Aktionsbündnis

7 Forderungen für mehr Patientensicherheit

Mehr Engagement der Krankenhaus- und Pflegeheimleitungen für die Patientensicherheit hat das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) eingefordert.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:

BERLIN. Mehr Engagement der Krankenhaus- und Pflegeheimleitungen für die Patientensicherheit hat das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) eingefordert. "Unerwünschte Ereignisse wie zum Beispiel eine Sepsis und ein Dekubitus gehören auf die Agenda der Führungsebene und der Aufsichtsräte", sagte APS-Vorsitzende Hedwig Francois-Kettner, Vorsitzende des Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. (APS) in Berlin. Derzeit seien den Kliniken allerdings Kosten wichtiger als die Patientensicherheit, kritisierte sie.

Erstes Weißbuch Patientensicherheit

Um dies künftig zu ändern, hat das APS zusammen mit dem Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) das erste "Weißbuch Patientensicherheit" entwickelt, das am Donnerstag in Berlin vorgestellt worden ist. Autor ist der Gesundheitsökonom und ehemalige Gesundheitsweise Professor Dr. Matthias Schrappe von der Universität Köln.

Bei ein bis zwei Millionen der rund 20 Millionen stationären Patienten treten "unerwünschte Ereignisse" auf. Das kann die Verwechslung von linkem und rechtem Bein ebenso sein wie eine Blutvergiftung oder die Ausbildung von Druckgeschwüren aufgrund von Pflegepersonalmängeln.

Vermeidbar seien bis zu 800.000 dieser Vorkommnisse. Hochgerechnet müsse mit rund 20.000 Toten im Jahr aufgrund mangelnder Patientensicherheit gerechnet werden. Das sei die wissenschaftlich gerade noch zu vertretende untere Grenze der möglichen Opferzahlen, sagte Schrappe.Wahrscheinlich seien es deutlich mehr.

DKG kritisiert begrenzte Mittel

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft forderte von den Kassen mehr finanzielles Engagement. "Wenn es um die Bereitstellung von Geld für Sicherheitseinrichtungen in den Krankenhäusern geht, stehen die Krankenkassen auf der Bremse", sagte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum. Ob Einstellung von Hygienebeauftragten oder Patientenbeauftragten oder der Installierung von Fehlermeldesystemen, überall würden nur begrenzte Mittel bereitgestellt.

Die Patientenbeauftragte der SPD-Fraktion Martina Stamm-Fiebich forderte die Einrichtung eines Härtefallfonds für Opfer unerwünschter Behandlungsereignisse. Maria Klein-Schmeink von den Grünen sprach sich für eine verpflichtende Qualitätsberichterstattung für alle Einrichtungen aus.

Weitere Forderungen des Aktionsbündnis Patientensicherheit sind die die systematische Einbindung von Sicherheitsthemen in die Ausbildung der Gesundheitsberufe, regelmäßige Trainings von Behandlerteams, das Einüben neuer Behandlungsmethoden und die verbindliche Teilnahme an einrichtungsübergreifenden Fehlermeldesystemen.

Dringend notwendig sei auch eine bundeseinheitliche Hygienerichtlinie mit verbindlichen Anforderungen an die Struktur- und Prozessqualität der Kliniken, sagte die Vorstandsvorsitzende des Verbands der Ersatzkassen Ulrike Elsner. Der Verband hat das Weißbuchprojekt finanziell unterstützt.

Die Forderungen zur Verbesserung der Patientensicherheit im Einzelnen

  1. Verantwortliche für Patientensicherheit in allen Organisationen des Gesundheitswesens einsetzen Dafür benötigen Kliniken, Pflegedienste, Arztpraxen, Medizinische Versorgungszentren (MVZ) etc. einen Verantwortlichen, der die erforderlichen Veränderungen anstößt, durchsetzt, koordiniert und dauerhaft begleitet. Dazu braucht es auch verbindliche gesetzliche Regelungen.
  2.  Hygiene in Krankenhäusern weiter verbessern Im Weißbuch wurde dazu das Konzept der "komplexen Mehrfachintervention", also die Kombination verschiedenster Maßnahmen entwickelt. Ein Drittel der jährlich über 400.000 Krankenhausinfektion (etwa 30.000 mit multiresistenten Erregern (MRE)) sei nämlich in erster Linie auf Hygienemängel zurückzuführen. Unter anderem müsse der Gemeinsame Bundesausschuss daher gesetzlich ermächtigt und verpflichtet werden, in Zusammenarbeit mit dem Robert Koch-Institut (RKI) eine bundeseinheitliche Hygiene-Richtlinie mit verbindlichen Mindestanforderungen zu entwickeln.
  3. Teilnahme an Fehlermeldesystemen ("Critical Incident Reporting Systems", CIRS) muss verpflichtend werden Um den größtmöglichen Nutzen für die Patientensicherheit zu erzielen, muss für die Krankenhäuser auch die Teilnahme an einrichtungsübergreifenden Fehlermeldesystemen verpflichtend werden.
  4. Deutsches Implantateregister für alle Beteiligten verbindlich machen Sämtliche Hochrisikomedizinprodukte, wie Herzklappen, Herzschrittmacher oder bestimmte Hörprothesen (Cochlea-Implantate) sollten darin erfasst werden.
  5. In der Aus- und Weiterbildung Patientensicherheit zum Thema machen Der Gesetzgeber ist gefordert, dafür den rechtlichen Rahmen zu schaffen. Die konkreten Ausbildungsinhalte müssen in den Aus- und Weiterbildungsordnungen der Ärzte- und Pflegekammern festgelegt werden.
  6. Patienten und Angehörige als aktive Partner mit einbeziehen Der G-BA ist gefordert, Richtlinien zu verabschieden, die die umfassende Aufklärung von Patienten – einschließlich der Erfassung ihrer Vorerfahrung in der Behandlung – verbindlich festlegen.
  7. Regelmäßige Patienten- und Angehörigenbefragungen durchführen Fragebögen wie sie das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) derzeit für Patienten mit Herzkatheter/Stent, schizotype Störungen sowie Nierenersatztherapie erarbeitet, müssen für weitere Erkrankungen und Behandlungen entwickelt und verbindlich eingesetzt werden. Die Ergebnisse müssen öffentlich dargestellt werden (Public Reporting). (Mitarbeit run)

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Vermeidbare Risiken

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