Kostendruck in Kliniken

Diabetologie in Gefahr

Fallpauschalen contra Patientenwohl: DGIM und DDG stellen dem Gesundheitssystem keine guten Noten aus. Ein Umdenken ist überfällig, mahnen sie an in einem Positionspapier gegen zunehmende Ökonomisierung

Von Jonas Tauber Veröffentlicht:
Diabetologie in Gefahr

© Joachim Wendler / fotolia.com

BERLIN. Der Kostendruck auf Krankenhäuser bedroht die Zukunft "unprofitabler" Bereiche wie die Diabetologie. Davor warnen die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) und die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG).

"Der Druck ist unerträglich", sagte Professor Ulrich R. Fölsch von der Klinik für Innere Medizin am UKSH bei der Vorstellung des DGIM-Positionspapieres "Der Patient ist kein Kunde, das Krankenhaus kein Wirtschaftsunternehmen" am Donnerstag. "Das kann so nicht weitergehen, dafür haben wir dieses Paper geschrieben."

In dem Papier hat die DGIM fünf Forderungen formuliert. Eine lautet: Ökonomisches Denken darf niemals die Überhand über das medizinische Handeln bekommen. In diesem Zusammenhang wendet sie sich gegen Bonus-Regelungen für Klinikärzte, weil diese für Fehlanreize sorgten.

Weiter pocht die Gesellschaft darauf, dass die Weiterbildung zum Facharzt für Innere Medizin in ihrer ganzen Breite gewährleistet sein muss - unabhängig vom DRG-System, dem sie in dieser Hinsicht Fehlanreize attestiert. Außerdem sollten leitende Ärzte und die Pflegeleitung bei unternehmerischen Entscheidungen von Kliniken eine stärkere Rolle spielen, der Einfluss der Betriebswirte entsprechend sinken.

Fölsch sagte, die Länder seien für die Situation mitverantwortlich, weil sie die Gelder für nötige Investitionen in die Infrastruktur zurückgehalten und die Kliniken damit allein gelassen hätten. Ein zweiter zentraler Grund für den Kostendruck sei die Einführung der Fallpauschalen. Diese sorgten aufgrund der Bevorzugung medizinisch-technischer Leistungen für Fehlanreize.

"Das Wohl der Patienten sollte im Vordergrund stehen, das ist mit den Fallpauschalen verschoben worden", so Professor Petra-Maria Schumm-Draeger, DGIM-Vorsitzende. "Die gut bezahlten Leistungen, insbesondere die chirurgischen, werden bevorzugt durchgeführt. Die nicht so gut dotierte sogenannte sprechende Medizin tritt dagegen in den Hintergrund." Als Beispiel nannte sie Diabetologie und Rheumatologie.

DGIM und DDG wollen mit dem Positionspapier eine Diskussion anstoßen, um einen Ärzte-Klinik-Kodex - Arbeitstitel: "Medical Corporate Governance-Leitlinie" - zu entwickeln. "Alle großen Unternehmen haben eine solche ethische Leitidee, in den Kliniken fehlt das", sagte Fölsch. Ein wichtiger Punkt sei, dass das Vertrauen der Patienten in die Krankenhäuser erhalten bleibt.

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