Kommentar
Ärzteversteher Gröhe? Der Härtetest kommt noch
Spätestens nach der gestrigen Eröffnung des 117. Deutschen Ärztetag ist klar geworden, dass Politik und Ärzteschaft die gesundheitspolitischen Probleme der Zukunft gemeinsam in Angriff nehmen wollen. Das ist nicht neu, war eigentlich auch so zu erwarten, dennoch erfreulich, wenn's ausgesprochen wird, und damit zumindest der (kleinste) gemeinsame Nenner gefunden ist.
Das Verhältnis zwischen dem Bundesgesundheitsminister und dem Präsidenten der Bundesärztekammer ist gut, die Chemie scheint zu stimmen, der Ton ist verbindlich. Und dennoch: Abgerechnet wird zum Schluss, dann, wenn aus den vielen Überschriften und Absichtserklärungen konkrete Gesetzesvorschläge werden. So verwunderte es auch nicht, dass beide Seiten zunächst bemüht waren, sich an den bekannten Problemen, Qualitätsinstitut, Wartezeiten-Management und Klinikfinanzierung abzuarbeiten.
Und dabei kamen die in den letzten Wochen fast gebetsmühlenartig vorgetragenen Bekenntnisse einmal mehr zur Sprache: Beim Qualitätsinstitut werden die Ärzte selbstverständlich mitreden können. Welche Rolle der GBA und andere Akteure spielen werden, bleibt ungewiss.
Bei den Wartezeiten weicht der Minister keinen Millimeter von seiner Linie ab, an den Servicestellen festzuhalten. Das war die über Bande gespielte Antwort auf die am Vortag von KBV-Vorstand Andreas Gassen erhobene Forderung nach mehr Flexibilität, im Sinne von: ,Ja, aber nur, wenn damit das Ziel im Koalitionsvertrag erfüllt wird, die Wartezeiten auf einen Facharzttermin deutlich zu reduzieren.‘
Und beim großen Thema Kliniken werden die Länder unter Beweis zu stellen haben, inwieweit sie bereit sind, etwa ihrer Investitions-Verantwortung gerecht zu werden. Das klingt nicht danach, dass der Bund in dieser Frage der "Haupttreiber" sein will. Dabei mag der Bundesminister wohl auch im Blick gehabt haben, dass Wünsche und Vorstellungen zwischen den Ländern zum Teil erheblich voneinander abweichen.
Beim Dauerbrenner-Thema GOÄ-Reform können die Ärzte wohl auf den Rückhalt des Bundesministers hoffen, weil auch er zugestand, dass eine Reform längst überfällig ist. Gröhe: Man erkenne Licht am Ende des Tunnels. Auch das ist nicht neu, gemessen an den Zusagen früherer Gesundheitsminister, die im festlichen Rahmen gerne zu solchen Zugeständnissen bereit waren.
Das gilt ebenso für die Weiterbildung, bei der Gröhe die Zusicherung nach einer stärkeren Unterstützung bekräftigte und darüber hinaus einen Masterplan 2020 zur Allgemeinmedizin in Aussicht stellte.
Auch wenn der Ton zwischen Politik und Ärzten freundlich ist, bleibt abzuwarten, ob das so bleibt, wenn konkrete Pläne auf dem Tisch liegen.