Brandenburg
Ein Gremium mit unklarem Mehrwert
In Brandenburg soll bis Ende des Jahres das Gemeinsame Landesgremium entstehen. Obwohl die Beteiligten die neue Plattform begrüßen, ist völlig unklar, was sie leisten soll.
Veröffentlicht:
Ein Tisch ohne Ecken: Beschlüsse des Gemeinsamen Landesgremiums haben Empfehlungscharakter.
© virtua73 / fotolia.com
POTSDAM. Die Hoffnungen in Brandenburg, die in das Gemeinsame Landesgremium nach Paragraf 90a SGB V gesetzt werden, sind groß.
Es soll helfen, die Grenzen zwischen ambulantem und stationärem Sektor zu überwinden sowie innovative und für die Regionen maßgeschneiderte Konzepte zu erarbeiten.
Die Möglichkeit für die Länder, diese neue Einrichtung zu etablieren, besteht seit Anfang des Jahres und wurde mit dem Versorgungsstrukturgesetz geschaffen.
"Die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung einer älter werdenden und zahlenmäßig abnehmenden Bevölkerung kann nur gemeinsam gelingen", sagte Anita Tack, Landesgesundheitsministerin in Brandenburg, beim "AOK-Gespräch am Nauener Tor" in Potsdam.
Was das Gremium konkret leisten kann, ist ungewiss.
Ein "scharfes Schwert" wird das Gremium nicht sein
Obwohl alle Spitzenvertreter des Brandenburger Gesundheitswesens die Errichtung des Landesgremiums begrüßten, ließen ihre Statements doch befürchten, dass das Gremium "kein scharfes Schwert" ist, wie Tack sagte.
"Das Gremium sollte sich seiner Grenzen bewusst sein und sich darauf beschränken, im Rahmen seines gesetzlichen Auftrages tätig zu werden", beeilte sich Frank Michalak, Chef der AOK Nordost, klarzustellen.
So steht es im Gesetz
Paragraf 90a SGB V
"(1) Nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen kann für den Bereich des Landes ein gemeinsames Gremium aus Vertretern des Landes, der KV, der Landesverbände der Kassen sowie der Ersatzkassen und der Landeskrankenhausgesellschaft sowie weiteren Beteiligten gebildet werden. Das Landesgremium kann Empfehlungen zu sektorenübergreifenden Versorgungsfragen abgeben.
(2) Soweit das Landesrecht es vorsieht, ist dem Landesgremium Gelegenheit zu geben, zur Aufstellung und Anpassung der Bedarfspläne und zu den von den Landesausschüssen zu treffenden Entscheidungen (Anrufung des Landesausschusses, Feststellung der Unterversorgung und eines lokalen Versorgungsbedarfs oder einer Überversorgung) Stellung zu nehmen."
Grundsätzlich sollen die Beschlüsse des Gremiums nach dem Referentenentwurf des Landesgesundheitsministeriums einen Empfehlungscharakter haben. "Den Empfehlungen kann man folgen. Oder auch nicht", sagte Tack dann auch.
Nach dem Willen der Landesgesundheitsministerin sollen die Beschlüsse des Gremiums weder in die Fortschreibung des Landeskrankenhausplans noch in die Bedarfsplanung, für die die KV zuständig ist, eingreifen.
An den Schnittstellen gebe es aber für das Gremium ihrer Meinung nach genug zu tun. Eine Herausforderung dürfte auch das offenbar von allen künftigen Mitgliedern bevorzugte Prinzip der Einstimmigkeit darstellen.
"Das Gremium sollte Empfehlungen aussprechen, die alle Beteiligten tragen", sagte Michalak. Denn Mehrheitsbeschlüsse könnten schnell ins Leere laufen, weil sie später von den Entscheidungsgremien nicht aufgenommen werden.
Klinikschließung? Da steigt der Blutdruck der Teilnehmer
Dass es bei inhaltlichen Themen im Gremium heiß hergehen könnte, wurde deutlich, als AOK Nordost-Chef Michalak - natürlich rein hypothetisch - von Krankenhausschließungen zugunsten eines 24-Stunden-MVZ als einem möglichen Gestaltungsvorschlag sprach.
"Krankenhausschließungen können nicht zielführend sein", entgegnete der Geschäftsführer der Landeskrankenhausgesellschaft, Dr. Jens-Uwe Schreck. Am Ende wird es aber wohl - wie so oft - um das Geld gehen, ob die erarbeiteten Konzepte auch umgesetzt werden können.
"Solange wir getrennte Finanzierungssysteme haben, können wir uns funktional noch so nahe kommen, am Ende macht die Finanzierung einen Strich durch die Rechnung", gab der Vorsitzende der KV Brandenburg, Dr. Joachim Helming, zu bedenken.
Der KV-Chef hofft, dass das Gremium hilft, die Grenzen aufzuzeigen, die in den Rahmenbedingungen vorhanden sind und die wirklich funktionalen Lösungen der Versorgungsprobleme derzeit noch behindern.