Rechtsaufsicht

Ersteinschätzung: G-BA plant Klage gegen Gesundheitsministerium

G-BA-Chef Hecken will gegen das Gesundheitsministerium klagen. Hintergrund ist die Richtlinie zur Ersteinschätzung in der Notfallversorgung. Sollte sich der Rechtsrahmen ändern, will er mit einer Fortsetzungsfeststellungsklage bis zum BSG gehen.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
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Wie weit geht die Rechtsaufsicht des BMG? Der G-BA will es wissen.

© Svea Pietschmann/G-BA

Berlin. Zwischen dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) und dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) bahnt sich ein Rechtsstreit an, der wegen seiner grundsätzlichen Bedeutung bis zum Bundessozialgericht betrieben werden soll, weil es dabei um die grundsätzliche Frage geht, wie weit die Rechtsaufsicht des BMG in Detail- und Fachfragen reicht. Dazu will der Vorsitzende des Bundesausschusses, Professor Josef Hecken, das Plenum in seiner nächsten Sitzung am 5. Oktober einbeziehen, um das Meinungsbild der Selbstverwaltung zu erhalten.

Hintergrund ist eine umfassende Beanstandung der vom Bundesausschuss am 6. Juli beschlossenen Richtlinie zur Ersteinschätzung des Versorgungsbedarfs in der Notfallversorgung nach Paragraf 120 Absatz 3b SGB V. Sechs von insgesamt sieben Beanstandungen hält Hecken für nicht begründet.

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Was das BMG moniert hat

fehlende Kriterien für die qualifizierte Ersteinschätzung des Versorgungsbedarfs, insbesondere Patientensicherheit, Diskriminationsfähigkeit, Vollständigkeit, Objektivität, Reliabiltät und Validität; insofern sei der Auftrag des Gesetzgebers nicht erfüllt; auch die Einführung eines Einschätzungsverfahrens für die Dringlichkeit, für die es bislang noch kein validiertes Verfahren gibt, als befristeter Probebetrieb sei nicht vom Gesetz gedeckt;

Einbeziehung von Patienten, die durch den Rettungsdienst ins Krankenhaus eingeliefert werden, in die Ersteinschätzung: Da die gesetzliche Ermächtigung sich nur auf Personen beziehe, die sich selbst hilfesuchend an das Krankenhaus wenden, verstoße der GBA gegen den Gesetzesauftrag;

räumliche Vorgaben für die Zentralen Notaufnahmen: Dies ist nach Auffassung des BMG nicht vom Gesetz gedeckt;

die verbindliche Weiterleitung von Patienten der Dringlichkeitsstufe 1 an noch nicht geöffnete Notfallpraxen, wenn diese in vertretbarer Zeit öffnen werden: Nach Auffassung des BMG müssen diese Praxen zum Zeitpunkt der Weiterleitung geöffnet sein;

Vergütung: Rechtswidrig sei, dass Klinikleistungen, die nach der Ersteinschätzung der Dringlichkeitsstufe 2 zugeordnet werden und die über eine bloße Überprüfung des Ergebnisses der Ersteinschätzung hinaus gehen, nicht vergütet werden sollen; nur wenn eine Notfallpraxis in unmittelbarer Nähe geöffnet sei, sei ein solcher Vergütungsausschluss statthaft;

Personen-bezogene Datenerfassung über das Personal in der Ersteinschätzung: Das verstoße gegen Datenschutzrecht, weil es am Kriterium der Erforderlichkeit für Zwecke der Qualitätssicherung und Abrechenbarkeit von Leistungen mangele.

Teilbeanstandung kommt nicht in Frage

Angesichts der Fülle von Beanstandungen komme eine Teilbeanstandung nicht in Frage, so dass die Richtlinie insgesamt beanstandet wird und daher nicht in Kraft treten kann. Nur in einem Punkt hält Hecken die BMG-Beanstandungen für berechtigt: Dies betrifft die Richtlinienvorschrift, wonach Hilfesuchende der Dringlichkeitsstufe 1 grundsätzlich an ein MVZ in Trägerschaft des Krankenhauses weitergeleitet werden müssen.

Zunächst strebt Hecken eine Klage vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg an. Sollte sich zwischenzeitlich – etwa als Folge der Krankenhausreform – der Rechtsrahmen ändern, will Hecken mit einer Fortsetzungsfeststellungsklage das Verfahren bis zum Bundessozialgericht treiben, um eine höchstrichterliche Entscheidung in die Reichweite der Rechtsaufsicht herbeizuführen.

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