Kongress
Experten fordern einheitliche Regeln für den Rettungsdienst
Das Rettungswesen in Deutschland gleicht einem Flickenteppich, monieren Ärzte und Sanitäter auf einem Fachkongress. Für Notfall-Patienten ist das keine gute Nachricht.
Veröffentlicht:BERLIN. Ärzte, Sanitäter und Vertreter der Notfallhilfe haben einheitliche Strukturen im deutschen Rettungswesen gefordert. Weder die Planung der Organisation der Rettung vor Ort noch die Überwachung der Hilfsfristen – also die Zeiten, in denen Rettungskräfte am Unfallort eintreffen müssen – seien bundesweit gleich geregelt, kritisierte der Geschäftsführer Rettungsdienst der Björn Steiger Stiftung, Ulrich Schreiner, bei einem Fachkongress zum 50-jährigen Bestehen der Rettungshilfe-Organisation am Dienstag in Berlin. „Derzeit haben wir es vielmehr mit einem Flickenteppich an unterschiedlicher präklinischer Versorgung zu tun.“
Effiziente Strukturen im Rettungsdienst, die sich in Teilen Deutschlands und im Ausland bereits bewährt hätten, müssten im gesamten Bundesgebiet gelten, so Schreiner. Aktuell klafften zwischen den einzelnen Bundesländern und sogar zwischen einzelnen Regionen in einem Bundesland große Qualitätslücken.
Mal würde systematisch kontrolliert und erfasst, ob die Hilfsfrist eingehalten werde, dann wieder nicht. Dasselbe gelte für die Frage, ob Rettungsmittel wie Rettungswagen oder Hubschrauber einsatzfähig seien oder nicht. „All dies sind Beispiele für fehlende bundesweite Regeln“, sagte Schreiner.
Der Patient müsse sich darauf verlassen können, dass er im Notfall vom Rettungsdienst überall und rund um die Uhr gleich gut versorgt werde. „Überleben darf keine Frage des Bundeslandes oder des Landkreises und damit des Zufalls sein“, so Schreiner.
Rettungsdienst nicht zerfleddern
Auch der Limburger Notfallmediziner Dr. Michael Fries appellierte an die Politik, den Rettungsdienst nicht länger zerfleddern zu lassen. „Unterschiedliche Rettungsdienstgesetze auf Länderebene mögen ja schön sein, für die Patienten sind sie schlecht.“ Der Notfall kenne keine Landesgrenzen.
Der frühere Unparteiische Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA), Dr. Rainer Hess, setzt in der Diskussion um eine Neuaufstellung des Rettungsdienstes derweil auf Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Die von Spahn geplante Reform der Notfallversorgung sehe unter anderem vor, das Rettungswesen zu einem eigenen Leistungsbereich in der Gesetzlichen Krankenversicherung zu machen, erläuterte Hess, der im Auftrag der Björn Steiger Stiftung auch ein Rechtsgutachten zum Notfallsanitätergesetz erstellt hat.
Der Vorteil einer solchen Regelung sei, so Hess, dass der Gesetzgeber den GBA damit verpflichten könne, einheitliche Qualitätsrichtlinien für die Notfallversorgung festzulegen. Diese seien dann auch bundesweit umzusetzen und einzuhalten. Föderal allein lasse sich das Rettungswesen nicht auf einen gemeinsamen Stand heben, betonte der Jurist.