Welthungerhilfe
"Verborgener Hunger" macht Sorgen
Die Welthungerhilfe hat gute Nachrichten: In Entwicklungsländern sind heute deutlich weniger Menschen unterernährt als noch vor 25 Jahren. Sorgen macht den Experten der "verborgene Hunger."
Veröffentlicht:BERLIN. Die Zahl der Hungernden geht weltweit zurück. Als unterernährt gelten zwar immer noch etwa 805 Millionen Menschen. Im Vorjahr hatte die Zahl der chronisch Unterernährten allerdings noch bei 842 Millionen gelegen.
Die Welthungerhilfe wies am Montag bei der Vorstellung des Welthunger-Index 2014 darauf hin, dass der Hunger seit 1990 kontinuierlich abgenommen hat, und zwar insgesamt um 39 Prozent.
Einige Konfliktregionen und afrikanische Staaten mit sehr hohen HIV-Infektionsraten sind von diesem positiven Trend jedoch ausgenommen. Auf der Verliererseite listet der aktuelle Index den Irak, Swasiland, die Komoren und Burundi auf.
Zu den Gewinnern zählen unter anderem Panama, Ägypten, Thailand, Ghana, Mexiko und Vietnam.
HIV - Kernproblem in Burundi
In Swasiland ist geht die schwierige Lage nach Ansicht der Experten vor allem auf die extreme Verbreitung von HIV zurück. In dem kleinen Land im südlichen Afrika sind 26,5 Prozent der Erwachsenen mit dem Virus infiziert, die Infektionsrate ist höher als in jedem anderen Land.
Burundi wiederum finde nach einem jahrzehntelangen Bürgerkrieg erst langsam zu Frieden und politischer Stabilität zurück.
Im Irak, der wegen seiner Ölquellen ein potenziell reiches Land ist, wächst der Hunger vor allem wegen der andauernden Gewalt und des Zustroms syrischer Flüchtlinge.
Auch kritisieren die Experten die Qualität der Grundversorgung in dem arabischen Land, in dem ein großer Teil des Wirtschaftslebens staatlich kontrolliert ist.
Seit 1990 - dem Jahr der irakischen Invasion in Kuwait - hat sich der Anteil unterernährter Menschen an der irakischen Bevölkerung laut Welthungerhilfe mehr als verdoppelt.
Ihren Schwerpunkt legte die Welthungerhilfe in ihrem Bericht für 2014 auf die Mangelernährung, den sogenannten verborgenen Hunger.
Diese Art der Unterernährung, bei der zu wenig Vitamine und Mineralstoffe aufgenommen werden, um ein gesundes Leben zu führen, betrifft nach Schätzungen der Hilfsorganisation mehr als zwei Milliarden Menschen.
Bildungsgrad hat zentrale Bedeutung
Hauptfaktoren für diese Form der Mangelernährung, die zu einer erhöhten Kindersterblichkeit und einem geschwächten Immunsystem führen, sei vor allem Armut.
Große Bedeutung messen die Experten aber auch dem Bildungsgrad von Frauen bei, der Studien zufolge oft darüber entscheidet, ob eine Familie Wert auf nährstoffreiche Ernährung legt.
Der Welthungerhilfeindex berücksichtigt den Anteil der Unterernährten an der Bevölkerung, den Anteil untergewichtiger Kinder unter fünf Jahren und auch den Anteil der Kinder, die vor ihrem fünften Lebensjahr sterben.
"Der Kampf gegen Hunger und Mangelernährung muss im 21. Jahrhundert mit aller Konsequenz vorangetrieben werden. Ein Ende dieser Dimension menschlichen Leidens schafft Möglichkeiten für Millionen von Menschen ein gesundes und erfülltes Leben zu führen," betont Klaus von Grebmer, Forscher am International Food Policy Research Institute (IFPRI).
Die Welthungerhilfe gibt klare politische Handlungsempfehlungen. So fordert sie zum Beispiel, dass Staatsregierungen freiwillige Verhaltenskodizes in ihre nationale Gesetzgebung integrieren.
Dazu gehören etwa der Internationale Kodex für die Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten und die WHO-Empfehlungen zur Vermarktung von Lebensmitteln und alkoholfreien Getränken an Kinder.
Damit werde gewährleistet, dass die Bemühungen um gesunde Ernährung und empfohlene Fürsorgepraktiken nicht zielgerichtet durch Marketingstrategien unterwandert werden.
Die Einhaltung dieser Regeln sollte von den Regierungen durchgesetzt werden.
Die Welthungerhilfe fordert auch , dass Internationale Institutionen und Staatsregierungen Lebensmittelproduzenten, Anreize bieten, Produkte mit höherem Nährwert zu entwickeln. (dpa)