Ullmann-Gruppe
Gesetzentwurf für altersbezogene Corona-Impfpflicht in zwei Stufen vorgelegt
Die Entscheidung über eine allgemeine Corona-Impfpflicht rückt näher. Jetzt hat eine Gruppe von Parlamentariern um den FDP-Politiker Andrew Ullmann einen Gesetzentwurf vorgelegt – es ist ein Mix aus Beratung und Ü-50-Impfpflicht auf Vorbehalt.
Veröffentlicht: | aktualisiert:Berlin. Die Abgeordnetengruppe um den FDP-Gesundheitspolitiker Professor Andrew Ullmann hat ihre Pläne für einen Mittelweg aus Beratung und Impfpflicht präzisiert. Ausweislich eines der Ärzte Zeitung vorliegenden Entwurfs für ein „Gesetz zur Einführung einer verpflichtenden Impfberatung für Erwachsene und einer altersbezogenen Impfpflicht ab 50 Jahren unter Vorbehalt gegen das Coronavirus“ sprechen sich die Abgeordneten für ein zweistufiges Vorgehen aus.
In einem ersten Schritt sollen alle erwachsenen Bundesbürger von ihren Krankenversicherungen – gesetzlichen wie privaten – über Beratungs- und Impfmöglichkeiten informiert werden. Bis 15. September ist entweder ein Impf- oder Genesenennachweis oder ein Nachweis über die Inanspruchnahme einer ärztlichen Impfberatung bei der Kasse zu erbringen.
Ausgenommen von der Impfberatung sein sollen alle Bürger unter 18 Jahren oder Personen, die nicht mit einem zugelassenen Vakzine immunisiert werden können. Auch Schwangere im ersten Trimenon sollen von der Pflicht befreit sein.
Impfpflicht abhängig von Infektionslage und Impflücke
In einem zweiten Schritt sollen dann Voraussetzungen geschaffen werden, damit rechtzeitig vor einer für den Herbst und Winter zu erwartenden weiteren Infektionswelle eine Impfpflicht für alle Bundesbürger ab 50 Jahren eingeführt werden kann.
Einen Beschluss dazu soll der Bundestag herbeiführen – aber nur, wenn es „die Infektionslage und der Stand der Impfkampagne nach den zum betreffenden Zeitpunkt vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen erfordern“, heißt es im Entwurf.
Sollte der Bundestag eine Impfpflicht für Personen ab 50 Jahren beschließen, hätten diese ihren Impf- oder Genesenennachweis „auf Anforderung der zuständigen Behörde“ oder des Gesundheitsamtes vorzulegen. Wer dem nicht nachkommt, soll mit einem Bußgeld belegt werden. Sowohl Beratungspflicht als auch die mögliche Impfpflicht sollen über die Kassen „abgewickelt“ werden. Die Regelungen sollen vierteljährlich evaluiert werden und bis Ende 2023 befristet sein.
„Alters-Impfpflicht leichter zu rechtfertigen“
Eine altersbezogene Impfpflicht ergebe aus mehreren Gründen Sinn, ist dem Entwurf zu entnehmen. Zwar trügen auch jüngere Menschen unabhängig von ihrem persönlichen Risiko zur Verbreitung des Coronavirus bei.
Die Überlastung des Gesundheitssystems beruhe nach bisherigen Erfahrungen aber vorrangig auf schweren COVID-19-Erkrankungen der über 50-Jährigen. „Daher kann eine altersbezogene Impfpflicht für diese Gruppe der ab 50-Jährigen leichter gerechtfertigt werden.“
Vorgelegt haben den Entwurf außer Ullmann unter anderem der SPD-Gesundheitspolitiker Dr. Herbert Wollmann, die Grünen-Gesundheitspolitikerinnen Dr. Paula Piechotta und Kordula Schulz-Asche sowie der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle.
Bei einem gemeinsamen Pressegespräch am Mittwoch sagte Ullmann, das Konzept sei „verhältnismäßig, angemessen und effektiv“. Die Impfberatung solle „idealerweise“ in einem Impfzentrum erfolgen. Auf diese Weise schütze man das hausärztliche System vor Überlastung.
Höhe der Impfrate? Evaluation dazu im Spätsommer
Die Frage der Einführung einer Impfpflicht ab 50 jetzt schon an eine bestimmte Impfrate zu knüpfen, sei schwierig, so Ullmann. „Heute zu sagen, wir brauchen im Herbst eine Impfquote von 95 Prozent, ist wenig seriös.“ Näheres solle die für den Spätsommer geplante Überprüfung der Regelung ergeben. Bis dahin sei die weitere Entwicklung der Pandemie abzuwarten, ebenso die Frage, ob sich neue Virusvarianten ausbildeten.
Kuhle widersprach dem Eindruck, Beratungs- oder Impfpflicht stellten eine Fortsetzung pandemiebedingter Freiheitsbeschränkungen dar. Die Impfung sei vielmehr der Weg, um die Beschränkungen zu beenden.
Der Bundestag will die Frage einer Corona-Impfpflicht und die dazu bislang vorliegenden vier Gruppenanträge im März beraten und beschließen. Ullmann betonte, es sei noch kein „Modus Vivendi“ gefunden worden, in welcher Reihenfolge die Anträge abgestimmt würden.
Kuhle verwies in diesem Zusammenhang auf das 2020 verabschiedete Organspendegesetz. Damals sei der inhaltlich schärfste Antrag als erstes zur Abstimmung gestellt worden – im Anschluss daran die abgestuften Varianten. Das könne Blaupause für die Impfdebatte im Parlament sein.