Neue Koalition in Bremen

Auf dem Weg zum legalen Cannabiskonsum

Die Zukunftsaufgabe der neuen Koalition aus SPD und Grünen in Bremen: Investieren bei 20 Milliarden Euro Schulden. Auch ein umstrittenes Projekt zum Thema Cannabis steht auf dem Plan.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Der designierte Bremer Regierungschef Carsten Sieling (l. SPD) bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages.

Der designierte Bremer Regierungschef Carsten Sieling (l. SPD) bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages.

© Wagner/dpa

BREMEN. Weitreichend in der Gesundheitspolitik dürften zwei Vorhaben sein: Bremen plant ein Pilotprojekt zum straffreien Cannabiskonsum, und das Krankenhaus Bremen Ost (KBO) verliert Teile seines Leistungsspektrums.

Außerdem soll mit der neuen Gesundheitssenatorin Dr. Eva Quante-Brandt (SPD) auch das Ressort neu zugeschnitten werden; es umfasst nun Wissenschaft und Gesundheit. Die Koalition verfügt über nur 44 von 83 Sitzen in der Bürgerschaft.

Bei der Versorgung von Klinikpatienten will Bremen stärker mit Niedersachsen zusammenarbeiten. Das haben SPD und Grüne in ihrem Koalitionsvertrag bekräftigt. Aber die Bremer Landesregierung erwartet auch, dass sich Niedersachsen an den Investitionen im kleinsten Bundesland beteiligt.

"Das gilt vor allem aktuell für den Bereich der Geburtshilfe", heißt es in der Vereinbarung. "Rund 30 Prozent aller Bremer Krankenhauspatienten kommen aus dem Niedersächsischen Umland", sagt Stephanie Dehne, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion.

Tatsächlich haben mehrere Kreißsäle im Bremer Umland in den zurückliegenden Monaten ihre Pforten geschlossen, ebenso wie die Geburtshilfe am Bremer Klinikum Mitte. Die werdenden Mütter sind zur Geburt deshalb in andere Bremer Kliniken gegangen.

OPs und Intensivstation schließen

Während die Bremerhavener Kliniklandschaft erhalten werden soll inklusive einer Level-2-Neonatologie am städtischen Klinikum Reinkenheide, wollen die Koalitionäre das Leistungsspektrum des traditionsreichen Klinikums Bremen Ost (KBO) offenbar auf Psychiatrie, Geriatrie und die neurologische Frührehabilitation reduzieren.

"100 Millionen Euro würde es kosten, allein das KBO in Schuss zu bringen," begründet Roland Pahl, Landesgeschäftsführer Bremer SPD, den Schritt. Die Grundversorgung in der Stadt Bremen soll durch die anderen drei Standorte der Bremer Klinikholding "Gesundheit Nord" erbracht werden.

OPs und die Intensivstation des KBO würden dann geschlossen werden, auch auf die Notaufnahme soll verzichtet werden. Bis Ende des Jahres soll ein entsprechender Plan fertig sein. Die vier Standorte müssten im Sinne des Ganzen kooperieren, bekräftigten die Koalitionäre.

Hintergrund dürfte auch der Teil-Ersatzneubau des Klinikums Bremen Mitte (KBM) sein. Er wird am Ende voraussichtlich rund 300 Millionen Euro verschlungen haben. An anderen Standorten muss gespart werden.

Außerdem sollen in Bremen zielgruppenorientierte medizinische Angebote gestärkt werden, etwa mit Dolmetschern für ausländische Patienten (die der Bund bezahlen soll) oder durch die "zügige Einrichtung eines medizinischen Zentrums für erwachsene Behinderte im Land Bremen", wie es im Vertrag heißt.

Psychisch kranke Patienten sollen stärker ambulant versorgt werden. "Wir unterstützen die Entwicklung eines Modellprojekts Psychiatrie in Bremerhaven, das den Ansatz verfolgt, schwer und chronisch kranke Menschen ambulant und gegebenenfalls auch aufsuchend in ihrem Lebensumfeld zu behandeln", so der Vertrag.

Auch den seelischen Belastungen am Arbeitsplatz soll mittels des "Runden Tisches Psyche" begegnet werden.

Nur für den Eigengebrauch

Für Aufmerksamkeit sorgt die Absicht, ein Cannabis Modellprojekt zu starten. "Unser Ziel ist es, dass der bloße Besitz von Cannabis zum Eigengebrauch nicht mehr strafrechtlich verfolgt wird", heißt es im Koalitionsvertrag.

"Natürlich schauen wir auch nach Berlin, wo ein ähnliches Projekt läuft", sagt Dehne, "Bremen wäre dann das erste Bundesland, in dem ein Cannabis-Pilotprojekt läuft."

Neue Gesundheitssenatorin wird Dr. Eva Quante-Brandt (SPD). Die promovierte Pädagogin wird ein erweitertes Ressort aus Wissenschaft und Gesundheit leiten. Der bisherige Gesundheitssenator Hermann Schulte-Sasse (parteilos) legt aus Altersgründen sein Amt nieder.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Begrenzter Spielraum

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