Schwer psychisch Kranke
Arbeit könnte viele wieder gesund machen
Wer psychisch schwer krank ist, hat auf dem Arbeitsmarkt kaum Chancen. Fachärzte haben jetzt eine Studie vorgelegt: Demnach fehlt es an guten Konzepten und einer besseren Verzahnung von Behandlung, Rehabilitation und Arbeitsmarkt.
Veröffentlicht:BERLIN. Akut-Behandlung und Rehabilitation sollten besser vernetzt werden, um Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen besser im ersten Arbeitsmarkt integrieren zu können.
Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Uni Leipzig. Professorin Steffi G. Riedel-Heller empfiehlt konkret, Patienten frühzeitig an einen Arbeitsplatz zu vermitteln und dann unbefristet zu begleiten.
"Für junge Erwachsene bedeutet eine entsprechende Diagnose ein Knick in der eigenen Erwerbsbiografie. Jeder Zweite von ihnen ist nicht mehr erwerbstätig, jeder Fünfte arbeitet in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung", sagte Dr. Iris Hauth, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (DGPPN), bei der Präsentation der Studie in Berlin.
Die DGPPN hatte gemeinsam mit dem Verein Gesundheitsstadt Berlin die Untersuchung in Auftrag gegeben.
Psychische Erkrankung bei rund 28 Prozent
Menschen mit einer psychischen Diagnose, einer Behandlungsdauer von mindestens zwei Jahren sowie bestehenden Beeinträchtigungen gelten als schwer psychisch krank.
Bis zu einer Million Erwachsene (ein bis zwei Prozent der Bevölkerung) sind in Deutschland davon betroffen. Rund 28 Prozent der Bevölkerung leidet an mindestens einer psychischen Erkrankung pro Jahr.
Für viele Betroffene aber ist es bislang kaum möglich, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Beispielsweise sind laut Studie nur etwa zehn bis 20 Prozent der Menschen mit einer schizophrenen Erkrankung europaweit erwerbstätig.
Etwa die Hälfte der frühzeitig berenteten Versicherten hatte im Jahr zuvor eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation wahrgenommen.
Arbeit ist zentraler Schlüssel
"Arbeit macht gesund und ist für viele Betroffene der zentrale Schlüssel zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben", sagte Ulf Fink, Vorstandsvorsitzender der Gesundheitsstadt Berlin.
Entscheidend sei, sich bei allen Vorhaben zur Wiedereingliederung auf den ersten Arbeitsmarkt zu konzentrieren, vermehrt Integrationsfirmen zu etablieren und umfassend über die Angebote zu informieren.
Zudem forderte Fink, unterstützende Maßnahmen zur Wiedereingliederung für diese Zielgruppe grundsätzlich zu entfristen.
Um Akut-Behandlung, Rehabilitation und Arbeitsmarkt besser zu verknüpfen, verweist Professorin Steffi G. Riedel-Heller auf das Verfahren des "Supported Employment" (SE).
Dieses setze anders als traditionelle Reha-Konzepte darauf, die Erkrankten zuerst in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln und dann durch spezialisierte Begleiter wie etwa "Job Coaches" unbefristet zu begleiten.
"Das Verfahren ist wirkungsvoller als übliche Berufsvorbereitungstrainings", sagte Riedel-Heller.
Fink verwies auf die "Rehabilitationseinrichtungen für psychisch Kranke" (RPK), die vertraglich sowohl von gesetzlichen Krankenkasse wie von der Deutschen Rentenversicherung getragen werden.