Feature zu BÄK-Wahlen
Jubel, als habe Hannover 96 ein Tor geschossen
Wahltag: Die Delegierten des Ärztetags haben den BÄK-Vorstand gewählt. Der Ablauf der Wahl war mit vielen Lachern garniert.
Veröffentlicht:FRANKFURT/MAIN. Donnerstag, 14. Uhr, Saal Harmonie, Frankfurt. Der Ehrenpräsident der Bundesärztekammer Professor Karsten Vilmar übernimmt die Sitzungsleitung.
Großes Raunen im Plenum, "so aufregend ist die Wahl doch auch nicht", wundert sich Vilmar, der von 1978 bis 1999 selbst BÄK-Präsident war und viele Wahl-Schlachten geschlagen hat. Heute ist er 84 und das waren noch ganz andere Zeiten.
Amtsinhaber Professor Frank Ulrich Montgomery wird als Präsident vorgeschlagen. Der Sitzungsleiter fragt, ob eine Vorstellung nötig sei. Wieder Raunen und Lachen. "Wir wollen die Abstimmung nicht lächerlich machen", mahnt Vilmar.
Keine Vorstellung gewünscht, alle Kandidaten sind bekannt. Auch Dr. Martina Wenker aus Niedersachsen und Dr. Max Kaplan aus Bayern als Bewerber um die Stellvertretung müssen nicht in die Bütt, um sich zu präsentieren, die Zeit drängt.
Über jeden Kandidaten wird einzeln abgestimmt. Die Abgeordneten schreiten zu den Urnen, gleich mehrere sind im Saal verteilt. Es herrscht eine lockere, entspannte Atmosphäre im Ärzteparlament. Nichts deutet darauf hin, dass die Delegierten irgendwelche Überraschungen erwarten würden.
Montgomery sitzt jetzt weit hinten im Saal, umlagert von Fotografen und Kamerateams. Er kennt diese Situation. Und er weiß, wie es ist, wenn man verliert.
Vor vielen Jahren war er Gegenkandidat von Professor Jörg-Dietrich Hoppe - und erntete eine deftige Klatsche. Das ist lange her. Und heute ist alles anders.
Vilmar verkündet das Ergebnis: 230 gültige Stimmen, 161 für Monty, das reicht, das ist besser als vor vier Jahren. "Nehmen Sie die Wahl an?", fragt Vilmar. Montgomery formt seine Hände zu einem Trichter und gibt die Antwort quer durch den Saal: Ja!
Donnernder Beifall bei Wenkers Wahl
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Weiter geht‘s. Vize Dr. Martina Wenker kandidiert für die Wiederwahl. Die gleiche Prozedur. Wenker hat 221 von 245 gültigen Stimmen erreicht, 90 Prozent Zustimmung, ein tolles Ergebnis, donnernder Beifall.
Die Delegierten aus Niedersachsen haben sich Minuten vorher im Halbkreis um die Ärztin geschart, sie jubeln, als habe Hannover 96 gerade ein Tor geschossen.
Dritter Durchgang: Dr. Max Kaplan tritt an, Chef der Kammer Bayern, der als BÄK-Vize bestätigt werden will. 237 gültige Stimmen, 209 mal Zustimmung, ein Sahne-Resultat, und ein donnerndes Ja aus der Tiefe des Raumes, der Mann lässt keinen Zweifel: Er will sein Amt antreten.
Jetzt wird es spannend: Zwei Kandidatinnen treten an für einen Posten, der etwas sperrig als "weitere Ärztin/weiterer Arzt in den Vorstand der BÄK" umschrieben ist. Amtsinhaberin Dr. Ellen Lundershausen, eine HNO-Fachärztin, verspricht, dass sie sich verstärkt darum bemühen wolle, die oft zerstrittene Ärzteschaft zusammenzuführen.
Auch Gegenkandidatin Dr. Susanne Johna zeigt ein glasklares Profil. Sie ist MB-Landesvorsitzende in Hessen und Oberärztin für Krankenhaushygiene in Rüdesheim. "Mit 49 Jahren hat man nicht mehr die Chance, ein Gremium wirklich zu verjüngen", stellt sie selbstkritisch fest und erläutert Motive für ihr Engagement. Am Ende gibt's donnernden Applaus. Das könnte eng werden für Lundershausen.
Und genau so kommt‘s auch: Lundershausen setzt sich äußerst knapp durch: 133 von 248 Stimmen, 113 erhält Johna.
Blessing wirft das Handtuch
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Die Spannung steigt. Johna tritt erneut an, denn es gibt zwei Vorstandsmitglieder in der Kategorie "Weitere Ärztin/weiterer Arzt".
Und zwei Gegner für Johna stehen bereit: Dr. Klaus Reinhardt, Hausarzt, Hartmannbund-Chef, Vize der KV Westfalen-Lippe. Und Dr. Susanne Blessing, "Hausärztin mit Leib und Seele" aus Tübingen.
Das Ergebnis: Reinhardt 112 Stimmen, Johna 102, Blessing 33, Reinhardt und Johna stellen sich erneut, Blessing wirft das Handtuch.
Die Auszählung zieht sich hin. Reinhardt benötigt 123 Stimmen - und exakt diese Anzahl an Stimmen erhält er auch. Jubel im Lager der Delegierten aus Westfalen-Lippe, Johna erhält 121 Stimmen, haarscharf geschlagen.
"Was Frau Johna gesagt hat, war doch sehr beeindruckend", hatte zwischenzeitlich Vilmar gelobt. Wer weiß, welchen Weg sie noch gehen wird.
Jetzt bittet er um Ruhe. Der dienstälteste aktive Delegierte Dr. Udo Kleinstäuber übernimmt die Verpflichtung des neuen Vorstands.
Er erläutert kurz seine berufliche Lebensgeschichte, erntet Beifall und Gelächter, als er einräumt, dass er zweimal sein Physikum gemacht habe.
Der Ärztetag erhebt sich, der neue Vorstand verpflichtet sich zu einer Amtsführung zum Wohle der deutschen Ärzteschaft. (fuh)