Doping-Razzia

Erfurter Arzt im Visier der Ermittler

Das österreichische Bundeskriminalamt hat bei der Razzia rund um die Nordischen Ski-Weltmeisterschaften fünf Sportler festgenommen, einen von ihnen direkt beim Doping. Eng verwoben scheint damit der Erfurter Sportarzt Mark S.

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Ein Erfurter Arzt soll Sportler beim Eigenblut-Doping betreut haben.

Ein Erfurter Arzt soll Sportler beim Eigenblut-Doping betreut haben.

© Frank Rumpenhorst / dpa

SEEFELD. „Uns ist es gelungen, auch einen Sportler auf frischer Tat zu erleben“, sagte Dieter Csefan vom Bundeskriminalamt bei einer Pressekonferenz am Mittwoch in Innsbruck. Demnach sei ein österreichischer Sportler mit Bluttransfusion im Arm angetroffen und festgenommen worden. Zentrifuge und Transfusionen wurden Medienberichten zufolge dabei als Beweismittel sichergestellt.

Die Maßnahmen waren rund zwei Stunden vor dem Start der WM-Entscheidung im 15-km-Skilanglauf der Männer bekannt geworden und haben ein sportliches „Doping-Beben“ ausgelöst.

Insgesamt sind in Österreich sieben Personen festgenommen worden fünf Sportler, sowie ein Sportmediziner und sein mutmaßlicher Komplize: Laut einem Bericht der SZ handelte sich um die Österreicher Max Hauke und Dominik Baldauf, beide angehende Polizeianwärter, Alexej Poltoranin aus Kasachstan sowie die Esten Karel Tammjarv und Andreas Veerpalu.

Bei dem in seiner Praxis festgenommen Sportmediziner handelt es sich um Mark S. aus Erfurt handeln. Der Arzt soll auch andere Profisportler wie Fußballer, Schwimmer, Radsportler, Handballer und Leichtathleten behandelt haben. Das Pikante: Vom Landessportbund Thüringen wurde dessen Praxis in der Liste der "lizenzierten sportmedizinischen Untersuchungsstellen" geführt.

Der Landessportbund Thüringen entzog nach der Festnahme von Mark S. der betroffenen Arzt-Praxis allerdings mit sofortiger Wirkung diese Lizenz. Dabei räumte der Verband eigene Versäumnisse ein. Denn bei der Fortschreibung der ursprünglich bis 2018 laufenden Lizenz um weitere vier Jahre entging dem LSB, dass in der Zwischenzeit Mark S. in die Praxis eingetreten war.

Der Arzt wurde inzwischen in Erfurt einem Ermittlungsrichter vorgeführt. Ein Haftbefehl ist bestätigt worden. Der Arzt werde nach einem Termin beim Haftrichter für die weitere Untersuchungshaft nach München gebracht, sagten ein Sprecher des Erfurter Amtsgerichtes sowie die Sprecherin der zuständigen Staatsanwaltschaft München am Donnerstag. Voraussichtlich muss der Mediziner in die Justizvollzugsanstalt Stadelheim, hieß es.

Im droht eine Gefängnisstrafe bi zu zehne Jahren, sollte ihm und seinem mutmaßlichen Komplizen in der Causa ein gewerbs- oder bandenmäßiges Delikt nachgewiesen werden. Dieses Strafmaß sieht das 2015 verabschiedete Anti-Doping-Gesetz vor.

Komplize des Arztes soll möglicherweise sein Vater sein, ein Rechtsanwalt, der am Mittwoch ebenfalls parallel in Seefeld festgesetzt worden war. Er hatte die Versorgung der Athleten laut den Behörden mit betreut, wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet.

Was ist über den Sportmediziner bekannt?

 Mark S. war bereits vor Jahren mit Blutdoping in Verbindung gebracht worden. So habe er als Teamarzt etwa die deutschen Radsport-Mannschaften von Milram und Gerolsteiner begleitet. Der Mediziner hatte die Vorwürfe in der Vergangenheit stets bestritten. „Diese aus Erfurt agierende kriminelle Gruppierung ist dringend verdächtig, seit Jahren Blutdoping an Spitzensportlern durchzuführen, um deren Leistung bei nationalen und internationalen Wettkämpfen zu steigern“, wird das Bundeskriminalamt zitiert.

So soll Mark S. bereits 2009 vom österreichischen Radprofi Bernhard Kohl belastet worden sein. Kohl war dem Bericht zufolge im Nachgang zur Frankreich-Rundfahrt 2008, die er in Diensten der Gerolsteiner-Equipe bestritten hatte, positiv auf das Epo-Mittel Cera getestet worden. Dabei räumte er auch Blutdoping ein.

Nach der Festnahme eines Arztes in Erfurt droht dem Mediziner neben strafrechtlichen Konsequenzen auch ein berufsrechtliches Verfahren durch die Landesärztekammer Thüringen. „Sollten sich die Vorwürfe gegen den Arzt bestätigen, wird die Kammer mit aller Härte vorgehen“, sagte eine Kammersprecherin am Donnerstag. Das könne für den Arzt den Verlust der ärztlichen Zulassung bedeuten.

„Wir sind sehr betroffen über das, was bekannt geworden ist“, sagte die Sprecherin.  Offizielle Anfragen der Ermittlungsbehörden waren bei der Kammer am Donnerstag noch nicht eingegangen. „Wir haben das aus den Medien erfahren“, sagte die Sprecherin.

Je nach Schwere drohen Ärzten bei Berufsrechtsverstößen Rügen, Geldstrafen und die Feststellung der Berufsunwürdigkeit durch ein Berufsgericht. Dies würde letztlich zum Verbot der ärztlichen Tätigkeit führen. 

Deutsche Mannschaftsärzte wohl nicht betroffen

Nach Angaben des Deutschen Skiverbandes gab es beim deutschen WM-Team keine Razzien. Es seien von den Untersuchungen weder deutsche Sportler noch das Umfeld oder deutsche Mannschaftsärzte betroffen.

Der Deutsche Skiverband hat nach ausführlichen Eigenrecherchen außerdem jeglichen Kontakt zu dem mutmaßlich in Dopingpraktiken verwickelten Erfurter Mediziner bestritten. DSV-Angaben vom Donnerstag zufolge habe es keinerlei Zusammenarbeit, Behandlungen oder Untersuchungen von DSV-Athletinnen und -Athleten mit und bei dem Sportarzt gegeben.

 „Der Arzt, wenn man ihn denn überhaupt noch so bezeichnen mag, hat keine Verbindungen zum Deutschen Skiverband, zumindest keine Verbindungen, die uns irgendwie bekannt wären“, sagte DSV-Vorstandsmitglied Stefan Schwarzbach am Donnerstag. Und ergänzte: „Insofern gehen wir fest davon aus, dass da auch keine (deutschen) Athletinnen oder Athleten in dieses System, das da zerschlagen wurde, involviert waren.“

Er könne definitiv ausschließen, „dass der Deutsche Skiverband in irgendeiner Weise Zellen hat, beziehungsweise auch nur ansatzweise irgendwelche systematischen Dopingpraktiken praktiziert wurden“, sagte er. Auch bei der sportärztlichen Betreuung beim Bund Deutscher Radfahrer habe der verdächtige Arzt „keine Rolle“ gespielt, versicherte BDR-Sportdirektor Patrick Moster.  

Konsequenen gefordert

DOSB-Präsident Alfons Hörmann forderte nach dem Schlag gegen Sportbetrüger bei der Nordischen Ski-WM weitere Anstrengungen der Dopingjäger, um die abschreckende Wirkung auf andere Sportler zu verstärken. Leider zeigten die kriminellen Betrugsfälle, dass der Kampf gegen Doping weiterhin von elementarer Bedeutung sei, um die weltweite Chancengleichheit für alle Sportler zu sichern, sagte der Chef des Deutschen Olympischen Sportbunds am Donnerstag.

Auslöser für die Doping-Ermittlungen waren Aussagen des österreichischen Skilangläufers Johannes Dürr. Der 31 Jahre alte Dürr hatte jüngst in einer ARD-Dokumentation umfassend über Dopingpraktiken im Leistungssport ausgepackt. Er habe auch mit der Staatsanwaltschaft konkret über Personen gesprochen, die ihm beim Doping geholfen haben. (run/dpa)

Wir haben diesen Beitrag zuletzt aktualisiert am 28.2. um 17.50 Uhr

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