut, Badematte, Destilliertes) ist es am heimischen Kiesweiher mindestens genauso schön wie an der Côte d’Azur.
Wenige Wochen nach Veröffentlichung wird ihre Version von „St. Tropez am Baggersee“ inzwischen von Radiosendern quer durch Deutschland gespielt. Reich wird die Band damit nicht. Das ist auch nicht geplant. Denn es ist gedacht als reines Non-Profit-Unternehmen, das in zunehmend finsteren Zeiten einfach nur Freude bringen soll.
Menschen leiden unter Kontaktbeschränkungen
„Diese Infektionswelle ist eine medizinische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Herausforderung, die vielen Menschen unheimlich viel abverlangt. Viele Menschen leiden unter den Kontaktbeschränkungen, erleben Ängste oder haben große Schwierigkeiten ihre Zwangsgedanken zu stoppen“, so sein Eindruck aus den psychotherapeutischen Gesprächen in seiner Praxis in Neu-Ulm, wo Ramadani als Arzt Menschen dabei hilft, in emotional fordernden Situationen psychisch gesund zu bleiben.
Angesichts der Ausbreitung des Corona-Virus habe sich diese Aufgabe allerdings als immer schwieriger herausgestellt, berichtet er. Hinzu sei gekommen, dass er im Zuge der Diskussionen über Sinn und Unsinn von Corona-Maßnahmen eine zunehmende Spaltung der Gesellschaft beobachte, die ihn um die Gesundheit der Gesellschaft als Ganzes fürchten lasse. „Die einen werden zu Aluhut-Trägern herunterstigmatisiert, die anderen als ‚Vernichter‘ unserer gesellschaftlichen Freiheit bezeichnet“, erklärt er. „Eine ungute Situation“, wie er findet.
Idee nach frustrierendem Arbeitstag
Die Idee zur Musiktherapie gegen den Corona-Blues sei ihm gekommen als er nach einem arbeitsreichen Tag frustriert in seiner Praxis gesessen habe und über Auswege sinniert habe. Da er selber gerne singt und musiziert, war es naheliegend, dass seine Ideen dabei in diese Richtung gingen: Ein guter Song, positive Botschaft, verpackt in zwei Strophen, nebst Refrain. Mit lustigen Text. Zum Mitsingen. Zufällig kam ihm dabei ein Song aus seiner Jugend wieder ein den Sinn: „St. Tropez am Baggersee“ von den Rodgau Monotones. „Ich dachte mir, der passt genau in diese Zeit“, so Ramadani. Noch während der Heimfahrt im Auto fielen ihm dann die Verse für die zwei Strophen nebst Refrain ein. Sie handeln von Sommer, Sonne und Badespaß mit allem was dazugehört am Weiher um die Ecke.
Tags darauf habe er die Rodgau Monotones als Urheber der Originalversion angeschrieben und um die Erlaubnis den Song für ein Non-Profit-Musikprojekt zu verwenden. Die Zustimmung sei postwendend gekommen. Im nächsten Schritt trommelte er die musikalische Besetzung zusammen. Ein paar Telefonate mit Musikerkollegen aus seinem Umfeld, dann stand die Band. Da zum gegenwärtigen Zeitpunkt – es war Mitte April und damit Hochzeit der Kontaktbeschränkungen – gemeinsame Proben unmöglich gewesen seien, habe jeder seinen Part daheim eingespielt.
Die Aufnahmen seien im Nachgang im Studio gemischt worden. Das dazugehörige Musikvideo wurde von dem Ulmer Filmemacher Peter Voppmann produziert, der all die Video-Schnipsel, die ihm die Community zuschickte, zu einem originellen Clip zusammengefügt hat.
Musikernamen sind Nebensache
Auch ein Bandname war schnell gefunden. Weil in diesem Fall Musikernamen Nebensache sind, habe man die Band „Kennt kein Schwein“– genannt, erklärt Ramadani. Damit habe man auch zu verstehen geben wollen, dass auch die Bandmitglieder im gleichen Boot wie alle sitzen.
„Auch wir konnten teilweise unsere Familienmitglieder nicht sehen, auch wir tragen beim Einkaufen Masken. Und auch wir sind manchmal ziemlich genervt von dieser ganzen Situation. Auf der anderen Seite sind wir Musiker, die gerne einen positiven Impuls für diese Zeiten setzen und damit Mut und Zuversicht für den Sommer 2020 in diese Welt tragen möchten“, erklärt Ramadani.
Wie die Resonanz mittlerweile zeigt, gelingt diese Absicht offenbar ganz gut. Nachdem die ersten Radiosender den Song vereinzelt gespielt hatten, ging die Nachfrage steil hoch. „Bei den Radioeinspielungen sind wir schon im höheren dreistelligen Bereich und bei Youtube hat das Video bereits rund 11.000 Aufrufe“, freut sich Ramadani über den Erfolg seines Band-Projektes, das ihm neben seiner Arztlaufbahn plötzlich mit 50 auch noch Rockstar-Meriten einbringt.
Am meisten freut ihn allerdings, dass sein Therapieansatz gegen den Corona-Blues angenommen wird: „Es scheint, als hätten die Menschen auf diesen Song gewartet.“