Auskunftsfreudiger Minister
Der Patient Gröhe
Die Wandlung des Hermann Gröhe: Auf einer Veranstaltung vor 600 Ärzten in Düsseldorf präsentiert sich der Bundesgesundheitsminister schlagfertig, sattelfest und witzig - anders als bislang gewohnt.
Veröffentlicht:DÜSSELDORF. Hermann Gröhe ist ein Patient wie jeder andere. Der Bundesgesundheitsminister geht zweimal im Jahr zum Allgemeinarzt und zum Zahnarzt. Er ist gesetzlich versichert und hat eine private Zusatzversicherung.
Seine Blutgruppe kennt Gröhe nicht. Er besitzt einen Organspenderausweis und hat eine Vorsorgevollmacht, aber keine Patientenverfügung verfasst. Zur präventiven Darmspiegelung war der Minister noch nicht - mit 53 Jahren hat er dafür aber auch noch ein bisschen Zeit.
Bei "Düsseldorf IN - Ärzte im Gespräch" von Signa Property Funds Deutschland und der Deutsche Apotheker- und Ärztebank bleibt der CDU-Politiker keine Antwort schuldig. Gerade wenn es um die gesundheitspolitische Agenda der Bundesregierung geht, erleben rund 600 Ärzte einen schlagfertigen und thematisch sattelfesten Minister.
Gröhe lässt sich beim Schlagaustausch mit dem Journalisten Dr. Wolfram Goertz von der "Rheinischen Post" auch durch besserwisserisch wirkende Nachfragen nicht aus der Ruhe bringen.
"Manchmal ein Fortschrittsmotor"
Die geplanten Regelungen für die Terminvergabe beim Facharzt sind dem Fragensteller ein besonderer Dorn im Auge. Eigentlich gebe es keine Probleme in den Praxen der niedergelassenen Ärzte, sondern höchstens verwöhnte und zu anspruchsvolle Patienten. "Es ist Jammern auf höchstem Niveau", so Goertz.
"Das ist manchmal ein Fortschrittsmotor", kontert der Minister. Schließlich habe die Auseinandersetzung über die Vier-Wochen-Frist oder die Service-Hotline bei den Kassenärztlichen Vereinigungen schon viel Bewegung ins Thema gebracht. Die KV Sachsen habe bereits damit begonnen, einen Termin-Service einzurichten.
"Eine unsinnige Politiker-Idee hat dazu geführt, dass man plötzlich mit Ideen kommt." Niemand bestreite mehr, dass es Probleme bei den Terminen gibt, er selbst wisse es aus eigener Erfahrung.
Der Interviewer äußert Verständnis dafür, dass niedergelassene Ärzte Privatversicherten eher einen Termin geben, weil sie für diese Patienten ja auch mehr Geld bekommen.
Da ist er beim Bundesgesundheitsminister an der falschen Adresse. "Wer gutes Geld bei der gesetzlichen Krankenkasse abgibt, der sollte auch das Gefühl haben, gut behandelt zu werden."
Er weist darauf hin, dass Ärzte mit einer Mischkalkulation arbeiten. Bevor er in die Politik ging, war er freiberuflich als Anwalt tätig, berichtet Gröhe. "Ein Düsseldorfer Arbeitsrechtler kann bei jedem dritten Mandanten sagen: Bei dem zahle ich zu. Aber am Ende des Monats wird er nicht klagen."
Qualitätsinstitut - weder MDK noch TÜV
Auch wenn es um das neue Qualitätsinstitut geht, hält der Minister die bisherige Aufregung für übertrieben. Das Institut sei weder ein Ersatz für den MDK noch ein neuer TÜV, sagt er.
Seine Aufgabe solle es sein, Qualitäts-Maßstäbe zu entwickeln, die der Gemeinsame Bundesausschuss zur Grundlage für seine Entscheidungen machen kann. "Diese Arbeit machen heute Einzelinstitute, wir wollen sie auf solide wissenschaftliche Füße stellen", erläutert er.
Natürlich gebe es mit Blick auf die Versorgungsqualität in den Kliniken keinen Grund, Alarm zu schlagen, sagt Gröhe. Das heiße aber nicht, dass es keinen Verbesserungsbedarf gibt. Bei einem Verwandten, der in einer Universitätsklinik behandelt wurde, seien auf der Wand hinter dem Kopfkissen Blutspritzer gewesen, berichtet Gröhe.
"Ich finde, dass ich das im Land von Robert Koch nicht sehen möchte."
Für Gröhe ist klar: Im Gesundheitswesen steht Deutschland im internationalen Vergleich gut da. "Der Ehrgeiz sollte sein: Vielleicht können wir noch besser werden."