Suchhunde im Einsatz
"Geruch ist einmalig wie Fingerabdruck"
Spezialisierte Personensuchhunde gewinnen bei den Ermittlungen der Polizei an Bedeutung. Auch bei der Suche nach Inga aus Sachsen-Anhalt und Elias aus Potsdam sind sogenannte Mantrailer im Einsatz. Sie werden jahrelang darauf trainiert, selbst kleine Geruchsspuren noch nach vielen Tagen zu erschnuppern.
Veröffentlicht:STENDAL/LEIPZIG. Mantrailing ist eine Art Spurensuche, bei der der Hund die Individualspur eines Menschen verfolgt. Und es ist das Spezialgebiet des sächsischen Polizisten Leif Woidtke, der eine Dissertation dazu schreibt. Im Interview erklärt Woidtke, was Mantrailer-Hunde können und wie sie arbeiten.
Herr Woidtke, was unterscheidet Mantrailer von normalen Fährtenhunden?
Leif Woidtke: Ein Fährtenhund wird vielfach an neuen Tatorten eingesetzt. Er kann ohne Geruchsprobe suchen, denn er verfolgt die frischste Spur. Das ist bis etwa 24 Stunden nach der Tat möglich. Und wir wissen nie, ob die frischste Spur zum Täter führt — oder ob zwischendurch die Postfrau Briefe eingeworfen hat.
Mantrailer suchen hingegen den Individualgeruch des Gesuchten. Dafür braucht man eine Geruchsprobe, dafür funktioniert es auch mit deutlich älteren Spuren. Neben Vermissten können so auch Spuren zu Tätern verfolgt werden. Die Hunde können auch nachweisen, ob ein Verdächtiger am Tatort war.
Leif Woidtke
Polizeioberrat und Dozent bei der Sächsischen Polizei
Projektleiter für die Einführung der Mantrailer
Forscht zu "Menschlichem Individualgeruch als forensischem Identifizierungsmerkmal
Wie alt können die Spuren sein, damit sie noch verwertbar sind?
Woidtke: Es ist belegt, dass in geschlossenen Räumen an Objekten aufgenommene Geruchsspuren bis zu zwei Jahre nach ihrer Entstehung genutzt werden können. Also die Hunde zeigen an, ob eine gesuchte Person oder ein Tatverdächtiger an diesem Ort war oder nicht.
Dies trifft auch für Spuren zu, die ungeschützt über einen Zeitraum bis zu fünf Tagen der Witterung ausgesetzt waren. Eine Blindstudie des FBI aus 2003 erbrachte den Nachweis, dass eine sechs Monate alte Geruchsspur durch einen Bloodhound zum Haus des Verursachers verfolgt werden konnte.
Wonach suchen die Tiere?
Woidtke: Das versuche ich unter anderem in meiner Dissertation herauszufinden: Woraus besteht die menschliche Geruchsspur, wie wird sie produziert und abgegeben und wie lange ist sie haltbar? Die häufigste Erklärung ist bisher die Vorstellung, dass menschlicher Geruch durch bakterielle Wirkung auf abgestorbene Hautzellen und Sekrete produziert wird.
Es wird davon ausgegangen, dass der bei der Zersetzung entstehende Geruchskomplex einzigartig ist. Vieles deutet darauf hin, dass der Geruch des Menschen ebenso einmalig ist wie der Fingerabdruck oder die DNA. Und Hautzellen verlieren wir ständig.
Kann jeder Hund Personensuchhund werden?
Woidtke: Prinzipiell kann jeder Hund Spuren erschnüffeln. Aber es gibt speziell gezüchtete Tiere mit besonders vielen Riechzellen.
Als besonders geeignet gelten etwa der Deutsche Schäferhund mit etwa 220 Millionen Riechzellen - und der Bloodhound mit 250 bis 300 Millionen. Die sächsische Polizei setzt komplett auf diese Rasse. Für die Tiere spricht aus unserer Sicht auch, dass sie sehr ausdauernd sind und sehr konzentriert arbeiten. Bloodhounds sind fast schon autistisch. Komme, was wolle, der Hund läuft weiter und konzentriert sich auf seine Nasenarbeit.
Wie lange werden die Expertenschnüffler ausgebildet?
Woidtke: Bei uns müssen die Hunde eine dreijährige Ausbildung durchlaufen, ehe sie wirklich einsatzfähig sind. Die Arbeit beginnt mit Welpen, die für das Verfolgen leichter Spuren Knuddeleinheiten und Leckerli bekommen. Sie sollen dazu motiviert werden, eine fremde Person aus eigenem Antrieb finden zu wollen und sie daher konzentriert zu suchen.
Nach und nach wird die Schwierigkeit erhöht, die Spuren werden länger, es gibt Lärm und viel Verkehr, der ablenkt. Zur Abschlussprüfung müssen sie eine zwei Tage alte Spur über 2,5 Kilometer verfolgen. Diese Tests müssen sie jährlich neu bestehen. (dpa)