Arbeitsmarktreserve schrumpft stetig
DAK: Pflegekräfte in Niedersachsen werden knapp
Die geburtenstarken Jahrgänge gehen bald in Rente. Das bedeutet für Niedersachsen: Das Pflegepersonal wird knapp, während die Zahl der Pflegebedürftigen steigt. Das hat Folgen.
Veröffentlicht:Hannover. Die Babyboomer, die geburtenstarken Jahrgänge von 1955 bis 1970, gehen bald in Rente – das verschärft die Personalnot in der Pflege in Niedersachsen massiv. In den kommenden zehn Jahren müsse landesweit mehr als jede fünfte Pflegekraft (22,1 Prozent) ersetzt werden, ergab der Pflegereport der DAK-Gesundheit. Das sei etwas mehr als im bundesweiten Durchschnitt, der bei 21,9 Prozent liege. In Bremen ist der Ersatzbedarf mit 26,5 Prozent am höchsten. Im vergangenen Jahr arbeiteten in Niedersachsen rund 110.000 Menschen in Pflegeberufen.
Gleichzeitig schlagen die Wissenschaftler des Freiburger Sozialforschungsinstituts AGP, die den Landespflegereport im Auftrag der DAK erstellt haben, wegen der schrumpfenden sogenannten Arbeitsmarktreserve Alarm. Das bedeutet: Für 2025 werden den Angaben zufolge rund 900 Renteneintritte erwartet, denen etwa 3.600 Berufseinsteiger gegenüberstehen. 2027 dürften es der Untersuchung zufolge gut 3.300 Berufseinsteiger bei erwarteten 2.150 Renteneintritten sein, rechnerisch gäbe es dann eine Reserve von knapp 1.200 Arbeitskräften.
Ausbau der Personalkapazität nicht mehr möglich
2030 schließlich wird sich diese Reserve demnach noch einmal halbieren – dann sollen den gut 3.300 Berufseinsteigern über 2.700 Renteneintritte gegenüberstehen. Die Folge: Ein Ausbau der Personalkapazität in der Pflege werde nicht gelingen, nicht einmal mit Wiedereinsteigern, Zuwanderung und Qualifizierung, sagte Studienleiter Professor Thomas Klie. Nach Angaben der DAK-Gesundheit ist in Niedersachsen aber immerhin kein Kipppunkt absehbar, an dem mehr Pflegekräfte in Rente gehen als neue nachkommen.
„Wir stehen in Niedersachsen vor einer großen Herausforderung beim Personalbedarf an Pflegekräften“, sagte DAK-Landeschef Dirk Vennekold. „Trotz anderslautender Versprechen sehen wir keine Entlastung für die Pflegenden und keine Reserven für den demografischen Wandel.“ Er forderte eine „grundlegende Reform der Pflegeversicherung“.
Parallel wächst die Zahl der pflegebedürftigen Menschen kontinuierlich, der tatsächliche Bedarf an Pflegekräften dürfte also weitaus größer sein als der Ersatzbedarf, wie der Report ergab. In den nächsten 25 Jahren dürften bundesweit rund 2,3 Millionen Menschen mehr als heute auf Pflege angewiesen sein, warnte Klie. Bis 2050 dürften es der Studie zufolge rund 7,5 Millionen Menschen in Deutschland sein – 2022 waren es etwa 5,2 Millionen Menschen.
Pflegepersonal gesundheitlich stark belastet
Auch gesundheitliche Belastungen des Pflegepersonals trieben das System an Grenzen, mahnte Vennekold. Vor allem Erkrankungen des Bewegungsapparates und psychische Belastungen sorgten dafür, dass Beschäftigte in Pflegeberufen in der Altersgruppe ab 58 Jahren auf durchschnittlich 53 Fehltage kämen. In den anderen Berufsgruppen seien es in dem Alter durchschnittlich 33 Fehltage. Im vergangenen Jahr lag der Krankenstand in der Pflege bei 7,2 Prozent – der landesweite Durchschnitt über alle Berufsgruppen betrug demnach 5,6 Prozent. (dpa)