Luftschadstoffe

Internationale Lungenärzte befürworten Grenzwerte

Pneumologen vs. Pneumologen heißt es in der Debatte um Grenzwerte bei Luftschadstoffen. Nun haben sich auch internationale Lungenärzte in die Diskussion eingeschaltet - und klar Stellung bezogen.

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Auto-Abgase: Um die Grenzwerte für Stickoxide und Feinstaub ist eine heftige Debatte entbrannt.

Auto-Abgase: Um die Grenzwerte für Stickoxide und Feinstaub ist eine heftige Debatte entbrannt.

© Sebastian Gollnow / dpa

MÜNCHEN. Internationale Lungenfachärzte mischen sich in die von deutschen Pneumologen losgetretene Debatte um Grenzwerte für Stickoxide und Feinstaub ein.

Das Forum der Internationalen Lungengesellschaften (FIRS) stimme den nationalen deutschen Standards, den europäischen Standards und denen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nachdrücklich zu, heißt es in einer in der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Montag) veröffentlichten Stellungnahme.

Damit widersprechen sie der Gruppe deutscher Lungenfachärzte, die kürzlich den gesundheitlichen Nutzen der aktuellen Grenzwerte für Feinstaub und Stickoxide bezweifelt hat.

FIRS ist ein Zusammenschluss verschiedener internationaler pneumologischer Fachverbände. Angeführt wird er derzeit von Professor Tobias Welte von der Medizinischen Hochschule Hannover.

FIRS: Nicht nur die Lungen werden geschädigt

Die Schadstoffbelastung der Luft schädigt nach Einschätzung der Gruppe internationaler Fachärzte nicht nur die Lunge, sondern auch andere Organe und verschlechtere chronische Erkrankungen. Die Grenzwerte seien so gewählt, dass selbst für chronisch Kranke wesentliche negative Effekte auf die Gesundheit ausgeschlossen werden können.

„FIRS unterstützt deshalb nachdrücklich internationale Standards. Jede Aktivität für eine saubere Luft fördert die Gesundheit“, heißt es in der Stellungnahme.

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Grenzwerte angezweifelt

Eine Gruppe von Pneumologen um Professor Dieter Köhler, den ehemaligen Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), hatte in der vergangenen Woche die Debatte angestoßen, indem sie den gesundheitlichen Nutzen der aktuellen Grenzwerte bezweifelt.

Sie sähen keine wissenschaftliche Begründung, die die geltenden Werte rechtfertigen würden. Die Grenzwerte sind Grundlage für Dieselfahrverbote in einigen deutschen Städten.

Für Stickstoffdioxid gilt ein EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel. 65 deutsche Städte haben diesen Wert im Jahr 2017 überschritten, berichtet das Umweltbundesamt. 2016 waren es noch 90 Städte gewesen. Zahlen für 2018 will das Umweltbundesamt am 31. Januar präsentieren.

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Witt: 70.000 Publikationen liegen vor

Professor Christian Witt, Leiter des Arbeitsbereichs ambulante Pneumologie an der Berliner Charité sagte am Montag, die Luftschadstoffe gehörten zu den bestuntersuchten Substanzen.

Seit 30 Jahren werde ihre Wirkung erforscht, es lägen rund 70.000 wissenschaftliche Publikationen vor.

Die schädliche Wirkung sei belegt. Neue Studien kämen zu dem Schluss, dass es keinen Schwellenwert gebe unterhalb dessen, „der Kinderwagen guten Gewissens stehen“ könne, so Witt.

BdP: Das ist nicht die Meinung der Mehrheit!

Die Position der Gruppe um Köhler stehe in wesentlichen Teilen in deutlichem Widerspruch zu den von pneumologischen Fachgesellschaften und Berufsverbänden publizierten Stellungnahmen zur Relevanz von Luftschadstoffen für die Gesundheit, hieß es am Samstag auch vom Bundesverband der Pneumologen, Schlaf- und Beatmungsmediziner (BdP).

Die Einwände der 106 Pneumologen – aus einer Befragung von über 4000 Mitgliedern der DGP – repräsentierten keineswegs die Meinung der Mehrheit der deutschen Lungenärzte.

Laut einer aktuellen Onlineumfrage des Verbandes sehen mehr als drei Viertel der antwortenden Mitglieder in Stickoxiden einen Marker für schlechte Luft, der stellvertretend auch für die übrigen, oft wesentlich gefährlicheren Schadstoffe stehe.

Ein Großteil der Befragten sei der Ansicht, dass eine Diskussion über die Methodik von Studien nicht zu einer Bagatellisierung der Auswirkungen von Luftverschmutzung führen dürfe, hatte der BdP mitgeteilt. Vielmehr müsse die umstrittene Beweislage zu verbesserten Beweisen führen. (dpa/ths)

Lesen Sie dazu auch: Nurses’ Health Studies: Was hat Feinstaub mit der Prognose bei Brustkrebs zu tun?

Wir haben den Beitrag aktualisiert am 28.01.2019 um 15:03 Uhr.

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Kommentare
Dr. Bernhard Rudy 29.01.201900:43 Uhr

Kroteske Vernichtung von Lebensqualität

Es bleibt die Frage, warum der Bürger sich schon seit 30 Jahren mit immer strengeren Verhaltensregeln als Industrienation ins Abseits drängen läßt. Ist doch nun ein Punkt erreicht, wo die bürgerliche Bervormundung und Enteignung einen absoluten Höhepunkt erreicht, zu Gunsten aller benachbarter Wirtschaftsnationen. Das ist der eigentliche Skandal. Da werden Feinstaub und NOx ständig in einen Topf geworfen, CO2 fälschlicherweise als Treibhausgas beschrieben ohne zu reflektieren, was dieses Molekül tatsächlich für uns bedeutet. Huhn und Ei werden ständig verdreht. Grenzwerte an Arbeitsplätzen und sonstwo willkürlich festgelegt. Nichts passt zusammen und doch steigt die Lebenserwartung. Wasser- und Luftqualität haben sich dank Ingenieurstechnik signifikant verbessert. Und am Ende werden wir festellen, dass sich das Klima dennoch unaufhaltsam erwärmt und Deutschland mit seinem blinden Aktionsismus ins wirtschaftliche Abseits manövriert hat.
Niemand kann bis heute einen bedeutenden Einfluss der Menschen auf das Klima belegen - das ist Fakt! Und dennoch ist der Wirtschaftszweig der Umweltfanatiker wohl die stärkste Triebkraft in der Vernichtung von Wissen und Know-How und das unter dem Deckmantel akademischer Intelligenz. Ja es liegt an der mangelnden Verhältnismäßigkeit!

Dr.med. Jochen Barthel 28.01.201917:03 Uhr


In der ganzen Diskussion fällt mir auf, dass ich noch nie eine einschlägige Beschwerde gegen das anhaltende "Leerlaufdieseln" von zb Taxen im Stand- sommers und winters für die Klimaanlage- sowie wartende Busse (zB , Reiseunternehmen) ferner LKW, die bis stundenlang auf Be bzw Entladung warten, eine gewisse Gruppe Mitbürger, die mutwillig vollgasgebend tiefstes Schwarz aus Doppeauspuffrohren von zT 1ocm Durchmesser ausstoßen, offenkundig durh denTÜV kommen etc. etcetc gelesen habe.
Ich selbst beteilige mich ansonsten nicht an der von Menschen (Politik, Wirtschaft, "Wissenschaft.) gemachten Debatte, fahre einen Benziner und werde tot sein bevor man mir diesen Treibstoff verbietet. Die Japaner haben dsnn längst Wasserstoffantriebfahrzeuge ausgereift und ich bezweifle auch nicht, dass in den Schubladen anderer großer Autoproduzenten die Vorbereitungen längst fertig ! daliegen. Aber... das "Geschäft" ist ein .."weites Feld" Dr.Jochen Barthel

Dr. Andreas Schnitzler 28.01.201916:40 Uhr

Fundamentale Widersprüche?

2018 sagte Barbara Hoffmann, (Umweltepidemiologie, Düsseldorf): "Bereits kurzzeitig erhöhte Feinstaubwerte können durch die systemische Entzündungsreaktion und vermehrte Koagulationsbereitschaft Herzinfarkte, Schlaganfälle und eine erhöhte Sterblichkeit auslösen. (...) Aus gesundheitlicher Sicht sind die aktuellen Grenzwerte der Europäischen Union zu hoch, weil sie nicht effektiv vor gesundheitlichen Auswirkungen schützen. Eine Absenkung insbesondere für Feinstaub ist notwendig." (aerzteblatt.de vom 24. Mai 2018)

Wie anders soll man das verstehen, als quasi "AKUTE LEBENSGEFAHR", und das unter HEUTIGEN Grenzwerten?

Ist folglich die Aussage von Tobias Welte (s.o.) "negative Effekte auf die Gesundheit [seien damit] ausgeschlossen ...", etwa KEIN fundamentaler Widerspruch?

Liegen zwischen diesen beiden Aussagen aber – toxikologisch – nicht WELTEN? Üblicherweise vermindert man doch eine bekannt toxische Substanz um den Faktor 100, um zumindest einen akuten Schaden mit hinreichender Sicherheit auszuschliessen.

Wenn man weiters davon ausgeht, dass Schweizer Behörden nicht vollkommen unverantwortlich handeln, wenn sie die Obergrenze bei 6.000 µg/cbm festlegen (also eine "akut schädliche Konzentration" mutmaßlich erst ab einer Größenordnung von 600.000 sehen), über 40h/Woche (wie lange hält man sich wohl im Freien auf?), und in Innenräumen über einen erheblichen Zeitraum Konzentrationen bis mW 1.000 µg/cbm auftreten (das Umweltbundesamt (2007) empfiehlt ja sogar regelmäßige LÜFTUNG, quasi um "GESUNDE" (!) Luft hineinzulasssen, und die schadstoffreiche Innenluft (!) quasi zu verdünnen): wo kann da wohl eine VERNÜNFTIGE, OBJEKTIVE Grenze (jenseits anderer Erwägungen) liegen?

Hält also die Angabe "akuter Lebensgefahr" (Hoffmann) bei Einatmen der AUSSENLUFT (!) wirklich einer sachlichen Überprüfung stand?

Kann weiters die Angabe, 40µg/cbm sei eine "objektive", quasi unverrückbar feststehende UNTERGRENZE für die Toxizität, zutreffen?

Wenn sich schon "Experten" (Hoffmann vs. Welte) offensichtlich so fundamental widersprechen, weshalb darf Dieter Köhler (u.a.) dann nicht eine Überprüfung der WISSENSCHAFTLICHEN Datenlage fordern?

Dr. Thomas Georg Schätzler 28.01.201915:06 Uhr

Die "Internationale" der Pneumologie sollte auch das Kleingedruckte lesen!

Hier sollten die internationalen pneumologischen Fachverbände erst einmal prüfen, welche Luftschadstoffe wann, wo, warum und wie nach den vereinheitlichten Richtlinien EU-weit gemessen werden?

Vor allen Dingen, wo sie grundsätzlich n i c h t gemessen werden?
In der Nähe von Fabrik- und Produktionsanlagen, Kraftwerken (z.B. Braunkohle), Groß- und Schwerindustrie (Braunkohle-Tagebau, Automobil-, Rüstungs-Industrie, Energieanlagen- und Entsorungswirtschaft), landwirtschaftlichen Großbetrieben und Massentierhaltungen sind EU-weit extra keinerlei Mess-Stationen vorgesehen, um die tatsächlichen Umweltbelastungen vorsätzlich zu verschleiern. Vgl.
https://www.umweltbundesamt.de/themen/luftmessnetz-wo-wie-wird-gemessen

Feinstäube, Stickoxide, CO2 und andere Luft-Schadstoffe wie z.B. Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) oder Polychlorierte Biphenyle (PCB) in Umwelt, Wohn- und Arbeitsstätten, Raucherzonen, Verkehr, Industrie, Produktion, Land- und Energiewirtschaft führen nicht nur bei Hitze und anhaltender Trockenheit zu chronischer Bronchitis, Asthma, COPD und Schlimmerem.

Alle Umweltbelastungen führen zu Atem- oder anderen Krankheitproblemen, das bestreiten ernsthaft weder Haus- und Familien-Mediziner/-innen, noch Pneumologen, Pathologen und alle anderen Fachrichtungen. Doch alle Lebewesen werden nicht monokausal geschädigt und krank: (Straßen)Verkehr, Emissionen, Immissionen, Lärm machen nur einen Teil von krankheitsfördernden Risikofaktoren aus.

Aber weshalb müssen dann nur und ausschließlich Diesel-Straßenfahrzeug-Antriebe als Sündenbock herhalten? Unterschiedslos werden kleine Diesel-Motoren mit großvolumigen PKWs, SUVs, Protz-, Nutz-, Sonder-Fahrzeugen, LKWs nach den geltenden Prüf- und Aufgreif-Kriterien gleichgeschaltet.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Dr. Gert Krabichler 28.01.201912:10 Uhr

Traurige Diskussion

Es steht doch ausser Frage, dass wir alles tun müssen, um eine möglichst gesunde Umwelt zu schaffen! Aber es geht ebenso um die Verhältnismässigkeit! Die Diskussion zeigt, dass 2 "Glaubensbekenntnisse" aufeinandertreffen, wobei jede der Seiten wohl etwas Recht hat.
Wenn man die in diesem Beitrag gezeigten Daten sieht, dann hätte man schon vor 30 Jahren reagieren müssen, aber damals hatte man kaum brauchbare Messwerte. Heute sind alle gemessenen Parameter auf einem klaren Wege der Besserung, und mit den neuen Diesel- und anderen Motoren wird sich dies weiter reduzieren.
Verhältnismässigkeit ist angesagt! Und dies lässt sich klar begründen damit, dass die Lebenserwartung immer noch steigt, und dies durch technischen Fortschritt in allen Bereichen, und nicht durch politische Schaumschlägerei!

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