TK-Gesundheitsreport

Ein Jahr Corona: Krankenstand ist niedrig, psychische Belastung hoch

Wie geht es den Bundesbürgern gesundheitlich nach gut einem Jahr Corona-Pandemie? Eine Analyse der Techniker Krankenkasse liefert Antworten – teils überraschende.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
42 Prozent der Befragten in einer TK-Umfrage gaben an, sich im zweiten Lockdown stark oder sehr stark belastet gefühlt zu haben. Doch der Krankenstand lag noch unter den Werten von 2018 und 2019.

42 Prozent der Befragten in einer TK-Umfrage gaben an, sich im zweiten Lockdown stark oder sehr stark belastet gefühlt zu haben. Doch der Krankenstand lag noch unter den Werten von 2018 und 2019.

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Berlin. Corona-Krise und Dauerlockdown haben an den Nerven vieler Bundesbürger gezerrt – grundsätzlich verschlechtert hat sich ihr Gesundheitszustand in der Pandemie aber nicht, wie aus dem am Mittwoch vorgestellten Gesundheitsreport 2021 der Techniker Kasse (TK) hervorgeht.

Mit einem Krankenstand von rund 4,1 Prozent lag das Jahr 2020 demnach sogar noch unter den Werten von 2019 und 2018, wo der Krankenstand gut 4,2 Prozent betragen habe.

Für ihren Report wertete die Kasse AU-Bescheinigungen und Arzneimittelverordnungen von 5,4 Millionen erwerbstätigen Versicherten aus. Darunter waren sowohl sozialversicherungspflichtige Beschäftigte als auch Empfänger von Arbeitslosengeld eins.

Weniger AU wegen Erkältungen

Der im Vergleich niedrigere Krankenstand im Corona-Jahr 2020 sei vor allem auf weniger Krankschreibungen wegen Erkältungskrankheiten zurückzuführen, erläuterte Dr. Thomas Grobe vom aQua-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen. Auch hätten Ärzte deutlich weniger Antibiotika verschrieben. Abstands- und Hygieneregeln hätten offenbar nicht nur dazu beigetragen, das SARS-CoV-2-Virus einzudämmen. Auch andere Infektionserreger seien dadurch besser in Schach gehalten worden.

TK-Chef Dr. Jens Baas sagte, möglicherweise habe auch die Zunahme der Arbeit im Homeoffice dafür gesorgt, dass sich Beschäftigte bei leichten Erkältungen von ihrem Arzt gar nicht erst hätten krankschreiben lassen. „Unter dem Motto: Der Anfahrtsweg fällt weg, ich kann keinen anstecken und mich nach Feierabend direkt auskurieren.“ Wer wirklich krank sei, müsse sich aber erholen, so Baas.

Den größten Anteil am Krankenstand machen mit knapp 20 Prozent Fehltage wegen psychischer Erkrankungen aus. Grobe betonte aber, dass man diesen Trend schon länger beobachte. Ein auffälliger „Corona-Peak“ lasse sich aus den aktuellen Daten jedenfalls nicht ablesen. Auf Platz zwei und drei folgen laut Report Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems – vor allem Rückenprobleme (17,9 Prozent) sowie Krankheiten des Atmungssystems (15,2 Prozent). COVID-19-Diagnosen machen mit knapp 0,4 Prozent dagegen nur einen kleinen Anteil am Gesamtkrankenstand aus.

Stress im Job, Angst vor Infektion

Laut einer gesonderten Befragung für den TK-Report fühlten sich 42 Prozent der Bundesbürger im März 2021 – also zur Hochphase des zweiten bundesweiten Lockdowns – „stark“ oder „sehr stark“ von der Coronakrise belastet. Bei einer ersten Befragung im Mai 2020 waren es noch 35 Prozent. Für die Studie befragte das psychologische Institut der Technischen Universität Chemnitz knapp ein Jahr lang in mehreren Wellen insgesamt 2900 Berufstätige.

Zu den Hauptbelastungsfaktoren in der Pandemie zählten demnach fehlende persönliche Treffen mit Verwandten und Bekannten (89 Prozent) wie auch die Angst, dass Angehörige oder Freunde an COVID-19 erkranken könnten (60 Prozent). Bei Familien mit Kindern hätten Kita- und Schulschließungen (59 Prozent) und bei Berufstätigen mehr Stress im Job (49 Prozent) für Belastungen gesorgt.

„Die Batterien sind leer“

Studienleiter Professor Bertolt Meyer sagte, die Batterien vieler Menschen seien wegen der Pandemie leer. Einerseits hätten berufliche und soziale Herausforderungen den Stresslevel erhöht. „Andererseits war es der Bevölkerung durch die Lockdown-Maßnahmen über einen sehr langen Zeitraum nicht möglich, die eigenen Ressourcen wieder aufzufüllen – zum Beispiel durch Treffen im Freundeskreis, Sport- und Kulturveranstaltungen oder Reisen.“

Dieses Ungleichgewicht führe auf Dauer zur Erschöpfung und in schweren Fällen sogar zum Burn-out.

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