Versorgungsstärkungsgesetz

Der Gesetzgeber schärft den Sicherstellungauftrag

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Termin-Vermittlung bei Fachärzten soll eine Aufgabe der Terminservice-Stellen von KVen werden.

Termin-Vermittlung bei Fachärzten soll eine Aufgabe der Terminservice-Stellen von KVen werden.

© Michaela Illian

Die bei den KVen umstrittenen Terminservice-Stellen sollen kurzfristig realisiert werden. Die Gestaltungsmöglichkeiten für Medizinische Versorgungszentren werden ausgeweitet. Die Instrumente bei Überversorgung werden geschärft: durch eine Sollvorschrift zum Aufkauf von Praxissitzen durch KVen.

BERLIN. "Der Sicherstellungsauftrag nach Paragraf 75 Absatz 1 umfasst auch die angemessene und zeitnahe Zurverfügungstellung der fachärztlichen Versorgung."

Mit einer Begründung beginnt eine Rechtsbestimmung, die die Kassenärztlichen Vereinigung dazu verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des Versorgungsstärkungs-Gesetzes Terminservicestellen einzurichten. Sie können in Kooperation mit den Kassen auf Landesebene betrieben werden.

Die Terminservice-Stelle muss dem Versicherten bei Vorliegen einer Überweisung zum Facharzt innerhalb einer Woche einen Behandlungstermin vermitteln. Keine Überweisung ist notwendig bei der geplanten Inanspruchnahme von Augenärzten, Frauenärzten und Kinderärzten.

Wartezeit maximal vier Wochen

Die Wartezeit auf den Behandlungstermin darf vier Wochen nicht überschreiten. Außerdem muss die Entfernung zwischen dem Wohnort des Versicherten und der Facharztpraxis zumutbar sein.

Kann die Terminservicestelle keinen Behandlungstermin bei einem niedergelassenen Facharzt vermitteln, dann muss sie einen ambulanten Behandlungstermin in einem zugelassenen Krankenhaus anbieten, es sei denn, die Behandlung ist aus medizinischen Gründen innerhalb von vier Wochen nicht erforderlich.

Ist generell aus medizinischen Gründen eine Behandlung durch einen Facharzt binnen vier Wochen nicht erforderlich, so muss die Terminservicestelle einen Behandlungstermin "in einer angemessenen Frist" vermitteln.

Innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes müssen im Bundesmantelvertrag folgende Regelungen getroffen sein:

 - zum Nachweis des Vorliegens einer Überweisung.

- zur zumutbaren Entfernung zwischen Wohnort des Versicherten und Facharztpraxis, differenziert nach Facharztgruppen,

- in welchen Fällen kein medizinisch begründeter Fall vorliegt,

All diese Regelungen gelten nicht für die psychotherapeutische Behandlung. Hier gilt zwar auch die Pflicht zu einer zeitnahen Versorgung, aber die Terminservice-Stellen werden keine Behandlungstermine bei Psychotherapeuten vermitteln.

Neue Regeln für Notfallversorgung

Im gleichen Paragrafen will der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen für die Notfallversorgung weiterentwickeln. Der Hintergrund: In der Praxis finde die ambulante ärztliche Versorgung außerhalb der Sprechstundenzeiten nicht innerhalb des von den KVen organisieren Notdienstes statt, sondern an den Notaufnahmen der Krankenhäuser. Die Neuregelung soll dem Patientenverhalten Rechnung tragen und dem Bedürfnis der Vertragsärzte nach Entlastung von Bereitschaftsdiensten entgegen kommen.

Generell behalten die KVen den Sicherstellungsauftrag für den Notdienst; sie sind zur Kooperation mit Kliniken verpflichtet. Dadurch sollen Doppelstrukturen abgebaut werden.

 Funktionstüchtige Notfallversorgungssysteme vor Ort sollen dadurch nicht beeinträchtigt werden. Ferner soll die Kooperation mit den Leitstellen des Rettungsdienstes verbessert werden, vor allem weil die zunehmende Inanspruchnahme des Rettungsdienstes zu unnötigen Kosten führt.

Eine gemeinsame Leitstelle für den Rettungsdienst und den vertragsärztlichen Notdienst, wie dies in mehreren Regionen schon erfolgreich praktiziert werde, könne einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass im Einzelfall die richtige Versorgungsebene in Anspruch genommen wird.

Erleichtert wird die Bildung Medizinischer Versorgungszentren. Sie müssen künftig nicht mehr aus Ärzten verschiedener Fachrichtungen bestehen; es kann also reine Hausarzt-MVZ geben. Ferner bekommen die Kommunen ein Recht, MVZ zu gründen und diese in Form eines Regie- oder Eigenbetriebs zu betreiben.

Verschärft werden die Regeln der Bedarfsplanung, insbesondere mit dem Ziel, existierende oder drohende Unterversorgung abzuwenden. Deshalb wird in Paragraf 100 Absatz 2 klargestellt, dass schon dann gut versorgte Gebiete als überversorgt eingestuft werden müssen, wenn in anderen Regionen in absehbarer Zeit Unterversorgung droht.

Umstritten: Praxissitz-Aufkauf

Besonders heftig kritisiert werden von der KBV, den KVen und Ärzteverbänden die verschärften Regeln zum Aufkauf von Arztsitzen; hier ist aus der bisherigen Kann-Regelung eine Soll-Regelung geworden - sie lässt also immer noch einen gewissen Ermessensspielraum.

Der Gesetzgeber begründet dies damit, dass bislang von der Option, Praxissitze aufzukaufen, nur sehr sehr Gebrauch gemacht worden ist.

Ausgeschlossen ist der Aufkauf eines Praxissitzes dann, wenn er innerhalb der Familie oder an einen Nachfolger weitergegeben werden soll, der schon mindestens drei Jahre Partner in der Praxis ist. (HL)

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