Nachwuchs-Psychotherapeuten
1000 Euro im Monat? Für jeden achten angehenden Psychotherapeuten nur ein Traum!
Eine Umfrage unter Psychotherapeuten in Ausbildung bringt Vergütungs-Missstände ans Licht. Schuld daran soll Corona sein, die Therapeuten sehen den Schwarzen Peter bei den Krankenkassen.
Veröffentlicht:Berlin.Laut dem neuen Psychotherapeutenausbildungsreformgesetz haben Psychotherapeuten in Ausbildung (PiA) seit 1. September 2020 unter anderem Anspruch darauf, während ihrer praktischen Tätigkeit 1 (PT 1) in Kliniken monatlich mindestens 1000 Euro brutto zu verdienen – bei einer Arbeitszeit von 26 Stunden.
Laut einer am Montag veröffentlichten, von der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV) durchgeführten Erhebung unter 523 aktuellen PiA sieht die Realität der Nachwuchstherapeuten in puncto Vergütung teils anders aus als vorgeschrieben.54 Prozent der Teilnehmer der nicht-repräsentativen, aber aussagekräftigen Befragung gaben an, genau die 1000 Euro pro Monat zu erhalten, 12 Prozent werden mit weniger abgespeist. Immerhin 34 Prozent der befragten PiA gaben an, mehr als 1.000 Euro Arbeitnehmerbrutto im Monat zu verdienen.
Nach Trägerschaft betrachtet, fällt auf, dass die privaten Krankenhausträger eine ambivalente Rolle einnehmen. Zwar bekommen 47 Prozent der in den Diensten privater Träger stehenden PiA mehr als die 1000 Euro im Monat, dafür führen die Privaten aber auch mit einem Anteil von 25 Prozent der Nachwuchstherapeuten, die unterhalb dieser Schwelle liegen. Bei den kommunalen Trägern bekommen Pia in 26 Prozent der Fälle mehr als 100 Euro monatlich, bei elf Prozent sind es weniger, die kirchlichen Träger zahlen zu 39 Prozent mehr als sie müssten und in sieben Prozent weniger.
Mindestens eine PT-1-Absage wegen fehlender Finanzausstattung
Die DPtV verweist darauf, dass neun Prozent der befragten PiA bekundeten, im Rahmen ihrer Bewerbungen für eine PT-1-Stelle mindestens eine Absage erhalten zu haben mit der expliziten Begründung, dass keine 1000 Euro für PiA-Stellen hätten verhandelt werden können. 67 Prozent der befragten PiA haben keine Absagen mit solcher Begründung erfahren.
Knapp 20 Prozent berichten, dass kein Grund bei der Absage angegeben worden sei. Die Differenzierung nach Klinik-Trägerschaft zeigt, dass die privaten Träger am seltensten Absagen mit der Verweis auf die Finanzlage erteilen.
Für den DPtV-Bundesvorsitzenden Gebhard Hentschel ist die Situation der PiA berufspolitisch unhaltbar. „Die Vergütung ist nach wie vor nicht angemessen für die wertvolle Arbeit, die PiA Tag für Tag in der stationären Versorgung leisten. Aber das Recht auf mindestens 1000 Euro muss wenigstens überall durchgesetzt werden!“, fordert er.
Therapeuten sehen Kasssen in der Pflicht
Hentschel erinnert in diesem Zusammenhang auch an die Rolle der Kassen, die er implizit in die Pflicht nimmt, den PiA-Missstand zu mildern. „Die Krankenkassen müssen den Kliniken die 1000-Euro-PiA-Vergütung refinanzieren. Es ist daher verwunderlich, warum einige Häuser nicht einmal die Mindestvergütung von 1000 Euro zahlen“, so Hentschel.
Stattdessen berichteten 41 Prozent der Umfrageteilnehmer, dass in ihrer Einrichtung seit Wirkung des Gesetzes sogar PiA-Stellen gekürzt worden seien. „Als Begründung wurde die Corona-Pandemie genannt, aber auch eine andere Rechtsauffassung als die Bundesregierung. Manche Klinik habe den bereits eingestellten PiA die 1000 Euro gezahlt, dann aber auslaufende Stellen nicht nachbesetzt“, ergänzt der DPtV-Bundesvorsitzende.
Abseits des akutenhandlungsbedarfs adressiert DPtV-Vorstandsmitglied Dr. Christina Jochim eine aus Sicht des Verbandes Vergütungs-Dauerbaustelle. „Die DPtV setzt sich schon lange für die faire Vergütung von PiA ein. Für uns ist klar: PiA arbeiten entsprechend ihrer Hochschulausbildung und sollten daher wie Akademiker bezahlt werden. „Sie übernehmen bereits hohe Verantwortung. 1000 Euro sind dafür nicht genug“, so Jochim.