Unaids
Deutlicher HIV-Anstieg in fast 50 Ländern
In fast 50 Ländern steigt die Zahl der HIV-Neuinfektionen – in manchen drastisch. Auf der Welt-Aids-Konferenz in Amsterdam beraten Experten in dieser Woche, wie sich der Trend aufhalten lässt.
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Auf der Welt-Aids-Konferenz werden die Entwicklungen analysiert: Die Epidemie nimmt weiter zu.
© [M] JuSun / Getty Images / iStock
AMSTERDAM. Das Ziel der Vereinten Nationen war von Anfang an ehrgeizig: Bis zum Jahr 2030 solle die globale Aids-Epidemie beendet werden, hatte sich das UN-Programm gegen Aids (Unaids) im Jahr 2014 vorgenommen.
Inzwischen ist Ernüchterung eingekehrt, es gibt Rückschläge. Rund 18.000 Wissenschaftler, Aktivisten, Patienten und Politiker beraten seit Montag in Amsterdam, wie das Ziel doch noch zu erreichen ist.
Die 22. Welt-Aids-Konferenz ist das weltweit größte Expertentreffen zu der Immunschwäche. "In benachbarten Ländern und in Regionen weltweit sehen wir erneut, dass die Epidemie weiter zunimmt", warnte die Präsidentin der Internationalen Aids-Gesellschaft, Linda Gail-Bekker, im Vorfeld.
Unter dem Motto "Barrieren durchbrechen, Brücken bauen" sollen bis Freitag nicht nur neue Therapien diskutiert und wissenschaftliche Neuheiten vorgestellt werden, etwa beim Entwickeln eines Impfstoffes.
Ein Schwerpunkt liegt auch auf den Rechten der Patienten. Im Zentrum steht etwa die Frage, wie man besonders gefährdeten Gruppen überall auf der Welt Zugang zu Tests und Therapien verschaffen kann.
Zahl der Neuinfektionen nimmt zu
Insgesamt sind rund 37 Millionen Menschen mit dem Virus infiziert, die meisten leben in Afrika. Fast 60 Prozent von ihnen seien derzeit in Behandlung, schreibt Unaids. Jedes Jahr sterben knapp eine Million Menschen an Aids.
Die UN hatten sich kürzlich alarmiert gezeigt über Rückschläge in der Bekämpfung der Immunschwäche. In zahlreichen Ländern vor allem in Osteuropa und Asien nehme die Zahl der Neuinfektionen stark zu. 2017 hatten sich 1,8 Millionen Menschen neu mit dem HI-Virus infiziert.
Damit scheint das Etappenziel, die Zahl der Neuinfektionen bis 2020 auf 500.000 zu drücken, unerreichbar. Das gleiche gilt für das Vorhaben, die Zahl der Todesfälle bis 2020 ebenfalls unter 500.000 zu senken.
"Wir läuten die Alarmglocken", sagte Unaids-Chef Michel Sidibé vor wenigen Tagen. Während es in Afrika Fortschritte gebe, nehme die Zahl der Neuinfektionen in etwa 50 Ländern deutlich zu.
"Der Rückgang bei Neuinfektionen war am deutlichsten in der am stärksten von HIV beeinflussten Region, dem östlichen und südlichen Afrika, wo neue HIV-Infektionen seit 2010 um 30 Prozent zurückgingen", betont Unaids. Dagegen habe sich die Zahl der jährlichen Neuinfektionen in Osteuropa und Zentralasien verdoppelt.
Erwartet werden auf dem Kongress auch Studienresultate zur sogenannten Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP), einer Tablette, die das Risiko einer Ansteckung beim Sex minimieren soll.
Sie ist vor allem dann geeignet, wenn Vorbeugung mittels Kondomen nicht gut möglich ist. In Deutschland soll sie für Kassenversicherte kostenlos werden:
Wie Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Ende vergangener Woche mitteilte, sollen die gesetzlichen Krankenkassen künftig die Kosten für die PrEP übernehmen.
Lage in Deutschland ist stabil
In Deutschland ist die Lage stabil, meldet die Aids-Hilfe (DAH). Rund 90.000 Menschen leben in der Bundesrepublik mit dem Virus (siehe nachfolgende Grafik), jährlich stecken sich etwa 3100 Menschen neu an.
Seit Beginn der Epidemie Mitte der 1980er Jahre haben sich laut Unaids insgesamt rund 77,3 Millionen Menschen mit dem Virus infiziert.
Bei der Internationalen Aids-Konferenz zeige sich, dass es bei der Bekämpfung der Krankheit auch um Faktoren wie Respekt, Solidarität und Zusammenarbeit mit den am stärksten bedrohten Menschen gehe, sagte DAH-Vorstand Sylvia Urban: "Wir hoffen, dass Länder wie Russland hier endlich umdenken, und wirksame Maßnahmen ergreifen."
Deutschland könne dazu beitragen, indem es sein Engagement in Osteuropa ausbaue, forderte Urban. (dpa / aze)
Wir haben den Artikel aktualisiert am 23.7.2018 um 15:58 Uhr.