Drei Kugeln im Kopf

Vom Maidan in den Berliner OP

Für manche deutsche Ärzte sind die Geschehnisse um den Maidan Platz in der Ukraine nicht weit weg. Acht Verletzte kamen zur Behandlung nach Berlin. Einer von ihnen mit drei Schrotprojektilen im Kopf.

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Gennagyij M. (49) aus der Ukraine wurde bei den Protesten auf dem Maidan Platz in Kiew durch mehrere Schrotkugeln verletzt.

Gennagyij M. (49) aus der Ukraine wurde bei den Protesten auf dem Maidan Platz in Kiew durch mehrere Schrotkugeln verletzt.

© Mischa Moriceau / Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH

BERLIN. Gennagyij M. aus der Ukraine wurde bei Protesten auf dem Maidan Platz in Kiew verletzt. Ärzte des Vivantes-Klinikums in Berlin entfernten dem 49-Jährigen drei Schrotkugeln aus dem Kopf.

Am Mittwoch war er wieder für eine Entlassung genesen, teilte die Klinik mit. Das Erlebte bekomme er aber nicht so schnell aus dem Kopf.

Den Eingriff vor etwa einer Woche hat Dag Moskopp, Direktor der Klinik für Neurochirurgie, vorgenommen. Die Projektile wurden in der Ukraine zunächst nicht entdeckt. Die Wunden seien in einer Art Feldlazarett am Maidan genäht worden.

Beim Ziehen der Fäden berichtet Gennagyij damals: "Ich bekomme den Mund nicht mehr richtig auf, Herr Doktor." Die ukrainischen Ärzte entdeckten die Kugeln und schickten ihn mit einem Flugzeug der Bundeswehr nach Deutschland.

"Er hat großes Glück gehabt", sagt Moskopp. In Deutschland angekommen, wurde er direkt für die Operation vorbereitet. Die zwei Kugeln weiter oben im Schädel ließen sich gut entfernen. Das Projektil in der Nähe des Kiefers lag jedoch gefährlich nah am Gesichtsnerv.

Eine Gesichtslähmung drohte, so Moskopp. Der schwierige Eingriff unter Vollnarkose dauerte insgesamt drei Stunden. Der Arzt entfernte die Kugeln schließlich ohne Schäden am Nerv.

Behandlung wie am Fließband

Der Patient ist voller Dankbarkeit für die Ärzte in der Klinik und die Sanitäter der Bundeswehr im Flugzeug. Was er am 18. Februar gesehen hat, ließe ihn allerdings nicht mehr los: "Die Ärzte, die mich am Maidan behandelt haben, hatten die Hände voller Blut.

Ihnen rutschten deswegen immer ihre Telefone aus der Hand", berichtet Gennagyij. 30 Tische gab es am Versorgungspunkt, an dem er behandelt wurde. Nachdem seine Wunden versorgt gewesen seien, kam direkt der Nächste auf seinen frei gewordenen Platz.

Er habe noch geholfen, die Verletzten für die Ärzte auf die Tische zu legen. Alle 30 Sekunden trugen sie einen Neuen herein. Blendgranaten hätten die Leute hinweggefegt. Sprengladungen gefüllt mit Schrauben und Nägeln hätten ins Fleisch der Menschen geschlagen.

Untermalt sei alles von Gesängen und lauten Gebeten der Frauen und der Alten gewesen, die im Getümmel weiter hinten standen. Als er vor Erschöpfung den Ärzten nicht mehr helfen konnte, sei er mit einem Taxi nach Hause, um das Erlebte mit einem Glas Wodka runter zu spülen. Wer ihn an diesem Tag erwischt hat, wisse er wegen des Schocks nicht mehr genau.

Insgesamt 24 Verletzte rund um die Ausschreitungen auf dem Majdan Platz in Kiew wurden von der Bundeswehr nach Deutschland geflogen. Acht von ihnen werden in Berlin behandelt und zwei davon in Häusern von Vivantes, berichtete eine Sprecherin des Klinikkonzerns am Mittwoch.

Das Auswärtige Amt hat die Versorgung der Verletzten koordiniert. Die Kostenübernahme für deren Behandlung sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht geklärt, heißt es. (mh)

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