ELSA-Studie:
Abruptiones: Dichteste Versorgung mit Praxen im Osten
Befürworter liberaler Regeln für Schwangerschaftsabbrüche führen oft als ein Argument an, in bestimmten Regionen gebe es kaum Zugang zu Praxen, die diese Eingriffe anbieten. Forscher haben sich das jetzt genauer angeschaut.
Veröffentlicht:Berlin. Ungewollt schwangere Frauen haben in den östlichen Bundesländern den einfachsten Zugang zu Praxen, die Schwangerschaftsabbrüche anbieten. Eine Ausnahme bildet dabei Brandenburg, wie aus einer aktuellen Studie hervorgeht, die am heutigen Mittwoch vorgestellt wird. Im Westen zeigt die Untersuchung die dichteste Versorgung in Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen und die am wenigsten dichte in Rheinland-Pfalz, Bayern und Baden-Württemberg.
Laut der Studie leben 4,5 Millionen Menschen in Deutschland außerhalb einer „angemessenen Erreichbarkeit“ zum nächsten Angebot für einen Schwangerschaftsabbruch. Die 85 Landkreise, in denen das zutrifft, liegen demnach vor allem in Bayern, aber auch in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Als schlecht erreichbar bezeichnen es die Autoren der Studie, wenn eine Einrichtung, die einen Abbruch anbietet, nicht innerhalb von 40 Minuten mit einem Auto erreichbar ist.
Große Koalition hatte Studie in Auftrag gegeben
Die große Koalition aus Union und SPD hatte in der vergangenen Legislaturperiode die von einem Forschungsverbund erstellte ELSA-Studie in Auftrag gegeben. ELSA steht für „Erfahrungen und Lebenslagen ungewollt Schwangerer - Angebote der Beratung und Versorgung“.
Nach Paragraf 218 im Strafgesetzbuch ist ein Schwangerschaftsabbruch in Deutschland rechtswidrig. Er bleibt aber bis zur zwölften Schwangerschaftswoche straffrei, wenn es zuvor eine Beratung gab und ein Beratungsschein ausgestellt wurde. Zwischen Beratung und Abruptio müssen mindestens drei Tage vergehen. Die Empfehlungen einer von der Bundesregierung eingesetzten Kommission waren am Montag bekannt geworden. Sie empfiehlt eine Liberalisierung der bisherigen Gesetzgebung.
Schwangerschaftsabbruch
Abruptiones vor der Legalisierung?
Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen sind laut Studie gut erreichbar, allerdings seien sie zum Teil nicht gut vernetzt mit der medizinischen Versorgung. Umgekehrt beklagten demnach etliche Beratungsstellen, dass es in einigen Regionen zu wenige Praxen gebe. Häufiger kritisierten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Beratungsstellen auch, dass Abruptiones weiter über das Strafrecht geregelt würden.
Unter Leitung der Hochschule Fulda arbeiten das Sozialwissenschaftliche Forschungsinstitut zu Geschlechterfragen in Freiburg, die Hochschule Merseburg, die Freie Universität Berlin, die Hochschule Nordhausen und die Universität Ulm im Forschungsverbund mit an ELSA. Eine der Hauptverantwortlichen der Studie, Daphne Hahn, ist auch Mitglied der von der Bundesregierung eingesetzten Kommission. (KNA)