Anwendungsbeobachtung

Arznei-Kommission rät Ärzten von Teilnahme an AWB ab

Keine Teilnahme mehr an Anwendungsbeobachtungen der Pharmaindustrie. Das rät die Arzneikommission den Ärzten. Die Industrie betont hingegen den Nutzen dieses Instruments.

Veröffentlicht:

Berlin. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) rät Ärzten von der Teilnahme an Anwendungsbeobachtungen (AWB) ab. In einer im „Deutschen Ärzteblatt“ veröffentlichten Stellungnahme von Professor Wolf-Dieter Ludwig, Professor Klaus Lieb und Dr. Giesela Schott bewerten die Autoren die wissenschaftliche Qualität der meisten AWB als „schlecht“.

Als Gründe geben sie an: Oftmals ließen sich die untersuchten Fragestellungen gar nicht mit dem Design einer AWB beantworten. Zudem sei die Stichprobengröße in diesen nicht-interventionellen Studien oft zu klein, um seltene Nebenwirkungen zu entdecken.

Weitere Monita aus Sicht der AkdÄ: Ergebnisse von AWB würden nur selten publiziert, die Vergütungen für die Teilnahme dagegen seien „oft unangemessen hoch“ (Dtsch Arztebl 2020; 117(27-28): A-1380 / B-1180).

AWB führt zu häufigerer Verordnung

Die Autoren verweisen zudem auf eine jüngst erschienene Studie. Die Autoren um Dr. Cora Koch (Klinik für Neurologie und Neurophysiologie der Universitätsklinik Freiburg) zeigen auf, dass an AWB teilnehmende Ärzte signifikant häufiger den untersuchten Wirkstoff verordnen als die Kontrollgruppe.

Die Ergebnisse knüpften damit an frühere Untersuchungen an, in denen die aus AWB resultierenden Interessenkonflikte aufgezeigt werden (PLOS Medicine 17(6): e1003151).

Von Anwendungsbeobachtungen zu unterscheiden seien Post-Authorisation Safety Studies (PASS) sowie Post-Authorisation Efficacy Studies (PAES). In einer PASS werden nach der Zulassung Informationen zur Sicherheit eines Arzneimittels gesammelt oder die Wirksamkeit des Risikomanagements gemessen. Bei einer PAES handelt es sich um Studien der Phase IV, mit der Wirksamkeitsdaten, die zum Zeitpunkt der Zulassung vorlagen, ergänzt werden sollen.

Die AkdÄ rät Ärzten, die an solchen Studien teilnehmen, sich an der Gebührenziffer 85 („Vergütung für eine schriftliche gutachterliche Äußerung mit einem das gewöhnliche Maß übersteigenden Aufwand“) zu orientieren. Dabei solle ein Stundensatz von 75 Euro nicht überschritten werden.

AWB auch von Behörden gefordert

Die Pharmahersteller verweisen hingegen auf den Nutzen von AWB und darauf, dass sie teils sogar regulatorisch gefordert sind. „Wir halten Anwendungsbeobachtungen für ein sinnvolles Instrument“, sagte der Sprecher des Verbands forschender Arzneihersteller (vfa), Jochen Stemmler, am Donnerstag der „Ärzte Zeitung“.

Stemmler: „Auch die Zulassungsbehörden setzen sie ja in einigen Fällen voraus. Deshalb vertrauen wir darauf, dass Ärztinnen und Ärzte sehr gut selbst beurteilen können, ob sie eine Anwendungsbeobachtung hilfreich finden und ob sie daran teilnehmen wollen.“

Der Herstellerverband FSA, die Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie, verwies darauf, dass AWB „für Unternehmen und Zulassungsbehörden ein unverzichtbares Instrument für die Arzneimittelforschung“ seien. Bei AWB sollten sich die Hersteller an die Grundprinzipien der Compliance halten: Trennung, Transparenz, Dokumentation und Äquivalenz. (eb)

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Zentrale EU-Zulassung

EMA-Ausschuss spricht sieben positive Empfehlungen aus

Welche Endpunkte sind patientenrelevant?

Patientenrelevanz: Ein Kommentar aus juristischer Sicht

Kooperation | In Kooperation mit: AbbVie Deutschland, DAK Gesundheit, MSD Sharp & Dohme, Novo Nordisk, Roche Pharma, vfa und Xcenda
Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Manchmal kommt Künstliche Intelligenz ziemlich abstrakt daher. Doch es gibt zunehmend auch konkrete Anwendungen, sogar für Arztpraxen.

© 3dkombinat - stock.adobe.com

Praxisorganisation

Mit KI zu mehr Entlastung fürs Praxisteam

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Der Empfang der Gynäkologen-Praxis in Gütersloh: Vor allem die starke Patientinnenbindung überzeugte am Ende das MVZ, das die Praxis erwarb.

© Andreas Peters

Praxismanagement

Privatpraxis abzugeben? Das lässt sich regeln!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Finanzdienstleister MLP
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Bald nicht nur im Test oder in Showpraxen: Auf einem Bildschirm in der E-Health-Showpraxis der KV Berlin ist eine ePA dargestellt (Archivbild). Nun soll sie bald überall zu sehen sein auf den Bildschirmen in Praxen in ganz Deutschland.

© Jens Kalaene / picture alliance / dpa

Leitartikel

Bundesweiter ePA-Roll-out: Reif für die E-Patientenakte für alle

Figuren betrachten eine Blatt mit einer Linie, die zu einem Ziel führt.

© Nuthawut / stock.adobe.com

Tipps für die Praxis

So entwickeln Sie Ihre Arztpraxis strategisch weiter

Betritt unbekanntes Terrain: CDU-Politikerin und designierte Bundesministerin für Gesundheit Nina Warken.

© Bernd Weißbrod/dpa

Update

Überraschende Personalie

Eine Juristin wird Gesundheitsministerin: Das ist Nina Warken