World Health Summit

Digital-Experten: Deutschland spielt bei globalem Datenschutz tragende Rolle

Digital-Agenturen sehen angesichts der Tätigkeit internationaler Konzerne weltweiten Regulierungsbedarf bei Gesundheitsdaten. Kritiker fürchten niedrigere Rechtsstandards als aktuell.

Veröffentlicht:
In einer zunehmend digitalisierten Welt benötigt der Mensch Rechte und Orientierung.

In einer zunehmend digitalisierten Welt benötigt der Mensch Rechte und Orientierung.

© metamorworks / stock.adobe.com

Berlin. Global agierende Konzerne wie Google, Amazon, Microsoft und mehr „Datenkraken“ haben Zugang zu Gesundheitsdaten von Milliarden Internet-Nutzern. Was genau mit diesen Daten geschieht, ist vielen Menschen nicht bewusst.

„Obwohl diese Unternehmen keine Gesundheitsorganisationen sind, investieren sie in Künstliche Intelligenz für die Gesundheit, angetrieben von sehr, sehr mächtigen, kommerziellen Interessen. Die Herausforderung ist jetzt, dies zu regulieren“, sagt zum Beispiel Dr. Christoph Benn, Direktor für globale Gesundheitsdiplomatie am Genfer Standort des Think Tank Joep Lange Institut.

Diese Ausgangslage haben anlässlich des World Health Summit in Berlin der Global Health Hub in Berlin und Healthy Developments, ein Gesundheitsprogramm des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit, zum Anlass genommen, um in einem Policy Brief an die Politik gerichtete Empfehlungen für eine globale Rahmenvereinbarung für den Umgang mit Gesundheitsdaten zusammenzustellen.

Angestrebt: Diskriminierungsfreie Datennutzung

Demnach sollte sich Deutschland für eine „rechtebasierte Governance von Gesundheitsdaten“ einsetzen, die eine anonymisierte Nutzung von Gesundheitsdaten ermögliche, die Transparenz und Gerechtigkeit bei der Erhebung, Verwaltung und Nutzung von Daten fördere, die proaktiv gegen Voreingenommenheit und Diskriminierung in Daten und diese verarbeitende Algorithmen vorgehe sowie es Menschen ermögliche, ihre Rechte zu kennen, über ihre Daten zu verfügen und über deren Verwendung zu entscheiden, heißt es in dem Policy Brief.

Deutschland wird in diesem Zusammenhang eine tragende Vermittlerrolle zugemessen. „Deutschland hat im Rahmen der Vereinten Nationen und des Menschenrechtsrats viel zur Kodifizierung des Rechts auf Privatsphäre beigetragen“, sagte Alexandrine Pirlot de Corbion, Direktorin für Strategie bei der seit 1990 aktiven Londoner Menschenrechtsorganisation Privacy International.

Globaler Rechtsrahmen bleibt umstritten

Ferner sollte Deutschland seinen Partnerländern technische und finanzielle Zusammenarbeit anbieten, um sie bei der Stärkung ihres Rechtsrahmens für die Datennutzung zu unterstützen. Dafür sollte Deutschland, so der Policy Brief, mit den Partnerländern zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass normative Rahmenvorgaben vor Ort auch praktisch umgesetzt würden. Zudem sollte Deutschland einen verantwortungsvollen Umgang mit Daten in unterstützten Projekten sicherstellen.

In der internen Debatte war das Konzept eines globalen Rechtsrahmens nicht unumstritten. Teilnehmer befürchteten, dass ein solches Projekt dazu dienen könnte, die Latte des Datenschutzes tiefer zu legen und auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner zu landen. „Ein gemeinsamer normativer Rahmen und eine Standardisierung wären aus Sicht der öffentlichen Gesundheit von großem Nutzen“, betonte Dr. Christian Möhlen, ehemals Leiter der Rechtsabteilung von Kry International, ein Unternehmen der Digitalen Gesundheitsbranche.

Mit dem Alter nimmt das Schutzbedürfnis ab

Der Umgang mit persönlichen Gesundheitsdaten wird hierzulande kritisch beäugt. Gleichwohl hat Deutschland mit dem Patientendaten-Schutzgesetz und der Einführung einer elektronischen Patientenakte (ePA) für alle bereits wichtige Weichen gestellt. Die Patientenakte bleibt trotz Umstellung auf das Opt-out-Verfahren freiwillig, und die Patientinnen und Patienten haben stets die Hoheit über ihre Gesundheitsdaten.

Gesundheitsschutz und Datenschutz werden etwa von der Hälfte der Deutschen gleich wichtig genommen. Das hat eine Umfrage der Bundesdruckerei im November 2020 ergeben. Ein Viertel der 2080 Befragten würde das Recht auf Gesundheitsschutz höher halten. Lediglich 13 Prozent läge der Datenschutz näher am Herzen als der Gesundheitsschutz.

Beim Blick auf das Alter der Teilnehmenden zeigte sich, dass die Bedeutung des Datenschutzes abnimmt. Ab einem Alter von 55 ist der Schutz personenbezogener Daten nur noch knapp jedem zehnten wichtiger als der Gesundheitsschutz. (af)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2024

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Eine Sanduhr, durch die Geldstücke fall

© fotomek / stock.adobe.com

Tag der Privatmedizin 2024

Outsourcing: Mehr Zeit für Patienten!

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Buch mit sieben Siegeln oder edles Werk? KI-Idee einer in Leder eingebundenen neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

© KI-generiert mit ChatGPT 4o

Exklusiv Entwurf unter der Lupe

Das brächte Ihnen die neue GOÄ

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Carl Billmann, Leiter der Stabsstelle IT, Marketing & Kommunikation bei BillmaMED, Medizinstudent mit dem Berufsziel Dermatologe.

© Doctolib

Interview

„Am Empfang haben wir Stress rausgenommen“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Die Patientin tippt ihre Nachricht ins Smartphone, das Praxisteam antwortet direkt über
den Desktop. So sind Vereinbarungen über ein E-Rezept oder eine Befundmitteilung vom Facharzt schnell übermittelt.

© [M] Springer Medizin Verlag | Foto: A_B_C / stock.adobe .com

Digitale Patientenkommunikation

„Das Potenzial für die Zeitersparnis ist riesig“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
KI-Einsatz mit Robotern im Krankenhaus oder in der ambulanten Pflege? In Deutschland noch schwer vorstellbar. Aber vielleicht ist das dieZukunft. Ein Feld auch für die Geldanlage.

© sirisakboakaew / stock.adobe.com

Interview zum Thema Geldanlage

KI für Anleger: „Ich sollte verstehen, in was ich investiere“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Deutscher Apotheker- und Ärztebank
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Behandlungstipps

Psoriasis und Komorbiditäten: Welche Therapie wirkt am besten?

70 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025

Lesetipps
Dr. Carsten Gieseking

© Daniel Reinhardt

Praxisabgabe mit Hindernissen

Warum Kollege Gieseking nicht zum Ruhestand kommt

Eine Spritze für eine RSV-Impfung liegt auf dem Tisch.

© picture alliance / Ulrich Baumgarten

Update

Umfrage unter KVen

Erst sechs Impfvereinbarungen zur RSV-Prophylaxe Erwachsener