Hausärzteverband
Angriff auf den freien Arztberuf – Hausärzte reden Tacheles
Klare Worte in Richtung GKV-Spitzenverband: Die Hausärzte fordern die Kassenseite auf, in Sachen Sprechzeiten einen Schritt zurückzutreten und das Hineinregieren in die Praxen zu unterlassen.
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Die Häusärzte wollen mit ihrem offenen Brief ein Zeichen setzen.
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BERLIN. Für den Hausärzteverband scheint die rote Linie endgültig überschritten. Nachdem Vertreter des GKV-Spitzenverbandes kürzlich angekündigt hatten, kein Geld für das geforderte Mehr an Sprechstunden locker machen zu wollen (wir berichteten), schießen die Hausärzte nun mit einem offenen Brief an den Kassenverband zurück. "Ihr Verband maßt sich zunehmend an, darüber bestimmen zu können, wie die Kolleginnen und Kollegen den Arbeitsalltag in ihren Praxen zu organisieren haben", moniert der Bundesvorsitzende des Hausärzteverbands Ulrich Weigeldt.
Dies betreffe nicht nur die Frage, wann Hausärzte Sprechstunden anbieten sollen, sondern auch jene, ab welcher Praxisgröße Hausärzte Leistungen an MFA delegieren dürfen. Dies sei ein Versuch, "den freien Beruf des Arztes zu normieren".
53 Wochenstunden
» erbringen Hausärzte im Schnitt,
» andere Selbstständige kommen auf nur rund 42 Stunden.
Die Kassen sollten sich lieber an die eigene Nase fassen und dafür sorgen, dass sie die "Kollegen in der Praxis nicht durch überbordende bürokratische Regularien" von der Patientenversorgung abhalten, so Weigeldt weiter in seinem Brief. Denn die zunehmende Bürokratie stellt für den Hausärzteverband ganz klar einen der Gründe dar, warum sich nach wie vor zu wenig junge Menschen für den Hausarztberuf entscheiden.
In dem Brief klingt aber auch einmal mehr die Empörung über den unterschwelligen Vorwurf von der Kassenseite, die Ärzte würden nicht genügend leisten, durch. "Auch jüngste Erhebungen zeigen, dass ein Hausarzt durchschnittlich 53 Stunden pro Woche arbeitet", stellt Weigeldt klar. Damit spielt er auf eine Analyse des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) an, in der das Zi auch ermittelt hatte, dass Vertragsärzte insgesamt mit im Schnitt 51,5 Wochenstunden deutlich mehr als andere Selbstständige arbeiten, die auf nur 42,3 Stunden pro Woche kommen.
Im Bestreben, sich hier als Interessenvertreter der Patienten zu profilieren, sieht der Hausärzteverband daher einen Versuch, Ärzte und Patienten gegeneinander auszuspielen. Ein Versuch, der sich laut Weigeldt mit der Versorgungsrealität beißt. Denn die Patienten erlebten "tagtäglich, wie die Krankenkassen bei notwendigen Leistungen, beispielsweise im Heilmittelbereich, auf ihre Kosten versuchen zu sparen."
Die Hausärzte wollen aber gar nicht dauerhaft auf Konfrontationskurs gehen: Es sei Zeit, "von Schuldzuweisungen abzusehen" und stattdessen innerhalb der Selbstverwaltung für bessere Rahmenbedingungen einzutreten, so Weigeldt. Zu den Stellschrauben zählen nach Verbandssicht in jedem Fall die Entbudgetierung typisch hausärztlicher Leistungen wie der Hausbesuche, Gesprächs- oder geriatrischer Leistungen. Das beinhaltet eine angemessene Vergütungshöhe für Hausbesuche. Denn auch das haben Abrechnungsdaten der KBV belegt: Im Schnitt werden zehn Prozent der ärztlichen Leistungen nicht vergütet. Außerdem sollten gemeinsam die Stärkung der Hausarztverträge sowie die Entbürokratisierung angegangen werden.
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