Korruptionsgesetz

Ärzte sezieren Kabinettsentwurf

Das Bundeskabinett hat das Korruptionsgesetz auf den Weg gebracht. Ärzteverbände, Industrie und Opposition haben immernoch einiges daran auszusetzen.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Gegen Korruption im Gesundheitswesen soll künftig strenger vorgegangen werden.

Gegen Korruption im Gesundheitswesen soll künftig strenger vorgegangen werden.

© Halfpoint / fotolia.com

BERLIN. Ärzteverbänden, der Industrie und Vertretern der Opposition im Bundestag ist der Regierungsentwurf des Gesetzes gegen Korruption im Gesundheitswesen nach wie vor nicht konkret genug.

Justizminister Heiko Maas (SPD) verteidigte die möglichen neuen Paragrafen im Strafgesetzbuch. Damit soll es künftig möglich sein, Bestechung und Bestechlichkeit von niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten zu ahnden.

Betroffen sind auch Apotheker und Angehörige von Heilberufen, die eine staatliche Ausbildung erfordern. Das Kabinett hat den Entwurf am Mittwoch ins parlamentarische Verfahren übergeleitet.

Die Entwürfe der neuen Paragrafen im Strafgesetzbuch sehen Strafen von bis zu drei Jahren Haft vor; werden Patienten geschädigt, von bis zu fünf Jahren.

Anträge auf Strafverfolgung können die KVen, die Kammern und die Kostenträger stellen. In Fällen besonderen öffentlichen Interesses sollen die Staatsanwaltschaften von sich aus tätig werden.

Korruption untergräbt Vertrauen

Korruption untergräbt das Vertrauen von Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen, sagte Heiko Maas."Wir werden nichts unter Strafe stellen, was heute als Kooperation erlaubt ist", sagte Maas. Die Ärzteschaft bleibt skeptisch.

"Die Abgrenzungen im Kabinettsentwurf sind zwar besser geworden, aber ich befürchte, es wird zu Verunsicherung kommen bei der Frage, wann beginnt Korruption?", sagte KBV-Chef Dr. Andreas Gassen im Anschluss an die Kabinettssitzung.

Für den Vorsitzenden des Hartmannbundes Dr. Klaus Reinhardt bestehen trotz positiver Ansätze "erhebliche Rechtsunsicherheit und das Bedürfnis nach Klarstellung " in Bezug auf bestimmte Kooperationsmodelle.

Schon seit der Vorlage des Referententwurfs dreht sich die Diskussion auch um die Berufsrechtsalternative. Zur Bestechung oder Bestechlichkeit soll ausweislich des Gesetzentwurfes auch die Verletzung der "berufsrechtlichen Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit" gehören können.

Dies sehen Juristen kritisch. In einem Gutachten für die Allianz Deutscher Ärzteverbände hatten die Juristen Professor Bernd Müssig und Rechtsanwalt Dr. Daniel Neuhofer die Streichung dieses Passus gefordert.

Die Regelung sei nicht verhältnismäßig. Die Allianz beschäftigte sich auf ihrer turnusmäßigen Sitzung am Mittwochnachmittag mit dem Gesetzentwurf. Ergebnisse lagen bis Redaktionsschluss noch nicht vor.

Gefahr einer "zersplitterten Regelungslandschaft"?

Auch der Justitiar des Verbands forschender Pharmaunternehmen, Dr. Uwe Broch, sieht die Berufsrechtsalternative kritisch. Trotz der Konkretisierung durch den Gesetzgeber bleibe der Rechtsbegriff der "heilberuflichen Unabhängigkeit" weit auslegbar.

Dies widerspreche der im Strafrecht geforderten hinreichenden Bestimmtheit von Strafnormen, sagte Broch der "Ärzte Zeitung". Da dabei auch die Berufsordnungen der Landesärztekammern eine Rolle spielten, bestehe die Gefahr einer "zersplitterten Regelungslandschaft".

Die Opposition forderte Verschärfungen. Nicht nur Bestechung und Bestechlichkeit, sondern auch Vorteilsnahme und -gewährung sollten eindeutig unter Strafe gestellt werden, sagte Kathrin Vogler von der Linken.

Wie ihre Kollegin Maria Klein-Schmeink von den Grünen forderte Vogler einen "Whistleblowerschutz" für Arzthelferinnen und Angestellte von Unternehmen, die korrupte Praktiken ihrer Arbeitgeber bei den Behörden anzeigten.

Für eine Kronzeugen-Regelung und Schwerpunktstaatsanwaltschaften zur Forcierung der Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden mit den Krankenkassen sprechen sich die Innungskrankenkassen aus.

Hier seien die Länder gefordert, sagte der Geschäftsführer des IKK-Verbandes Jürgen Hohnl.Kriminellen Machenschaftenseien besonders Pflegebedürftige ausgeliefert, monierte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz Eugen Brysch.

Die seien aber oft nicht in der Lage, im Zweifel nachhaken zu können. "Die Schwäche des Maas-Entwurfs besteht darin, dass Polizei und Staatsanwaltschaft in aller Regel nur auf Antrag ermitteln", sagte Brysch.

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