Hilfsorganisation schlägt Alarm
Arme haben öfter Diabetes
Armut und Ungleichheit erhöhen das Diabetesrisiko. Deutschland- und weltweit steigt die Zahl der Erkrankten. Höchste Zeit, das Thema beim G7-Gipfel kommende Woche anzupacken, fordert die Deutsche Diabetes Hilfe.
Veröffentlicht:BERLIN. Rund sechs Millionen Menschen sind in Deutschland an Diabetes Typ-2 erkrankt. Weltweit sind es 400 Millionen. Diabetes zählte 2014 zu den häufigsten Todesursachen. Nach Schätzungen der Internationalen Diabetes-Föderation wird die Zahl der Betroffenen bis zum Jahr 2035 ohne Präventionsmaßnahmen auf 600 Millionen Menschen steigen.
Die Kosten, die den Ländern durch die Zunahme chronischer Erkrankungen wie Diabetes entstehen, sind enorm. "Die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten sollten angesichts dieser Entwicklung während ihres Gipfels auf Schloss Elmau nicht nur über Ebola, sondern auch über Diabetes sprechen", betonte Professor Thomas Danne, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Diabetes Hilfe, im Vorfeld des G7-Treffens, das am Sonntag startet, in Berlin.
Armutsassoziierte Krankheiten im Fokus
Diabetes-Fakten
Rund 400 Millionen Menschen sind weltweit an Diabetes Typ 2 erkrankt, in Deutschland gibt es mehr als 6 Millionen Betroffene.
Etwa 612 Milliarden US Dollar werden zur Bekämpfung von Diabetes ausgegeben – das entspricht elf Prozent aller weltweiten Gesundheitsausgaben.
Mehr als 70 Prozent der weltweiten Typ-2-Diabetesfälle könnten durch eine gesunde Lebensweise verhindert oder verzögert werden, schätzt die Internationale Diabetes-Föderation.
Besonders brisant ist Danne zufolge das erhöhte Diabetesrisiko für sozial benachteiligte Personen. Bewohner sozial schwacher Regionen haben ein um zwanzig Prozent erhöhtes Risiko, an Diabetes Typ-2 zu erkranken.
Sind beispielsweise im brandenburgischen Bad Belzig beinahe 14 Prozent der dort lebenden Personen an Diabetes erkrankt, sind es im Hamburger Stadtteil Blankenese lediglich 4,3 Prozent, berichtete Danne.
Die beste Arznei gegen Diabetes ist nach Ansicht des Präventionsexperten Dr. Ellis Huber "Bildung, Beteiligung und Gemeinschaftskultur". So seien Strategien zu Hause, in der kommunalen Gemeinschaft, am Arbeitsplatz oder in der Schule am besten geeignet, an die Menschen heranzukommen.
Zugang zu Migranten schwer
"Die unteren sozialen Schichten erreichen wir nicht mit Broschüren oder Vorträgen, sondern in ihrer Lebenswelt", ergänzte die SPD-Bundestagsabgeordnete Helga Kühn-Mengel. Der Zugang zu Migranten, die besonders häufig in prekären Umständen leben und von armutsassoziierten Erkrankungen betroffen sind, sei besonders schwer, sagte Dr. Gottlobe Fabisch, vom Verband der Diabetesberatungsberufe.
Seit Herbst 2014 erprobt ihr Verband im Rahmen eines Modellprojekts, ob sich die Gesundheit von Migranten durch Gespräche vor Ort verbessern lässt. Dabei suchen Berater die Migranten mit einem Infomobil auf.
Die Deutsche Diabetes Hilfe setzt sich gemeinsam mit der Allianz nicht-übertragbarer Erkrankungen für Verbrauchssteuern für ungesunde Lebensmittel ein. "Am Beispiel des Rauchens haben wir gelernt, dass wir den Menschen nicht immer alles selbst überlassen können", so Danne.
Weitere Kernforderungen des Verbands sind ein Marketingverbot für an Kinder gerichtete Lebensmittelwerbung, verpflichtende Qualitätskriterien für Schulernährung und eine Stunde Sport pro Tag an Schulen.