Leitartikel zur Psychotherapie

Eine Ausbildungsreform muss her

Eine Novellierung des Psychotherapeutengesetzes aus dem Jahr 1999 ist längst überfällig. Politiker und Berufsverbände verstricken sich in Grundsatzdiskussionen. Leidtragende sind die Psychotherapeuten in Ausbildung.

Von Sunna Gieseke Veröffentlicht:
Eine Psychotherapeutin im Gespräch mit einer jungen Frau.

Eine Psychotherapeutin im Gespräch mit einer jungen Frau.

© mangostock / fotolia.com

Sie fühlen sich als billige Arbeitskräfte ausgebeutet: Die Psychotherapeuten in Ausbildung - kurz PiA - machen ihrem Ärger über die Ausbildungsbedingungen ihres Berufes seit einiger Zeit Luft.

Ende des vergangenen Jahres protestierten sie bundesweit dagegen, dass sie während ihrer Ausbildung in psychiatrischen Krankenhäusern ohne ausreichende Bezahlung arbeiten müssen. Geändert hat sich freilich seither nichts - und in absehbarer Zeit wird in dieser Hinsicht auch nichts passieren.

Das Bundesgesundheitsministerium sagte dazu auf Anfrage: "Wir bereiten derzeit die Novellierung des Psychotherapeutengesetzes vor."

Hinter dieser Ankündigung verbirgt sich eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die erstmals im September 2012 tagte. "Die Gespräche laufen", heißt es aus dem BMG. Sprich: In dieser Legislaturperiode wird ganz sicher nichts mehr passieren.

Zum Hintergrund: Während ihrer Ausbildung müssen die angehenden Psychologischen Psychotherapeuten nach dem Studium eine eineinhalbjährige praktische Tätigkeit in psychiatrischen Kliniken absolvieren (insgesamt 1800 Stunden).

Meist erhalten sie dort jedoch keine oder wenn dann nur eine sehr geringe Vergütung ihrer Leistungen: Zehn Prozent der PiAs bekommen eine monatliche Vergütung von maximal 500 Euro brutto.

Das geht aus einem Forschungsgutachten hervor, das das BMG in Auftrag gegeben hat. Zudem sind Gebühren für die Ausbildung an einem staatlichen oder privaten Ausbildungsinstitut fällig - das können bis zu 600 Euro im Monat sein.

"Wir setzen unsere privaten Ressourcen für die Ausbildung ein", kritisiert daher die PiA-Sprecherin Stephanie Ulrich.

Die Arbeit der PiAs ist oft mehr als die eines Praktikanten: "Meist werden wir wie die bereits ausgebildeten Kollegen eingesetzt und tragen fast genauso viel Verantwortung", so Ulrich.

Natürlich habe sie selbst viel während ihrer praktischen Zeit gelernt. Aber das schmälert nicht die Empörung darüber, dass sich die PiAs ausgebeutet fühlen. Schließlich haben sie alle einen akademischen Abschluss - allerdings keine Approbation ...

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Kommentare
Dipl.-Med Wolfgang Meyer 18.02.201307:46 Uhr

Nur einer von zahlreichen skandalösen Zuständen in unserem Gesundheitsystem

Warum wird hier immer nur die Verantwortung bei einem unfähigen Ministerium gesehen und gesucht? Es stände jeder Einrichtung, die PiA''s beschäftigt frei, diese einigermaßen angemessen zu bezahlen! Tun sie aber nicht! Auch hier finden wir die Ausbeutung von gut ausgebildeten Menschen durch Geschäftsführer, verantwortliche Ärzte und Psychologen. Diese ver-
stecken sich nur zu gerne hinter den "bürokratischen Gegebenheiten". Das geben dann die "Richtlinien für die Ausbildung" oder Tarifverträge oder die wirtschaftlichen Situationen nicht her. Lachhaft! Für diese unsägliche
Situation sind immer konkrete Menschen vor Ort verantwortlich. Dazu zählen dann leider auch Kammer und Berufsverbände, die ihre Stimmen nur leise erheben und kaum wirklichen Druck ausüben!

Dr. Enno Maaß 16.02.201314:31 Uhr

Endlich konsequent den Nachwuchs fördern!

Überall wird der Mangel an qualifizierten Fachkräften beschrieben und bei dem wichtigsten Thema des 21. Jahrhunderts "Psychische Krankheit und Belastungen" kommt die Politik nur äusserst langsam in Aktion.
Gerade der Nachwuchs fordert zurecht die feste Verankerung des akademischen Heilberufes Psychotherapeut und eine qualifikationsbezogene Bezahlung während der Aus-/Weiterbildung.
Für die nachhaltige und umfassende Versorgung psychisch erkrankter Menschen ist die konsequente Nachwuchsförderung, die Schaffung neuer Therapeutensitze und vor allem, die mit der Direktausbildung diskutierte Erweiterung der sozialrechtlichen Befugnisse, unumgänglich.

Wir drücken uns, dem Nachwuchs und den psychisch erkrankten Menschen in Deutschland die Daumen!

Mit besten Grüßen,

Enno Maaß

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