KV Baden-Württemberg
Auf dem Weg zur regressfreien Zone
Zwei Jahre haben die Vorarbeiten gedauert: Im Juni startet das Projekt "Rationale Pharmakotherapie" der KV Baden-Württemberg. Probleme bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung sollen dann passé sein.
Veröffentlicht:STUTTGART. Die KV Baden-Württemberg treibt ihr Vorhaben weiter, das Ländle zu einer regressfreien Zone zu machen.
"Im Mai werden wir in der Vertreterversammlung den Start des Projekts ‘Rationale Pharmakotherapie spezifischer Krankheitsbilder' (RPK) verkünden", sagte KV-Chef Dr. Norbert Metke im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".
Im Juni sollen dann auf der Webseite der Prüfgremien in Baden-Württemberg, der Arbeitsgemeinschaft Wirtschaftlichkeitsprüfung, die ersten Behandlungsleitfäden veröffentlicht werden, und zwar zu den Krankheitsbildern Osteoporose, Schmerz, Hepatitis C und Demenz. Diese seien mit den Kassen konsentiert, sagte Metke.
"Ärzte, die analog zu diesen evidenzbasierten Leitfäden verordnen, sind in der Regel per se in diesen Indikationen wirtschaftlich", betonte der KV-Chef.
Erstmals zähle nicht mehr der Preis, sondern die Wirtschaftlichkeit orientiere sich an der medizinischen Evidenz und der Qualität der Therapie, erläuterte Metke.
Keine Angst vor teuren Präparaten
In einer geplanten Kooperation mit der KBV sollen zwölf weitere Indikationen hinzukommen, kündigte Metke.
Das schon seit 2013 betriebene Projekt RPK solle den Ärzten "die Angst vor dem indikationsgerechten Einsatz - auch teurer Medikamente nehmen", hatte Dr. Peter Schwoerer, unparteiischer Vorsitzender der ARGE Wirtschaftlichkeitsprüfung seinerzeit der "Ärzte Zeitung" erklärt.
Unterdessen hat die KV an anderer Stelle im Dialog mit den Krankenkassen weniger Erfolg gehabt. Bereits im Oktober 2013 hatte Metke zuerst der eigenen Vertreterversammlung und dann Kassenmanagern ein alternatives Modell zur Steuerung von Patienten im Kollektivvertrag vorgestellt.
Im Kern schlägt die KV eine stärker primärärztliche Steuerung sowie finanzielle Selbstbeteiligung der Patienten vor - vergeblich: "Alle Versuche, die Kassen für ein solches System zu gewinnen, sind fruchtlos geblieben", sagte Metke.
Die KV argumentiert, angesichts der demografischen Entwicklung und der steigenden Zahl chronisch kranker Patienten könne die Versorgung künftig nicht mehr sichergestellt werden, wenn sich nicht die Strukturen ändern.
Stattdessen versprächen die Kassen ihren Versicherten weiter "eine unbegrenzte Flatrate-Mentalität", so Metke. Doch diese Form des Kollektivvertrags werde nicht mehr finanzierbar sein.
Neues Förderprogramm startet
Um Zukunft, nämlich die des Sicherstellungsauftrags, geht es dem KV-Vorstand beim neuen Förderprogramm "Ziel und Zukunft", dessen Statut die Vertreterversammlung am 25. Februar in Stuttgart beschlossen hat. Die KV will dazu Praxisneugründungen, -übernahmen und die Einrichtung von Praxisfilialen massiv fördern.
Für eine Neugründung oder Übernahme kann ein Arzt bis zu 60.000 Euro erhalten. Haus- und fachärztliche Nebenbetriebsstätten können mit bis zu 40.000 Euro gefördert werden. Die Anstellung eines Arztes kann mit bis zu 1000 Euro monatlich unterstützt werden.
Die KV hofft, dass sich die Kassen "substanziell" an den Kosten beteiligen - ähnlich wie beim Notdienst, der in diesem Jahr von den Kassen mit zwölf Millionen Euro kofinanziert wird.
Der KV-Vorstand rechnet im ersten Jahr nach dem Start des Programms mit Kosten von 2,7 Millionen Euro, in den darauf folgenden Jahren 1,1 Millionen Euro. Angezapft werden soll dafür der Strukturfonds, in denen die Kassen hälftig einzahlen müssen.
Im ersten Schritt müssten mit den Kassen die von Unterversorgung bedrohten Regionen definiert werden.
Dann will die KV auf die betroffenen Kommunen zugehen und fragen: "Wie beteiligt Ihr Euch, damit wir wieder einen Haus- oder Facharzt in den Ort bekommen?", kündigte Metke an.