SARS-CoV-2
Amtsärzte und Hygieniker fordern Priorisierung
Angesichts eines drohenden Anstiegs der SARS-CoV-2-Inzidenz warnen Amtsärzte und Krankenhaushygieniker: Die knappen medizinischen Ressourcen müssten für Sinnvolles eingesetzt werden.
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Am Klinikum Vivantes in Berlin gibt es eine Abklärungsstelle Coronavirus. Krankenhäuser sollten „nicht durch Abklärungsaufgaben im Aufnahmebereich fehlbelastet werden“, warnen Klinikhygieniker und Amtsärzte.
© Jochen Eckel / picture alliance
Berlin. Amtsärzte und Krankenhaushygieniker haben vor einer „Überforderung des öffentlichen Gesundheitsdienstes“ angesichts wachsender Zahlen von SARS-CoV-2-Fällen gewarnt. Für Diagnostik und Versorgung müssten die Verdachtspersonen und Patienten faktisch triagiert werden, wie aus einer Stellungnahme vom Montag hervorgeht.
Darin sprechen sich die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) und der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD) dafür aus, dass stationär nur mehr „Patienten mit klinisch schwerer Verlaufsform“ aufgenommen werden sollen.
Die Krankenhäuser dürften „nicht mit dem Quarantänemanagement symptomloser oder symptomarmer COVID-19-Patienten überfordert und auch nicht durch Abklärungsaufgaben im Aufnahmebereich fehlbelastet werden“, fordern beide.
„In Kenntnis der aktuellen Entwicklungen der SARS-CoV-2-Ausbreitung müssen die Kräfte des ÖGD auf das Wesentliche konzentriert werden“, heißt es in der Stellungnahme. Die „personellen und strukturellen Ressourcen“ seien bereits „in der Frühphase der Epidemie in unserem Land erkennbar an ihre Grenzen gestoßen“.
Die Amtsärzte klagen seit Jahren über Nachwuchssorgen und Personalmangel in den Gesundheitsämtern. Die Nachverfolgung von Kontaktpersonen und das Quarantäne-Management sei mit dem vorhandenen Personal „kaum bewältigbar“. Davor hatte die BVÖGD-Vorsitzende Dr. Ute Teichert jüngst bereits im „ÄrzteTag“-Podcast gewarnt.
Massenhaftes Screening „unsinnig“
Diese Aufgaben müssten sich auf „besonders zu schützende Kontaktgruppen“ konzentrieren. Bei zunehmenden Erkrankungszahlen müsse sich die medizinische Versorgung zudem auf die schwer Erkrankten fokussieren.
„Es wird voraussichtlich ein Zeitpunkt kommen, an dem uns die Entwicklung zwingt, uns nur noch mit dem Wesentlichen zu befassen“, warnen DGKH und BVÖGD.
Daher müssten flächendeckend mobile und stationäre Abstrichzentren aufgebaut werden – wie dies bereits in immer mehr Regionen geschieht. Damit könnten Arztpraxen und Krankenhäuser entlastet werden.
Die DGKH zeigt sich zudem besorgt über das Risiko nosokomialer Infektionen, wenn Kliniken Aufgaben übernähmen, „die ambulant gelöst werden können“.
Abstriche für Tests auf das neue Coronavirus sollten laut DGKH und BVÖGD Verdachtspatienten selbst vornehmen. Zuerst hatte dies die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) empfohlen.
Die Krankenhaushygieniker und Amtsärzte sprechen sich außerdem gegen ein „massenhaftes Screening“ aus. Dies gehöre „ebenso zu den unnötigen Aktivitäten wie das Fieberscreening an Flughäfen oder Grenzkontrollen“.