Appell an Lauterbach

Diakonie Deutschland drängt auf Gesetz zur Suizidprävention

Diakonie-Präsident Schuch erinnert daran, dass Gesundheitsminister Lauterbach einen Vorschlag für ein Suizidpräventionsgesetz bis Ende Juni angekündigt habe – geliefert habe der SPD-Politiker aber nicht. „Unverantwortlich“, findet Schuch.

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„Das Suizidpräventionsgesetz lässt weiter auf sich warten“: Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch.

„Das Suizidpräventionsgesetz lässt weiter auf sich warten“: Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch.

© Hans Scherhaufer / epd-bild / picture alliance

Berlin. Die Diakonie Deutschland fordert von Gesundheitsminister Karl Lauterbach die Vorlage eines Entwurfs für ein Suizidpräventionsgesetz. Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch sagte am Montag, Lauterbach habe einen solchen Entwurf bis Ende Juni 2024 angekündigt – geliefert habe der SPD-Politiker aber noch nicht. „Das ist unverantwortlich“, kommentierte Schuch.

Eine gesetzlich verankerte Suizidprävention sei nötig, um Menschen mit Suizidgedanken wirksamer helfen zu können, sagte Schuch. Menschen in schwierigen Lebenslagen bräuchten Unterstützungsangebote, deren Struktur in einem Suizidpräventionsgesetz verankert werden müsse.

Die Möglichkeiten, suizidgefährdeten Menschen Hilfe anzubieten, seien noch nicht ausgeschöpft. Denkbar seien etwa Telefonseelsorge, psychiatrisch-psychosoziale Krisendienste, ein Ausbau der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie ein präventiver Hausbesuch bei Menschen ab 75 Jahren.

„Mehr Verständnis für Lebenskrisen“

Das Thema Suizid gehöre zudem stärker öffentlich platziert, dabei seien vor allem Fortschritte in der Palliativmedizin herauszustellen, so Schuch. Dies könne Ängste nehmen. „Es geht aber auch darum, in der Gesellschaft mehr Verständnis für Menschen in Lebenskrisen zu wecken und diese besser zu unterstützen.“

Anfang 2020 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das Recht auf selbstbestimmtes Sterben auch das Recht umfasst, dabei die Hilfe Dritter – etwa die von Ärztinnen und Ärzten – in Anspruch zu nehmen. Eine bis dahin geltende strafrechtliche Regelung, die auch die organisierte Suizidbeihilfe durch Sterbehilfeorganisationen verboten hatte, erklärte das Gericht für verfassungswidrig.

Seitdem wird im Bundestag über eine Folgeregelung diskutiert. Im Juli vergangenen Jahres hatten zwei fraktionsübergreifende Gesetzentwürfe zum assistierten Suizid keine Mehrheit im Bundestag gefunden. Verständigt hatte sich das Parlament allerdings auf einen Antrag zur Stärkung der Suizidprävention.

Regelung zur Suizidassistenz ante portas?

Beschlossen wurde damals auch, dass die Bundesregierung bis zum 30. Juni einen Gesetzentwurf und eine Strategie für Suizidprävention vorlegt. Lauterbach hatte Anfang Mai Empfehlungen für eine nationale Suizidprävention vorgelegt, zudem hatte er einen Gesetzentwurf zur Suizidprävention angekündigt. Angedacht ist unter anderem eine Krisendienst-Rufnummer unter der 113.

Laut BMG konnte die Zahl der in Deutschland jährlich begangenen Suizide bis etwa 2008 zwar deutlich gesenkt werden, sie stagniert den Angaben zufolge aber seither auf dem Niveau von jährlich 9.000 bis 10.000 Suiziden. (hom)

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Kommentare
Dr. Karlheinz Bayer 03.08.202416:49 Uhr

Sehr geehrter Herr Schuch,

als Christ, aber auch als evangelischer Kirchenältester, als Demokrat und als Arzt, will ich ganz bewußt Abstand nehmen von dem, was Sie Herrn Lauterbach da unterbreiten, so als stehe "die Diakonie" dahinter. Ich wage zu behaupten, es gibt ein Diakonisches Werk, das der Wohlfahrtspflege dient, aber es gibt nicht "die" Diakonie, und einen Präsidenten derselben gibt es folglich ebenso wenig.

Das Wort "Suizidprävention" übersetzt die Ärztekammer Nordrhein sehr viel christlicher als Sie es tun. Es ist die ergebnisoffene Unterstützung von Menschen, die sich mit dem Leben und Sterben auseinandersetzen. Ihre Interpretation ist geeignet, diese offene Form der Beratung und Hilfe in ihr Gegenteil zu verkehren.
Sie treten damit in Opposition zum Zweiten Senat des Bundesverfassungsgericht, der es klar und umißverständlich so formuliert hat: "Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs.1 GG) umfasst als Ausdruck persönlicher Autonomie ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Das Recht auf selbstbestimmtes Sterben schließt die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen."

Dem Zweiten Senat bin ich zu großem Dank verpflichtet, denn er hat mir als Arzt und Kirchenältester, der in der Betreuung von Sterbehilfe-Suchenden tätig ist, die Bedrohung von den Schultern genommen. Der Bundesgesundheitsminister sollte bitte nichts weiter tun müssen, als auf die große christliche und medizinische Bedeutung des Bundesurteils hinweisen.

Sie wissen doch ebenso wie ich, daß Diakonie übersetzt dienen heißt und nicht bevormunden.
Sterbehelfer sind Helfer und keine Töter. Sie dienen im besten Sinn, und sie setzen sich auseinander mit diesen Fällen. Sie verhindern als Sterbehelfer damit sogar manchen Selbstmord. Fortschritte in der Palliativmedizin, wie Sie es ausdrücken, nehmen dagegen nicht immer Ängste, sie können sie auch schüren.
Man muß darüber reden!
Das ist die Aufgabe der sprechenden Medizin, der Kirchen und der Christen.
Das ist Diakonie.

Ihr
Karlheinz Bayer

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