Entscheidung ist gefallen

Bundestag legt Sterbehilfevereine an die Kette

Mit klarer Mehrheit votiert der Bundestag für ein Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe. Spannend wird die Rechtsanwendung dieses Gesetzes werden.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Die Sterbehilfe in Deutschland wird neu geregelt.

Die Sterbehilfe in Deutschland wird neu geregelt.

© dpa

BERLIN. Geschäftsmäßige Sterbehilfe wird in Deutschland verboten: Mit einem überraschend klaren Ergebnis hat der Bundestag am Freitagmittag einem Gesetzentwurf zugestimmt, der organisierte, also auf Wiederholung angelegte, Sterbehilfe untersagt.

Im neuen Paragrafen 217 Strafgesetzbuch heißt es künftig: "Wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."

Gegen diesen Gesetzentwurf stimmten in der dritten Beratung 233 Abgeordnete, neun enthielten sich. Der Entwurf der Abgeordneten Michael Brand (CDU) und Kerstin Griese (SPD) hatte sich bereits in der zweiten Lesung mit 309 Stimmen klar gegen die anderen drei Gesetzentwürfe durchgesetzt.

Der Entwurf von Peter Hintze (CDU) und Carola Reimann (SPD), mit dem der ärztlich assistierte Suizid gesetzlich geregelt werden sollte, erhielt 128 Stimmen. Für den liberalen Entwurf von Renate Künast (Grüne) und Petra Sitte (Linke) stimmten 52 Abgeordnete, für den sehr konservativen Antrag von Patrick Sensburg und Thomas Dörflinger 37 Stimmen. 70 Parlamentarier enthielten sich in der zweiten Lesung.

Inkrafttreten nach Verkündigung

Damit hat am Freitag eine mehr als 18-monatige Diskussion ihr - vorläufiges - Ende gefunden. Das "Gesetz zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung" wird am Tag nach der Verkündigung in Kraft treten.

In einer mehr als zweieinhalbstündigen Debatte standen insbesondere die befürchteten Folgen des Gesetzes für Ärzte im Mittelpunkt. Abgeordnete wie Lisa Paus (Grüne) warnten, das Strafrecht habe beim Thema Sterbehilfe nichts zu suchen.

Juristen wie Katarina Barley (SPD) wiesen darauf hin, dass Staatsanwaltschaften auch bei nur einmaliger Sterbehilfe durch einen Arzt nach dem Gesetz ermitteln müssten. Das wurde von anderen Rednern in Abrede gestellt. Nicht Ärzte stünden im Zentrum des Gesetzes, sagte der CDU-Abgeordnete Michael Frieser, sondern "aggressive Sterbehilfevereine".

"Übergriff des Staates"

Dem widersprach etwa Dagmar Wöhrl (CDU) und betonte, Bürger empfänden ein Verbot der organisierten Sterbehilfe als "illegitimen Übergriff des Staates". Sie bezweifelte, dass Abgeordnete überhaupt das Recht hätten, "ohne Not" in die Entscheidung Todkranker einzugreifen.

Kai Gehring (Grüne) stellte in Abrede, dass es überhaupt Gefahren gebe, auf die der Gesetzgeber reagieren müsse. "Sie wollen Herrn Kusch treffen", sagte Gehring mit Blick auf den Verein "Sterbehilfe Deutschland". Tatsächlich schwäche das Gesetz aber alle diejenigen Menschen, die Sterbende begleiten, so Gehring.

Hingegen betonte Elisabeth Scharfenberg, die für den Entwurf von Brand/Griese votierte, in der Sterbebegleitung tätige Ärzte blieben auch künftig straflos. Sie warnte, Suizidbeihilfe dürfe nicht zur gleichberechtigten Option neben anderen werden.

Gegenläufig zu dem Bundestags-Beschluss ist die von Demoskopen erhobene Meinung der Bürger zu diesem Thema. Dazu hat Emnid im Auftrag des TV-Senders N24 am 4. November 1000 Bürger befragt. In der repräsentativen Befragung sprachen sich 52 Prozent für die Möglichkeit eines ärztlich assistierten Suizids aus.

Zusätzlich fanden 37 Prozent der Befragten, dass es außer Ärzten auch nicht-kommerziellen Vereine erlaubt sein sollte, Sterbehilfe zu leisten. Nur acht Prozent der Befragten waren für ein grundsätzliches Verbot von Sterbehilfe - so, wie es am Freitag vom Bundestag beschlossen wurde.

Lesen Sie dazu auch: Sterbehilfe: So denken BÄK und Co. über die Entscheidung

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Rechtsfrieden gesucht

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