BfArM
Bescheid für Sterbewillige haftet Makel an
Das BfArM sieht die Seriosität seiner Arbeit in Gefahr. Bescheide für Sterbewillige erfolgten „nach Weisung“.
Veröffentlicht:BERLIN. Das Gesundheitsministerium weigert sich, ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts umzusetzen. Das hatte 2017 entschieden, dass Menschen in Ausnahmefällen tödlich wirkende Medikamente erwerben können. Voraussetzung ist ein unerträgliches Leiden. In der zuständigen Behörde werden Bedenken laut.
127 Anträge von Sterbewilligen auf Überlassung einer tödlichen Dosis sind seither beim zuständigen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingegangen. Dort müssen die Anforderungen trotz der Anweisung aus dem Gesundheitsministerium Fall für Fall geprüft werden.
Der Bundestag hatte Ende 2015 ein Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe verabschiedet. Dieser Beschluss ist umstritten. Sterbehilfevereine und Ärzte zogen vor Gericht. Derzeit ist das Bundesverfassungsgericht damit befasst. Klagende Patienten gehen davon aus, dass sie wegen einer Krankheit in absehbarer Zeit selbstbestimmt sterben wollen. Ihr Recht darauf leiten sie aus ihrer Menschenwürde und Handlungsfreiheit ab.
Die Strafandrohung greife in dieses Recht ein, weil dies sie im Ergebnis daran hindere, für ihren Wunsch die Hilfe fremder Dritter in Anspruch zu nehmen, argumentieren sie. Schwerstkranke fühlten sich alleingelassen, monierte auch der SPD-Fraktionsvize Professor Karl Lauterbach. Im Ministerium wolle man vor weiteren Schritten das Urteil aus Karlsruhe abwarten, sagte ein Sprecher am Mittwoch der „Ärzte Zeitung“.
Aus einem internen E-Mail-Verkehr des BfArM geht hervor, dass die Bearbeitung der Anträge als sinnlos und zeitraubend eingeschätzt wird. Sinnlos deshalb, weil Jens Spahn vor Jahresfrist erlassen habe, dass der Staat nicht zum Suizidhelfer werden dürfe. 93 Ablehnungen gab es bislang. 24 Antragsteller sind im Laufe der Verfahren gestorben.
Egal, ob das BfArM nun inhaltlich prüfe und Versagungsbescheide begründe oder auch nicht: Die Bescheide würden ab nun mit dem Makel behaftet sein, dass sie – anstelle einer ordentlichen Prüfung – nach Weisung erfolgten, formulierte der Leiter der Bundesopiumstelle in einer Mail an den BfArM-Chef. Der Wortlaut der Mail wurde der „Ärzte Zeitung“ am Mittwoch vom BfArM bestätigt. Der Berliner „Tagesspiegel“ hatte zuerst berichtet. (af)