Neue Zahlen

Stark belastete Luft in 35 Städten

Inmitten der heftigen Debatte um die bestehenden Luftschadstoff-Grenzwerte hat das Umweltbundesamt neue Zahlen zur Belastung mit Stickstoffdioxid und Feinstaub vorgelegt. Wir zeigen, in welchen Städten 2018 dicke Luft herrschte und präsentieren die Daten aller Messstationen.

Thorsten SchaffVon Thorsten Schaff Veröffentlicht:
Die Diesel-Fahrverbote haben zu einer Debatte über die bestehenden Grenzwerte bei Luftschadstoffen geführt.

Die Diesel-Fahrverbote haben zu einer Debatte über die bestehenden Grenzwerte bei Luftschadstoffen geführt.

© fotohansel/stock.adobe.com

BERLIN. Seit Tagen hält die Debatte um den gesundheitlichen Nutzen von Luftschadstoff-Grenzwerten in Deutschland an.

Nicht nur Pneumologen sind sich uneins, ob die bestehenden Grenzwerte bei Feinstaub und Stickoxiden angemessen sind oder nicht – auch die Politiker offenbaren unterschiedliche Auffassungen.

Einen neuen Impuls für die Diskussion gibt nun das Umweltbundesamt (UBA), das am Donnerstag neue Zahlen zur Schadstoffbelastung in Deutschland veröffentlicht hat.

Die vorläufigen Daten beziehen sich auf das Jahr 2018 und umfassen die Werte von denjenigen UBA-Messstationen, die die Belastung automatisiert erfassen. Die endgültigen Zahlen aller 500 Stationen stehen nach UBA-Angaben erst im Mai zur Verfügung.

Die Schadstoff-Grenzwerte im Überblick

Stickstoffdioxid: In der EU gilt ein Jahresgrenzwert von 40 µg/m³. Das deckt sich mit der Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Feinstaub (PM2,5): Der EU-Grenzwert beträgt 25 µg/m³ (Jahresmittelwert). Die WHO empfiehlt 10 µg/m³.

Feinstaub (PM10): EU-weit gilt ein Jahresmittelwert von 40 µg/m³ (WHO empfiehlt 20 µg/m³). Bei den Tagesmittelwerten sieht die EU einen Grenzwert von 50 µg/m³ vor, der maximal an 35 Tagen (WHO-Empfehlung: drei Tage) überschritten werden darf.

(Quelle: Umweltbundesamt)

Die bisherigen Daten zeigen laut Umweltbundesamt, dass die Luft an vielen vielbefahrenen Straßen besser geworden ist. Die Belastung mit Stickstoffdioxid (NO2) habe 2018 im Vergleich zu 2017 abgenommen – im Mittel der verkehrsnahen Messstationen um etwa zwei Mikrogramm pro Kubikmeter.

Vor zwei Jahren hatten noch 45 Prozent der verkehrsnahen Stationen zu hohe Werte gemeldet, im vergangenen Jahr waren es nach einer Hochrechnung des UBA noch 39 Prozent.

Gründe für diesen Rückgang seien Tempolimits, Verkehrsbeschränkungen, mehr neue Autos und Software-Updates zur besseren Abgasreinigung bei älteren Diesel und das Wetter, so das UBA.

Dennoch betont UBA-Präsidentin Maria Krautzberger in einer Mitteilung: "Der Grenzwert (...) wird immer noch in vielen deutschen Städten überschritten. Das gefährdet die Gesundheit der dort lebenden Menschen. Die Hauptquelle ist der Straßenverkehr und hier vor allem die Diesel-Pkw mit zu hohen Realemissionen. Hier muss endlich angesetzt werden."

35 Städte überschreiten Stickstoffdioxid-Grenzwert

Bei der Stickstoffdioxid-Belastung haben mindestens 35 deutsche Städte den EU-weiten Jahresgrenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³) Luft im vergangenen Jahr überschritten. Die Stationen mit den hohen Werten befanden sich alle an Straßen mit hohem Verkehrsaufkommen, wie die neuen Daten zeigen. Betroffene Städte sind:

  • Baden-Württemberg: Freiburg, Heilbronn, Leonberg, Ludwigsburg, Mannheim, Reutlingen, Stuttgart (erhöhte Werte bei drei Messstationen), Tübingen
  • Bayern: Augsburg, München (bei zwei Messstationen), Nürnberg
  • Berlin: Bei fünf Messstationen
  • Hamburg: Bei vier Messstationen
  • Hessen: Darmstadt, Frankfurt/Main, Gießen, Hagen, Limburg, Wiesbaden (bei zwei Messstationen)
  • Niedersachsen: Hannover, Oldenburg, Osnabrück
  • Nordrhein-Westfalen: Aachen, Dortmund, Düsseldorf, Essen, Gelsenkirchen, Köln (bei zwei Messstationen), Leverkusen, Oberhausen, Wuppertal
  • Rheinland-Pfalz: Koblenz, Mainz
  • Sachsen: Leipzig
  • Schleswig-Holstein: Kiel

Der höchste Jahresmittelwert wurde in Stuttgart/Am Neckartor mit 77 µg/m³ gemessen – vor München/Landshuter Allee (66) und Stuttgart/Hohenheimer Straße mit 65 µg/m³ (siehe nachfolgende Grafik). 2017 hatten 65 Städte den Grenzwert überschritten.

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Insgesamt wurden erhöhte Jahresmittelwerte von 47 der bislang ausgewerteten 392 Stationen übermittelt. Hinzu kommen fünf Städte, die bei einer Messstation in ihrem Stadtgebiet einen Jahresmittelwert von 40 µg/m³ aufweisen, also somit exakt den Grenzwert abbilden. Das sind:

  • Bielefeld (NRW)
  • Dresden (Sachsen)
  • Halle (Sachsen-Anhalt)
  • Kassel (Hessen)
  • Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz)

Unsere nachfolgende Tabelle zeigt die gemessene Stickstoffdioxid-Belastung aller UBA-Messstationen, deren Daten aktuell zur Verfügung stehen.

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Entwarnung bei Feinstaub

Das Umweltbundesamt hat zudem die Feinstaub-Belastung ausgewertet und Daten zu den unterschiedlichen Partikelgrößen PM10 (maximaler Durchmesser 10 Mikrometer) und PM2,5 (maximal 2,5 Mikrometer) vorgelegt.

Bei den größeren Partikeln gibt es einen Erfolg zu vermelden: Im vergangenen Jahr wurde erstmals in keinem Ballungsraum und insgesamt nur an einer einzigen Messstation der EU-Grenzwert übertroffen.

Für PM10 gilt seit 2005 in der EU ein maximaler Tagesmittelwert von 50 µg/m³, der an 35 Tagen im Jahr überschritten werden darf. Bei der industrienahen Messstation in der Frydagstraße in Lünen (NRW) wurde 36 Mal ein höherer Tagesmittelwert gemessen.

Die nachfolgende Tabelle zeigt die Jahresmittelwerte der PM10-Belastung der zur Verfügung stehenden 362 UBA-Messstationen. Aufgeführt wird auch, an wie vielen Tagen der EU-Grenzwert überschritten wurde.

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Die Belastung mit PM2,5-Partikeln hielt sich nach Angaben der UBA ebenfalls in Grenzen. Der in der EU zulässige Jahresmittelwert beträgt 25 µg/m³. Nach den vorliegenden Zahlen wurde dieser Wert in keiner der ausgewerteten 158 Messstationen erreicht.

Wer wissen möchte, wie hoch die PM2,5-Belastung in der Messstation in seiner Umgebung war, wird in der nachfolgenden Tabelle fündig.

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 02.02.201913:03 Uhr

Neufassung: Umwelt-Messstationen in Dortmund fehlplatziert!

Die Messstation "Dortmund, Brackeler Straße - Die Station steht nordöstlich des Stadtkerns auf dem Parkstreifen einer stark befahrenen Straße. Das direkte Umfeld besteht aus drei- bis viergeschossigen Wohnhäusern; im Norden und Osten schließen sich auf den ehemaligen Hüttenanlagen der Fa. Krupp-Hoesch zahlreiche Gewerbegebiete an. Messkomponenten: NO, NO2, PM10, PM2,5, KW"
https://www.dortmund.de/de/leben_in_dortmund/umwelt/umweltamt/immissionsschutz/luft_luftreinhaltung/luftqualitaet/messstationen/index.html
ist fehlplatziert.

An dieser fahre ich seit Jahren mindestens 2-mal pro Woche direkt vorbei.

Entgegen den europäischen Vorschriften des Umweltbundesamtes (UBA)
"Grundsatz der Luftqualitätsüberwachung" (Anlage 3 A und B der 39. BImSchV)"..."Lage der Messstationen" (Anlage 3 C der 39. BImSchV)" ist die Messstation auf dem Parkstreifen, wo direkt Fahrzeuge an und abfahren, etwa 20 Zentimeter neben einer engen Straße und nicht auf dem Bürgersteig aufgestellt. Auf den Bürgersteig neben der Straße würde sie auch gar nicht passen, da dieser kaum breiter als die Messstation ist. Die Messstation blockiert damit einen Teil der Frischluft-Schneise von der vorher bis zu 6-spurigen (einschl. Linksabbieger-Spuren) Brackeler Straße, welche kurz vor der Messstation auf 2 Fahrspuren verjüngt wird. Infolgedessen kommt es regelmäßig zu einem Rückstau mit stehenden Fahrzeugen.

Das UBA schreibt dazu: "Lage der Messstationen
Neben dem Grundprinzip, am Ort der höchsten Belastung zu messen, macht die Richtlinie konkrete Vorgaben zum Abstand verkehrsnaher Messstationen zur nächsten Kreuzung, zum Fahrbahnrand, zu Gebäuden, zu den Anströmungsbedingen und auch zur Höhe der Messeinlassöffnung (dort wird die zu untersuchende Luft angesaugt). Demnach soll eine verkehrsnahe Station z.B. nicht weiter als 10 Meter vom Fahrbahnrand und mindestens 25 Meter entfernt von einer verkehrsreichen Kreuzung aufgestellt werden. Zusätzlich müssen jedoch auch Störfaktoren (z.B. Bäume, Balkone), Sicherheit, Zugänglichkeit, Stromversorgung und Telefonleitungen, Sichtbarkeit der Messstation in der Umgebung, Sicherheit der Öffentlichkeit und des Betriebspersonals bei der Standortwahl berücksichtigt werden. (Anlage 3 C der 39.BImSchV)"
https://www.umweltbundesamt.de/themen/luftmessnetz-wo-wie-wird-gemessen

Die von mir besichtigte, aktuell fotografierte und beschriebene Dortmunder "verkehrsnahe Messstation" ist wie im Foto dargestellt
m_1549024308.jpg
etwa 20 cm neben dem Fahrbahnrand und damit nicht zulässigerweise bis zu 10 Meter entfernt auf einem Bürgersteig aufgestellt. Sie belegt einen Parkstreifen, der unzweideutig dem Autofahrbereich und nicht dem Fußgängerbereich zuzuordnen ist.
Auf der Abbildung des Umweltamts der Stadt Dortmund lehnt zudem Sperrmüll (ein rotes Sofa) an der Messstation.

Im Gegensatz dazu: Die Messstation "Dortmund, Steinstraße -Die Station steht ca. 1 km nördlich des Dortmunder Stadtzentrums, ca. 6 m von einer vierspurigen Hauptverkehrsstraße entfernt. Zwischen Station und Fahrbahn befindet sich ein Taxi-Halteplatz. Das gesamte Stationsumfeld besteht aus Wohn- und Geschäftsgebäuden. Die B 54 verläuft in Nord-Süd-Richtung ca. 40 m westlich der Station. Messkomponenten: NO, NO2, PM10, SM, PAK, KW."
m_1549024571.jpg

Hier zeigt meine aktuelle Fotodokumentation: Diese Messstation erfüllt die UBA-Anforderung: "Demnach soll eine verkehrsnahe Station z.B. nicht weiter als 10 Meter vom Fahrbahnrand und mindestens 25 Meter entfernt von einer verkehrsreichen Kreuzung aufgestellt werden".

Auch dort fahre ich zu Hausbesuchen etwa 2-mal pro Woche entlang.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, Facharzt für Allgemeinmedizin Dortmund

PS.: Zunächst ist mir wegen der "Messstation Steinstraße" ein folgenschwerer Irrtum unterlaufen. Auf dem offiziellen Foto des Dortmunder Umweltamts war die Station unter Bäumen und Büschen gar nicht zu erkennen. Deshalb aktuelle Fotos von

Dr. Jürgen Feuerstein 01.02.201911:26 Uhr

Die Stadt München misst viel tiefere Werte und hat gute Gründe dafür!

https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-luft-stickoxid-1.4309304

Aber die Süddeutsche stellt natürlich auch gleich im Artikel fest, dass diese sehr positiven Messwerte zur falschen Zeit kommen und also nicht opportun sind.

Interessant ist auch zu sehen, wie sehr die Belastung in den vergangenen Jahren abgenommen hat: Seit 1190 von 2,8 auf 1,1 mln Tonnen. Die meiste Reduktion kam vom Verkehr. Nachzulesen beim Umweltbundesamt.

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